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Spielabbruch: Lichtenberg 47 vs. Optik Rathenow Blitz und Donner geopfert

Es wäre heute nicht die erste Regionalligapartie im Lichtenberger Zoschke-Stadion gewesen (zu diesem Konjunktiv später mehr). Die zweite Mannschaft des 1. FC Union Berlin spielte ihre letzte Saison 2014/15 zu großen Teilen in Lichtenberg. Und als Unions Erste in der Saison 2004/05 in der Oberliga Nordost Nord gastierte (damals vierte Liga), fand hier auch ein Nachholspiel zwischen dem Berliner AK und den Eisernen vor 2.570 Zuschauern statt.

Jetzt aber sollten die 47er selbst als Akteure zum Einsatz kommen. Nach spannendem aber am Ende eindeutigen Kampf um die Oberliga-Krone gegen Tennis Borussia treten sie erstmalig in Deutschlands vierthöchster Spielklasse an. Auf dem Zettel werden viele den Liganeuling mit gerade mal €100k Gesamtmarktwert als sicheren Absteiger haben - Vorletzter in diesem Ranking ist Chemie Leipzig (€475k), davor Optik Rathenow (€925k) als letzter Verein unter einer Million Marktwert. Mit Herz und Teamzusammenhalt gelang schon das Wunder Aufstieg und soll nun auch der Klassenerhalt anvisiert werden. 

Der erste Dreier ist sogar schon auf dem Konto: der VfB Auerbach musste sich im Vogtland trotz zahlreicher guter Chancen mit 1:0 geschlagen geben (und überließ gestern auch der VSG Altglienicke drei Punkte). Der heutige Gegner Optik Rathenow passt auch ins Beuteschema der Spiele in denen punkten doppelt gut tun dürfte: der ebenfalls reine Amateurverein pendelt regelmäßig zwischen Ober- und Regionalliga. In der letzten Saison stiegen die Optiker zwar sportlich ab, wurden aber durch den Rückzug des FC Oberlausitz nachträglich gerettet. 

Die erste Viertelstunde war recht munter, die Hausherren entfachten viel Druck und kamen immer wieder mit Schwung in den Rathenower Strafraum hinter dem etwa 60 Gästeanhänger entspannt das Geschehen verfolgten. Sie sahen das Spiel verflachen, dann wie ihre Mannschaft mehr Anteile hatte aber dennoch nach knapp 30 Minuten in Rückstand geriet: Kapitän David Hollwitz (der hier schon mit Union II Regionalliga spielte) dribbelte sich über den linken Flügel gut durch, passte in die Mitte zu Nils Fiegen der von der Strafraumgrenze vollendete. Das Spiel wurde nach einer Findungsphase nun hektischer, nickeliger und die Erdanziehung stärker. Am Spielstand zur Halbzeit änderte das nichts mehr. Zu Beginn des zweiten Durchgangs wurde es merklich dunkler, tiefschwarze Wolken tauchten am Horizont auf und bewegten sich langsam in Richtung Stadion. Vorausgesagt waren drei Liter pro Quadratmeter - wie lange noch bis zur unausweichlichen Dusche? Bei allem Charme - das Zoschke hat kein Dach.

Rathenow in seinen strahlend weißen Trikots fand sich anscheinend etwas besser auf dem dunklen Platz und produzierte eine Großchance nach der anderen - Glück und Niklas Wollert im Lichtenberger Tor bewahrten die Hausherren eine Weile vor dem Ausgleich. Wollert erntete dafür viel Applaus von den Rängen, auf denen es gewohnt entspannt zuging: Feierabendbier, Plausch unter Freunden und Familie, alle Generationen vertreten. Kiezclub eben. Aber mit insgesamt 895 Zuschauern durchaus beachtlich: unter der Woche und bei einem überschaubar attraktiven Gegner. Kein Wunder, dass der Club bis November unbedingt noch rechtzeitig den Gästeblock einzäunen will, dann kommen Erfurt und Cottbus und hätten Platz für bis zu 1.000 mitgereisten Fans. Bei der Akustik im Wohngebiet und wäre das wahrlich eine Wonne. Für das Spiel gegen Babelsberg im Oktober weicht 47 erst mal ins Moabiter Poststadion aus.

In der Gegenwart wurde es noch dunkler, in der Ferne grollte Donner, am Horizont ein dezentes Leuchten, die Fliegen spielten schon verrückt. Und Optik glich aus: nach einer erneuten Strafraumbelagerung war der Ball nach dem x-ten Versuch in der 73. Minute dann doch drin. Die Freude währte nur kurz! Nicht, weil die Lichtenberger zurückschlugen, sondern weil der Schiedsrichter das Spiel unterbrach: amtliche Unwetterwarnung - neben Dach fehlt es eben auch an Blitzschutz. So eine Unterbrechung darf maximal 30 Minuten dauern ehe ein Spiel abgebrochen wird. 

Nur kurz nachdem die Spieler in die Kabinen getrabt waren, wurden die Ordner angewiesen, die Zuschauer aus dem Stadion zu leiten. Das VIP-Zelt wurde fluchtartig geräumt. Keine Sekunde zu früh, allerdings auch kurz nach einem möglichen regulären Abpfiff: Starkregen, Blitze, Donner und Sturmböen wüteten auf dem Areal, auf der überdachten Terrasse vor dem Vereinsheim wurde diskutiert, gemutmaßt und gefachsimpelt. Unwissenden das Regelwerk erklärt: nein, die Vereine könnten sich nicht auf ein Remis einigen, auch wenn nur noch gut 10 Minuten auf der Uhr waren. Im Falle eines Abbruchs müsste das Spiel komplett wiederholt werden.

Der Regen ließ etwas nach, Sturm und Gewittergrummeln verzogen sich. Zum Unverständnis der Terrassengesellschaft pfiff der Schiri aber trotzdem nicht mehr an. Die Enttäuschung stand den 47-Spielern ins Gesicht geschrieben - gerannt, gekämpft, geschwitzt für nichts? Oder doch Glück gehabt weil Optik am Ende ganz schön drückte? Ein Wiederholungsspiel wäre vermutlich wieder unter der Woche und wer weiß wie es dann um die Mannschaft steht. Das trifft aber auch auf Rathenow zu, die zusätzlich knapp zwei Stunden Anfahrt zu bewältigen haben. Weiter geht es aber erst mal im Stadion Vogelsang gegen die VSG Altglienicke während 47 beim ZFC Meuselwitz antritt. Toi toi toi jeweils bis zum Schlusspfiff.

Fotos: Felix

> zur turus-Fotostrecke: SV Lichtenberg 47

Artikel wurde veröffentlicht am
01 August 2019
Spielergebnis:
1:1
Zuschauerzahl:
895

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Regionalliga

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