„Wir sind so wie wir sind (2x klatschen), drum liebt man uns, drum hasst man uns. Wir sind so wie wir sind (2x klatschen), das Berliner Sorgenkind!“ Tja, so heißt es in einem der alten Kurven-Gassenhauer. Wie passend, oder nicht?! Was ist eigentlich los beim als schlafenden Riesen herkommenden Hauptstadtklub? Ein Investor, der von der Champions League träumt, soll mit einem Jürgen Klinsmann im Schlepptau zum Allheilmittel werden, aber dazu wird vor allem auch konstruktives Arbeiten gefordert sein, um den schlingernden Hertha-Dampfer wieder in ruhiges Fahrwasser zu dirigieren. Die Talfahrt von Hertha BSC hat nicht erst der allseits beliebte Ante Covic verursacht, der zugegebenermaßen bei der Aufstellung seiner jeweiligen Startelf ein vielleicht unglückliches Händchen bewiesen hat. Es ist einfach nur traurig, dass Manager Michael Preetz dem von ihm inthronisierten Jungtrainer im Nachhinein ein längeres Engagement nicht mehr zugetraut hat und sich jetzt den Vorwurf machen lassen muss, dass die vermeintlich „billige“ Lösung nach der Ära Pal Dardai von vornherein zum Scheitern verurteilt war.
Hertha BSC: "Wir sind so wie wir sind *klatsch*, das Berliner Sorgenkind!"
Das Management von Hertha BSC hat damit einmal mehr unglücklich agiert und es stellt sich die Frage, was eigentlich mit der Finanzspritze des Herrn Windhorst bewirkt werden soll? Das hehre Ziel „Champions League“ ist mit dem bestehenden Spielermaterial ganz offensichtlich nicht zu erreichen, wo zwar Spieler wie u.a. Rune Jarstein, Dodi Lukebakio, Javairo Dilrosun oder Arne Maier durchaus Potenzial besitzen, aber für ein Engagement auf internationalem Parkett Spieler gefragt sind, die vor allem auch mental über die richtige Einstellung verfügen. Die derzeitige Mannschaft, deren Leistungsvermögen insgesamt sehr limitiert erscheint, muss sinnvoll verstärkt werden, wenn man im europäischen Fußball in absehbarer Zeit ein Wörtchen mitsprechen will. Investitionen in neue Spieler sind gefordert und dabei steht nicht das Aufblähen des Trainerstabs bzw. des administrativen Teils des Vereins im Vordergrund.
Einerseits ist es ehrenwert, dass sich Herr Klinsmann als Trainer zur Verfügung gestellt hat, aber seine Trainervita ist nicht gerade beeindruckend. Vielleicht benötigt er auch deshalb einen so großen Stamm um sich, der zusätzlich viel Geld kostet, obwohl z.B. gute Personalien in diesem Bereich mit Zsolt Petry als Torwarttrainer vorhanden waren und ein nur befristeter Vertrag für Andreas Köpke absolut keinen Sinn macht. Denn auf der Torwartposition hat Hertha nun wirklich kein Problem, das von Andreas Köpke gelöst werden muss. Auch ein Arne Friedrich, der als ehemaliger Kapitän helfen will, wird mit seiner Position als „Performance Manager“ eher für weitere Unruhe im Umfeld sorgen mit einem Aufgabengebiet, das nicht genau definiert ist und womöglich mit den Aufgaben des Michael Preetz kollidiert. Leiser Zweifel scheint auch bei den Engagements von Alexander Nouri als Co-Trainer und Markus Feldhoff angebracht, die weder über großes Insiderwissen verfügen, noch in der Vergangenheit große Erfolge nachweisen können.
Hier wäre nun wirklich eine kostengünstigere Lösung angebracht gewesen, zumal mit „Zecke“ Neuendorf oder Michael Hartmann sowie letztlich auch Ante Covic, der in der Vergangenheit etliche junge Spieler wie Florian Baak, Sidney Friede, seinen Sohn Maurice, Palko Dardai oder Muhammed Kiprit den Weg in den Profikader geebnet hat, die Position eines Co-Trainers durchaus zuzutrauen ist.
Die Fans von Hertha BSC haben ihre berechtigte Kritik in den letzten Tagen mehrfach geäußert und dieses Potenzial sollte nicht unterschätzt werden. Die vielen Millionen des Herrn Windhorst sollten in erster Linie auch dazu dienen, die Mannschaft zu verstärken und hier muss Berlins Bundesligist schon in der Winterpause ein Ausrufezeichen setzen oder will man sich vom 1. FC Union als absoluten Bundesliganeuling das Wasser abgraben lassen?
Die nächsten schweren Spiele gegen Teams wie Eintracht Frankfurt, SC Freiburg, Bayer Leverkusen und Borussia Mönchengladbach vor der Winterpause können nur dann zur Verbesserung des schmalen Punktekontos beitragen, wenn mit der richtigen Einstellung und vor allem Zweikampfbereitschaft agiert wird. An Jürgen Klinsmann liegt es nun, die Mannschaft in allererster Linie zu motivieren, wofür er wie kein Zweiter prädestiniert zu sein scheint. Es bleibt zu hoffen, dass die Spieler seine Ansprache verstehen und verinnerlichen, um nach den ersten guten Ansätzen gegen Borussia Dortmund die Leistungen weiter steigern zu können. Routiniers wie Vedad Ibisevic oder Salomon Kalou könnten hierbei gefragt sein und auch ein bislang unter seinen Möglichkeiten spielender Marko Grujic sollte positive Zeichen setzen. Wichtig ist zudem, sich als eine Einheit auf dem Platz zu präsentieren und somit sich langsam aus den gefährdeten Regionen zu entfernen, wo die Hertha eigentlich nicht hingehört.
Dann wird statt des "Sorgenkind-Gassenhauers" vielleicht wieder angestimmt: "Wir singen Hertha, Hertha. Hertha BSC - ja das ist, der Meister, der Meister von der Spree!"
Bericht: Bernd Mülle
Foto: Marco S., Marco Bertram, Marco Hensel, Arnaud Schonder