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Smouha SC vs. Misr Lel-Makkasa SC: Reges Militärtreiben und zugewiesener Spion

Am Tag nach dem ersten erfolgreichen Fußballbesuch in Ägypten zog es mich in den Norden nach Alexandria. Auch hier sollte an diesem Tag der Ball rollen. Erste Informationen besagten es würde im Borg Al-Arab Stadium etwa 30km außerhalb von Alexandria gespielt werden. Hier überlegte ich bereits, ob ich diesen Weg überhaupt auf mich nehmen wollte, bei der bestehenden Unsicherheit, das Spiel am Ende wieder nicht zu sehen. Auf meinem Weg durch die Stadt, welcher auch am recht zentral gelegenen Alexandria Stadium vorbeiführte, sah ich reges Militärtreiben um dieses. Also mal die Fühler ausgefahren und mal auf Informationsjagd begeben. Wenig später war klar, dass die anvisierte Partie der 1. Liga in dem Stadion stattfinden sollte. Somit wollte ich es dann natürlich versuchen. 

Da ich noch etwas Zeit hatte, ging es mal zur Schaltzentrale des Smouha SC, in der Hoffnung dort eventuell bereits etwas zu erfahren. Überraschend nahm sich mir ein Ägypter an und versuchte wirklich alles, um mir zu helfen. Locker eine Stunde seiner Zeit opferte der sympathische Kerl, um letztlich doch nichts zu erreichen. Allerdings bekam ich die Info von einer Vereinsdame, ich solle einfach zum Stadion gehen, es wäre kein Problem. Nun ja, so optimistisch war ich nun nicht, aber ein Versuch war es trotzdem wert.

Am Stadion also mal angefragt, ob Zutritt für einen extrem wichtigen Pressevertreter aus Deutschland gewährt werden könnte. Da ich ja nur einen Versuch hatte, wollte ich gleich mal mit der Pressegeschichte um die Ecke kommen und dies zog erst einmal. Nach kurzer Diskussion sollte ich einem Typen folgen. Na mal sehen. Insgesamt wurde ich bei 5 Personen mit jeweils steigender Wichtigkeit vorgeführt, welche mitunter etwas zögerten, aber final abnickten. Somit befand ich mich fast ohne größere Diskussion tatsächlich im Stadioninneren. Hier wurde mir in Halbzeit 1 ein kleiner Spion zugewiesen, der mich immer mal etwas zu meiner Pressetätigkeit, zum deutschen Fußball usw. ausfragte. 

Ich habe keine Ahnung was die in mir für einen Teufel sahen, aber es nervte schon ein wenig, dass ich als Ausländer wieder mal eine Sonderbehandlung bekam. In Hälfte Zwei waren sich sich dann wohl sicher, dass keine Gefahr für Leib und Leben besteht und ließen mich allein auf der Tribüne sitzen. Hahahaha, euer Fehler! Und schon schlug ich zu! Allerdings nicht mit einer Bombe, wie es mir ja schon mehrfach unterstellt wurde. Kann mich gar nicht so recht dran entsinnen, wann der letzte Deutsche einen Anschlag mit einer Bombe in Ägypten durchgeführt hat. Aber lassen wir das. Ich schlug natürlich nur mit der Kamera zu, um wenigstens ein paar Bilder vom Inneren zu machen. Zuvor fühlte ich mich einfach zu beobachtet und wer weiß welch terroristische Absichten man mir dann wieder unterstellt hätte. 

Ein wenig Singsang gab es auch bei diesem Spiel, aber riss natürlich keinen Bäume aus. Wie auch bei erneut nur 300 Zuschauern. Das Spiel war auch kein erinnerungswürdiges Ereignis und auch das Stadion war eher schlichter Natur. Ausgenommen das prunkvolle Eingangsportal, welches an den Triumphbogen erinnert. 

Also es bleibt dabei, Fußball in Ägypten macht keinen Spaß und wie eine so extrem unter Verfolgungs- und Terrorwahn leidende Nation einen Afrikacup 2019 unter menschenwürdigen und  für Zuschauer angenehmen Verhältnissen austragen will, ist mir wirklich ein Rätsel. Den Sicherheitswahn kann ich ja noch verstehen, es gibt ja auch genug Gründe dafür. Wenige Tage nach meinem Besuch der Pyramiden in Gizeh, gab es ja auch einen Anschlag auf einen Touristenbus mit einigen getöteten Vietnamesen, woraufhin die Regierung am Folgetag verkündete 40 (!) Terroristen getötet zu haben. 

Alles ein wenig komisch in dem Land und man merkt, dass es unter der Oberfläche doch noch brodelt. Dann den Plan zu haben, ohne wirkliche Erfahrungen mit Zuschauermassen in den letzten Jahren, Spiele in möglicherweise auch ausverkauften Stadien in einem kontinentalen Wettbewerb auszutragen und diese für die Besucher zu einem positiven Erlebnis werden zu lassen, finde ich fast schon vermessen. Aber vielleicht wird dieser Cup auch zu einem Startschuss in eine bessere Zukunft im Bezug auf den Fußball in Ägypten. Wir werden sehen und wie sagt man so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt! 

Fotos: Marcel Hartmann

> zur turus-Fotostrecke: Fußball in Ägypten

Artikel wurde veröffentlicht am
14 Januar 2019
Spielergebnis:
1:1
Zuschauerzahl:
300

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