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Nejmeh SC vs. Al-Ahed SC: Feuerwerk und Bambule beim Beiruter Derby

Das Derby von Beirut stand vor der Tür. Etwas überraschend für mich, da ich diesen Umstand nicht geplant hatte. Aber wenn sich die Möglichkeit ergibt, dann sage ich nicht nein. Allerdings hat dieses Spiel schon einige Nerven gekostet, denn die eigentliche Austragung sollte bereits am Freitagabend erfolgen. Voller Tatendrang ging es die knapp 5,5km zu Fuß zum Stadion um dort letztlich vor einem dunklen, verschlossenen und menschenleeren Objekt zu stehen. Aufklärung brachte erst ein Soldat, der zu erzählen wusste, dass die Partie aufgrund von Regen abgesagt wurde. Regen? Es hatte den ganzen Tag eher grob genieselt! Angeblich war der Platz aber nicht bespielbar, was diverse Bilder auch bestätigten. Scheinbar gibt es keine oder nur eine sehr schlechte Drainage im größten Stadion des Landes. 

Nun hieß es hoffen, dass der neue Ansetzungstermin in meiner Zeit im Libanon liegt. Hierbei gab es aber bereits am Folgetag Entwarnung, denn bereits am Montagnachmittag sollte es erneut von Statten gehen. Insoweit der Wettergott mitspielt. 

Tat er an diesem Tag netter Weise, sodass der erneute Fußweg nicht umsonst angetreten wurde. 5.000 LL kostete der Eintritt auf den unüberdachten Plätzen, was etwa 3€ entspricht. Am Ende landete ich in der Kurve der „Sterne“. Nejmeh steht im arabischen für Stern, was man sich anhand des Vereinswappens bereits denken kann. Der Verein ist einer der beliebtesten im Land und kann somit auf eine breite Fanbasis bauen. Zu Gast sollte heute mit Al-Ahed SC einer der größten Rivalen sein. Insbesondere in den letzten Jahren hat sich dieses Duell zum „wildesten und enthusiastischsten“ Spiel des Landes entwickelt. Dies liegt auch daran, da Al-Ahed sich insbesondere in den letzten Jahren zu einem der Hauptkonkurrenten um den Titel entwickelt hat. 2008, 2010, 2011, 2015, 2017 und 2018 ging der Titel zu den Schwarz-Gelben. Nur 2009 und 2014 gelang Nejmeh der Ligasieg. Auch dieses Duell war in den letzten Jahren wenig erfolgreich für „The stars“. Sieben Begegnungen in Folge kein Sieg gegen Al-Ahed. Das sollte sich an diesem Tag sicherlich ändern.

Bis zum Anpfiff füllte sich das rund 50.000 Zuschauer fassende Stadion mit etwa 15.000 Leuten. Lediglich 2.500 waren hierbei auf Seiten von Al Ahed zu verzeichnen, die anderen 12.500 drückten Nejmeh die Daumen. Das Spiel begann mit einer kleinen Choreo von Nejmeh. Es wurde ein Transparent hochgezogen, auf dem ein Mix aus einem Wappen und einem Löwen zu sehen war, der Dreizack durchbiss. Lässt sich nur vermuten, dass der Dreizack eine Bedeutung für Al-Ahed hat.

Dazu gab es einige Bengalos, diverse Rauchkartuschen in verschiedenen Farben und eine kleine Kassenrollenwurfaktion. Beide Seiten hatten im Vorfeld kleine Folienfähnchen verteilt, die ebenfalls genutzt wurden. Man kann sicherlich nicht vom besten und schönsten Intro sprechen, aber der Auftakt war schon vielversprechend.

Die Stimmung auf Seiten von Nejmeh war wirklich gut, kam aber aufgrund des Spielverlaufes sehr schnell zum erliegen. Nach 30 Minuten stand es bereits 0:3 für Al-Ahed und den meisten war bereits zu dem Zeitpunkt klar, dass auch das 8. Spiel in Folge nicht zu gewinnen ist und somit auch die Tabellenführung an Al-Ahed gehen würde. Die Frustration war deutlich zu spüren, aber bis auf ein paar Leute, die bereits zu diesem Zeitpunkt das Stadion verließen, blieb erst einmal alles ruhig. Die Stimmung war nun also etwas angeschlagen, nur die Gäste hatten Grund zur Freude. Viel hörte ich auf der anderen Seite nicht, aber es sah auch ganz anständig aus von weitem. 

Nach der Pause starteten beide Seiten mit etwas Pyrotechnik. Böller, Bengalos, Rauchpulver, Feuerwerksbatterien wurden rege genutzt und insbesondere der rote Rauch der Heimkurve vernebelte das Stadion gut, sodass man aus der Kurve fast nichts mehr sehen konnte. Am Spielstand sollte sich nichts mehr ändern. Nejmeh bekam bis auf ein paar Freistöße fast gar keinen Chancen hin und Al-Ahed ließ die größte Chance in Form eines Elfmeters aus. Allerdings hatte der Schütze auch gegen ein Gewitter aus Laserpointern anzukämpfen, was ich so auch noch nicht gesehen habe. Das ganze Gesicht war in grünes Licht getaucht. Ob das nun der Grund fürs verschießen war oder nicht, den Gästen war es am Ende egal. Nejmeh dezimierte sich mit dem zum Elfmeter führenden Foul noch um einen Spieler, es war einfach nicht der Tag der „Stars“. 

Nach dem Abpfiff feierten die Gästefans ausgelassen und die Heimfans versuchten sich am Zielwerfen von Wasserflaschen auf die Polizei. Als eine Hand voll Fans auf die Idee kam, ihren Spielern auf dem Platz die Leviten zu lesen schritt die Polizei ein und hielt dabei auch einen recht jungen Fan etwas rabiat fest. Dies war der Funke, der nun eine Kettenreaktion auslöste. Plötzlich regnete es Sitzschalen auf die Uniformierten, welche vor der Heimkurve Stellung bezogen hatten. Provoziert haben diese eigentlich nicht, aber die Fans waren einfach angefressen und suchten auch den Grund für etwas Bambule. 

Die Polizei zog sich daraufhin zurück und nun stürmten etwa 30 Leute auf den Platz, um die bereits auf dem Platz liegenden Sitzschalen erneut in Richtung der Polizei/Militär zu werfen. Nun stürmten die Uniformierten auf die Übeltäter zu und erneut begann ein Regen aus blauen Sitzschalen. Die Kurve sah davor schon wie ein gerupftes Huhn aus, danach war wahrscheinlich kaum noch ein Sitz im unteren Bereich der Kurve an seinem Platz. Im Zuge des Erstürmens wurde offensichtlich auch ein Fan schwerer verletzt, sodass die Rettungswagen gerufen und der Fan schnell abtransportiert wurde. 

Ein erlebnisreiches Spiel, ein emotionales Derby, wenngleich es damit trotzdem nicht zu einem der Topderbys auf diesem Erdball zählen dürfte. Aber als Zuschauer bekommt man auf jeden Fall etwas geboten und es ist mit Sicherheit das beste Spiel, welches man im Libanon im Ligaalltag zu Gesicht bekommen kann. In Verbindung mit diesem sehr schönen Stadion und dem sich von den Rängen ergebenden Panoramablick auf weite Teile der angrenzenden Wohnviertel, ein gelungener Montagnachmittag.

Fotos: Marcel Hartmann

> zur turus-Fotostrecke: Fußball im Libanon

Artikel wurde veröffentlicht am
12 Dezember 2018

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