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Turbo-Fußball-Sonntag: Blau-Weiß 90 gegen Strausberg und Polonia Berlin auf der Insel

14:30 Uhr Heimspiel der Sp.Vg. Blau-Weiß 90 Berlin an der Rathausritze. 15 Uhr Auswärtsspiel des FC Polonia Berlin auf der Lohmühleninsel in Kreuzberg. Die einen brauchen Punkte gegen den Abstieg, die anderen brauchen Punkte für den Aufstieg. Beide Spiele waren im Kalender rot markiert. Mitten rein kam noch die Einladung für den größeren Sohn zu einem Kindergeburtstag in Rixdorf. Wie anstellen? Gut kombinieren, planen und flinke Hufe machen. Nur nicht in totalen Stress verfallen. Erst einmal ging es mit viel Vorlauf zur Spielstätte von Blau-Weiß 90, das es in der Nordstaffel der NOFV-Oberliga mit dem FC Strausberg zu tun hatte. Richtig, beim Hinspiel, welches nach dem Aufstieg das erste Oberligaspiel von BW 90 war, fuhren der Sohnemann und ich auch nach Strausberg und bestaunten den lebhaften Auftritt der rund 70 mitgereisten Anhänger. Die Wespen waren damals arg bissig und ließen einen nicht die Bratwürste futtern. Umso mehr wurde bei der brütenden Hitze der kühle Hopfensaft konsumiert. Kurzum: Punkte konnten die Blau-Weißen nicht einfahren, doch gefeiert wurde trotzdem.

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Nach arg holprigem Beginn in der Oberliga platzte dann irgendwann der viel zitierte Knoten. Beim ersten Saisontreffer auswärts bei Hertha Zehlendorf waren wir auch vor Ort. Dieses eine Törchen genügte für den ersten Saisonsieg. Danach lief es runder und weitere Punkte konnten eingefahren werden. Im Pokal konnte dem Regionalligisten BFC Dynamo ordentlich Paroli geboten werden, denkbar knapp musste sich Blau-Weiß 90 am Ende vor ordentlicher Kulisse mit 0:1 geschlagen geben. Es war wohl das Spiel, bei dem unserem größeren Sohn endgültig bewusst wurde, dass er die Blau-Weißen richtig dolle mag. Es rollten nach dem Spiel dicke Tränen, die selbst mich ein wenig überraschten. Einen Tag später meldete sich ein Spieler bei mir. Die Mannschaft würde ihm ein Shirt bzw. Trikot schenken wollen, mit sämtlichen Unterschriften der Spieler. Ich war baff, unser Sohn war stolz wie Bolle.

Gut, Punkt eins: Das Erscheinen beim Kindergeburtstag musste eine Stunde nach hinten verschoben werden. Die erste Halbzeit und die anschließende Halbzeitpause waren Pflicht. Danach würde es für uns weiter nach Rixdorf und mich im Anschluss noch fix weiter nach Kreuzberg gehen. Vor dem Spiel der Blau-Weißen durfte sich noch ein Stündchen im Vereinsheim gemütlich gemacht werden. Cola und Kickern für den Nachwuchs. Ich schaute mir indes sämtliche Utensilien an den Wänden an. Ach schau an, Rüdiger Vollborn hütete einst in den 1980ern in der C bis A-Jugend das Gehäuse der Blau-Weißen? Anfang der 90er durfte ich ja in Leverkusen jede Woche sein Können und seine positive Ausstrahlung bewundern. Ich hatte immer gedacht, er hatte sein Können nur nebenan beim Traber FC erlernt. Aber okay, man lernt ja nie aus.

Als es kurz vor halb drei war, bildete sich am Einlass zum Kunstrasenplatz sogar eine kleine Schlange. Zum einen kamen die meisten Zuschauer auf dem letzten Drücker, zum anderen gab es eine kurze Diskussion um ein T-Shirt. Das Ganze konnte geklärt werden, an der Eckfahne fanden sich die alteingesessenen Blau-Weiß-Fans ein. Der Hund mit Schal und Trikot bekam paar symbolische Tropfen Bier in den Wassernapf, die Trommel wurde an einem hochkant aufgestellten Tisch befestigt, und mein achtjähriger Sohn konnte nicht mehr vor Aufregung. Papa, wie lange noch bis zur Halbzeitpause? In jener Pause sollte er schließlich das Trikot überreicht bekommen. 

Bei herrlichem Frühlingswetter entwickelte sich auf dem Kunstrasen eine flotte offene Partie. Am Rande kam ich noch mit einem Frankfurter ins Gespräch, der beim 1. FC Frankfurt (Oder) Traditionspflege in Sachen „Vorwärts“ betreibt. In der Pause hielt er noch eine Cola und ein Bier für uns bereit. Leider reichte am gestrigen Nachmittag einfach die Zeit nicht, um tiefer ins Gespräch zu kommen. Das kann jedoch sicherlich mal vor Ort in der Oderstadt nachgeholt werden. 

Tore bekamen wir in der ersten Halbzeit keine zu sehen. Es kam der große Moment, das Söhnchen wurde aufgerufen. Mit ein paar Worten bekam er das blaue Trikot in Größe S überreicht. Eine dolle Sache! Nun hat der Sohnemann mit seinen knapp neun Jahren bereits eine Menge beim Fußball erlebt. Tränen im Rostocker Ostseestadion, Pyro-Orgie von Polonia Slubice in Kostrzyn, Innenraum beim BFC Dynamo und bei Karkonosze Jelenia Góra, Gesang in der S-Bahn von Strausberg bis Berlin mit den Blau-Weißen, eine Cola-Flatrate (Dank „Mo“) beim OL-Spiel TeBe vs. Hansa Amateure, das Gänsehaut erzeugende gesungene „Magdeburger Kind“ beim 1. FCM, das Derby Seelow vs. Frankfurt Oder mit Bolzen auf dem Rasen in der Halbzeitpause. Es war bereits einiges dabei, doch das geschenkte Trikot war für ihn mit Sicherheit der emotionalste Moment. Tausend Dank an dieser Stelle an Mannschaft und Verein!

Leider musste es kurz nach der Pause weiter gehen. Im Laufschritt zur U-Bahn, hoch zur Ringbahn, dann mit dem Kind auf der Schulter zum Kindergeburtstag. Maßarbeit! 16 Uhr wollte ich dort sein, 16:05 Uhr konnte ich auf dem Display ablesen. Klingeln, hochbringen, kurze Absprache. Hetz, hetz, ich muss weiter!

Bus oder zu Fuß? Kurzes Abwägen und Durchrechnen. Scheiß auf die BVG! Ich gehe zu Fuß - und zwar im Laufschritt! Sooo weit ist das ja nicht. Vom Hertzbergplatz bis zur Lohmühleninsel. Das Ganze zog sich aber. Halb fünf erreichte ich den dortigen Sportplatz. Okay, eine Viertelstunde könnte ich noch mitnehmen. Beim Hinspiel ging es gegen den Anadoluspor Berlin II hoch her. Die Nerven lagen blank, und es kam fast zu handfesten Auseinandersetzungen. Für das Rückspiel hatte der FC Polonia Berlin mobil gemacht. Ein Schiedsrichterbeobachter wurden eingeladen, zudem sollten Freunde aus dem Umfeld unbedingt mitkommen, damit im Fall der Fälle die Spieler nicht allein dastehen würden. 

Und was soll man sagen? Kaum erreichte ich den Sportplatz auf der Lohmühleninsel, als mir gleich die Nachricht zugetragen wurde: Es gab bereits zwei Platzverweise bei Anadoluspor Berlin II, zudem musste in der ersten Halbzeit das Spiel für 15 Minuten unterbrochen werden. Zu hitzig wurde das Ganze, und der Schiedsrichter machte wohl die klare Ansage: Entweder Unterbrechung und wieder runterkommen oder die Partie würde abgebrochen werden. 

So also kam ich doch noch in den Genuss, über eine halbe Stunde dieses Spiels der Kreisliga B zu sehen. Zu jenem Zeitpunkt führte der FC Polonia Berlin bereits mit 5:1. Vor der Pause erzielten Krzysztof Szmaglinski und Dominik Cyryl Drabik (2x) die Treffer. Für den Gastgeber hatte Ugur Tosun den Anschlusstreffer geschossen. Im zweiten Spielabschnitt legten Lukasz Isalski und Jacek-Franciszek Jerszynski für den FC Polonia nach. Schnell wurde auch klar, weshalb der Gastgeber so fuchsig wurde. Die Spieler von Anadoluspor Berlin II kamen einfach nicht mit der robusten, körperbetonten Spielweise des FC Polonia klar. Nun ist es ja wahrlich nicht die Regel, dass in den Kreisligen B und C dermaßen athletisch gespielt wird. Was Taktik und Spielzüge betrifft, so muss auch das Team des FC Polonia stets dazu lernen, doch in Sachen Fitness und Robustheit sind die Polonia-Spieler der Konkurrenz in der Kreisliga B halt meilenweit voraus.

Zum Ende hin wurde auf Heimseite von der Außenlinie noch einmal lautstark gewettert. In Richtung Polonia, vor allem aber in Richtung Schiedsrichter. Als wenn er was dafür konnte, dass die Emotionen hochkochten. Der FC Polonia ließ sich nicht provozieren und beendete in voller Mannschaftsstärke das Spiel. Ganz ohne Spitzen ging es jedoch nicht. So wurde in der Schlussphase immer wieder der Ball über den Zaun gedroschen. „Ihr wollt die doch bloß klauen…“, keifte ein Anadoluspor-Spieler. Eine Reaktion darauf blieb aus. 

Als abgepfiffen wurde, feierten die Spieler mit den rund 50 mitgekommenen Freunden des FC Polonia. Und ja, einen Hardcore-Fan gibt es inzwischen auch, der seit vergangenem Jahr jedes Spiel mitnimmt und die Mannschaft sowohl auf Deutsch als auch auf Polnisch anfeuert. Geht es mit dem FC Polonia weiter nach oben, werden es gewiss nach und nach ein paar mehr werden. Das Pokalspiel gegen Tennis Borussia Berlin hatte schließlich gezeigt, dass Potential in Verein und Umfeld steckt. Derzeit hat die erste Mannschaft des FC Polonia in der Staffel 2 der Kreisliga B sieben Punkte Vorsprung auf Rang drei, der derzeit vom SC Union 06 II belegt wird. Auf dem zweiten Platz ist aktuell die zweite Mannschaft der SG Rotation Prenzlauer Berg zu finden. 

Weiter geht es am kommenden Sonntag gegen den 1. FC Wilmersdorf II. Anpfiff der Partie auf dem heimischen Platz im Borsigpark ist um 9 Uhr. Da es bis dahin ja noch paar Tage sind, durfte es am gestrigen Nachmittag nach dem Spiel noch ein Bierchen vor der Kabine und am Späti sein. Positiv hervorgehoben werden darf, dass der Anadoluspor Berlin II nach dem Spiel völlig fair blieb und es zu keinen weiteren unangenehmen Sprüchen kam. Zwar ein wenig mit den Zähnen knirschend, aber immerhin: Es wurde sich sogar verabschiedet. 

Für mich hieß es dann nach dem gemeinsamen Piwo am Späti: Flotter Fußmarsch zurück nach Rixdorf! Das Kind vom Kindergeburtstag abholen. „Eine gute Nachricht habe ich noch!“, teilte ich dem Sohnemann abends im Bett mit. „Blau-Weiß 90 hatte 1:0 gewonnen! Der Treffer fiel in der 87. Minute…“ Wenige Zeit später fielen die müden Augen zu. Bei ihm und bei mir…

Fotos: Marco Bertram 

> zur turus-Fotostrecke: Sp.Vg. Blau-Weiß 90 Berlin

> zur turus-Fotostrecke: FC Polonia Berlin

Artikel wurde veröffentlicht am
25 Februar 2019

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Super Bericht
Hallo Marco, wuerde mich freuen, wenn du beim naechsten Spiel von uns, bei dem du zuschauen wirst, auf mich zu kommen wuerdest. Tolle Arbeit die du hier machst :). Lg Konrad Cudny
KC
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