Heimspiel des FK Rajac. Ausgetragen auf einem idyllisch gelegenen Sportplatz, eingerahmt von alten Bäumen. Im Hintergrund bilden die kleine Ortschaft und eine Hügelkette eine hübsche Kulisse. Am Zaun haben sich ein paar Leute eingetroffen. Auf einem Tisch und in einer Schubkarre liegen Erfrischungsgetränke bereit. Zirka 20 Zuschauer wollen die Partie sehen. Während uns das deftige serbische Abendbrot inklusive Cevapi und Fleischspieße noch schwer im Magen liegt, legen die Jungs auf dem Rasen munter los. Willkommen in den Niederungen des serbischen Fußballs.
Heimspiel des FK Rajac. Ausgetragen auf einem idyllisch gelegenen Sportplatz, eingerahmt von alten Bäumen. Im Hintergrund bilden die kleine Ortschaft und eine Hügelkette eine hübsche Kulisse. Am Zaun haben sich ein paar Leute eingetroffen. Auf einem Tisch und in einer Schubkarre liegen Erfrischungsgetränke bereit. Zirka 20 Zuschauer wollen die Partie sehen. Während uns das deftige serbische Abendbrot inklusive Cevapi und Fleischspieße noch schwer im Magen liegt, legen die Jungs auf dem Rasen munter los. Willkommen in den Niederungen des serbischen Fußballs.
Auf der Fahrradtour, die quer durch die östlichen Landesteile von Horgos bis runter nach Pirot führte, kamen wir an manch einem kleinen Sportplatz vorbei. Mal fand – wie in Rajac – gerade ein Spiel statt, meist war jedoch unter der Woche in den heißen, sonnigen Mittagsstunden der Hund begraben. Zwei, drei Fotos gemacht, und schon wurde wieder auf den Drahtesel geschwungen. Weiter ging es in Richtung Süden. Von der ungarisch geprägten Vojvodina über die Donauregion bei Kladovo und Negotin weiter über Zajecar und Knjazevac bis runter nach Pirot und Dimitrovgrad an der serbisch-bulgarischen Grenze. Rund 800 Kilometer Strecke, da hier und dort einige Ecken mitgenommen wurden.
Während man in größeren Städten eher achtlos an etwaigen Sportstätten vorbeiradelte, fielen die Fußballplätze in den einsam gelegenen Dörfern weitaus eher ins Auge. Kyrillische Buchstaben auf der weiß gekreideten Wand eines Vereinsgebäudes oder der Mauer eines Sportplatzes. Später daheim im fernen Berlin fielen die Bilder beim Sichten des gesamten Materials wieder ins Auge. Wo lag noch mal dieser idyllische Sportplatz, an dem wir mit vollen Magen im Gras lagen und das Spiel anschauten?
In Rajac. Südlich der Donau und südöstlich der Stadt Negotin, in der wir uns wohl übermäßig den Bauch mit leckerem serbischen Fleisch vollgehauen hatten. Die kleine Ortschaft Rajac, die sich an die besagte Hügelkette anschmiegt, befindet sich an der Straße 248 unweit der serbisch-bulgarischen Grenze. Auf bulgarischer Seite gibt es doch glatt ein Dorf, das Kosovo heißt.
Erstaunlicherweise hat Rajac sogar einen deutschsprachigen Wikipedia-Eintrag. Laut Volkszählung im Jahre 2002 sollen derzeit rund 440 Menschen in der Ortschaft der Opstina Negotin und des Bezirks Bor leben. Ende der 40er Jahre waren es sogar einmal über 1.400 Einwohner.
Und was hat es nun mit diesem FK Rajac auf sich? Die Suche endet in den Weiten des Netzes. Ein paar Fotos von einem Spiel gegen den FK Crvena Zvezda (Veterani) und ein youtube-Video, bei dem die Spuren einer Überschwemmung zu sehen sind.
Nicht verzetteln, erst einmal weiter gehen und weitersuchen. Ein anderes Foto fiel ins Auge. Zu sehen: Ein weißes Gebäude mit der kyrillischen Aufschrift „FK Slavija“. Slavia oder Slavija heißen auf dem Balkan zahlreiche Vereine. Der hier gemeinte Verein befindet sich in der Ortschaft Banatsko Arandelovo nahe des Dreiländerecks von Serbien, Ungarn und Rumänien. Im Geiste dämmert es. Dort wurde ein Päuschen eingelegt, eine eiskalte Cola vor einem landestypischen Laden, ein kleiner zaghafter Plausch mit dort sitzenden älteren Männern und ein anschließender Abstecher zum dortigen Sportplatz. Im world wide web ist auf Anhieb das eingetragene Vereinslogo des FK Slavija Banatsko Arandelovo zu finden. Ein goldener, stehender Löwe auf weiß-blauem Grund. Oben drauf eine ebenfalls goldene Krone. In welcher Liga dieser Verein spielt, bleibt noch ein Geheimnis. Die Sache muss von oben herab aufgearbeitet werden.
Ein dritter Versuch. Rot auf weiß: FK Radnicki 1946. Ein Fußballklub in der Ortschaft Sutjeska, wie auch Banatsko Arandelovo in der autonomen Provinz Vojvodina gelegen. Ebenfalls ein Verein mit kyrillischen Buchstaben, somit gewiss kein Klub der ungarischen Bevölkerungsgruppe. Das kleine Dorf Sutjeska liegt zwischen den Ortschaften Secanj und Lazarevo östlich der 75.000-Einwohner-Stadt Zrenjanin. Auf zur Spurensuche. Was hat es mit dem FK Radnicki 1946 auf sich? Bei Facebook hat der Verein eine offene Gruppe. Schon mal nicht schlecht. Jedoch gibt es in ihr nur ein Mitglied. Ein Serbe, der als Profilbild ein Dracula-Gesicht hat. Markiert auf einem Mannschaftsbild des FK Radnicki aus dem Jahre 2010. Mit dabei auf dem Foto: Pujol. Nicht zu verwechseln mit dem Barça-Spieler Carles Puyol.
Die Suche bleibt beschwerlich. Vom Balkan stammende Leser werden den Autor dieses Textes für blöd erklären. Nun ist der Text jedoch angefangen. Weiter geht´s! FK Radnicki Nis, FK Radnicki Novi Sad, FK Radnicki Beograd. Nichts zu finden über FK Radnicki Sutjeska im world wide web der lateinischen Buchstaben. Auf Kyrillisch wäre es gewiss einfacher.
Wie angekündigt wird die Angelegenheit nun von oben abgearbeitet. Ein Deutscher versucht, den serbischen Fußballbetrieb zu erklären. Einen Versuch wert, oder? Die oberste Spielklasse ist die Jelen SuperLiga, in der momentan 16 Vereine beheimatet sind. Wie so oft liefern sich derzeit Partizan Belgrad und Roter Stern Belgrad an der Tabellenspitze einen Zweikampf. Der amtierende Meister und Pokalsieger Partizan hat mit sechs Punkten Vorsprung die Nase vorn. Es folgt der FK Vojvodina Novi Sad, der bereits seit Jahren eine recht passable Rolle spielt.
Am vergangenen Wochenende konnte Partizan bei Hajduk Kula vor 5.000 Zuschauern mit 2:0 gewinnen. Die Partie Metalac Gornji Milanovac gegen FKS Smederevo im Stadion Mladosti u Lucanima wollten indes nur 400 Fans sehen. Das Spiel ging 0:1 aus, Metalac bleibt Tabellenletzter. Recht ordentlich sind dagegen die Zuschauerzahlen in Novi Sad. Gegen Sloboda Sevojno kamen zuletzt 4.500 Zuschauer ins Stadion Karadorde. Gegen die serbischen Platzhirsche Roter Stern und Partizan sind es meist über 10.000 Zuschauer.
Den Unterbau bildet in Serbien die Prva Liga, vergleichbar mit der 2. Bundesliga in Deutschland. 18 Teams nehmen an der Spielzeit 2011/12 teil. Aktueller Tabellenführer ist Radnicki Nis vor Donji Srem. Nis konnte zuletzt am 24. März daheim im Gradski Stadion Cair mit 1:0 gegen den FK Bezanija vor 1.300 Zuschauern gewinnen. Bei Proleter Novi Sad, Stadtrivale von Vojvodina Novi Sad, kamen gegen den FK Indija zuletzt immerhin 800 Zuschauer.
Viergeteilt ist die dritte Spielklasse. Die Srpska Liga hat vier Staffeln: Belgrad, Vojvodina, West und Ost. In der Liga Vojvodina ist für Leser nichtserbischer Abstammung wahrscheinlich der FK Vrsac noch am bekanntesten. Die Stadt Vrsac ist allerdings weniger für Fußball berühmt, sondern für Basketball auf hohem europäischen Niveau. KK Hemofarm Stada Vrsac dürfte dem einen oder anderen ein Begriff sein. Im Fußball geht es allerdings bergab. In der dritten Spielklasse steht der FV Vrsac in der Liga Vojvodina auf dem letzten Platz. Mit dabei in dieser Liga sind Lazarevo und Kikinda – uns von der damaligen Radtour quer durch Serbien noch wohlbekannt. Von den oben genannten Klubs ist dagegen keine Spur. Eindeutig zu klein für die dritte Liga.
Auch der FK Rajac ist in der Staffel Ost der Srpska Liga nicht zu finden. Bei der Suche in der serbischen google-Version dann doch ein paar Fundstücke des FK Rajac. Einzelne Fragmente und Bruchstücke. Die Partie Krivelj gegen FK Rajac im November 2011. In der dortigen Okruzna Liga (Bezirksliga) lag der FK Rajac zu jener Zeit abgeschlagen auf dem letzten Rang…
Fortsetzung folgt!
> zur turus-Fotostrecke: Über 130 Impressionen aus Serbien
Anmerkung: Der Autor Marco Bertram arbeitete von 2006 bis 2009 gemeinsam mit Karsten Höft und Sebastian Bohry die Route für den Iron Curtain Trail aus.