Sigma Olomouc vs. AC Sparta Praha: Angriffswirbel und ein nackter Hintern

JP Updated

SpartaFür ein würdiges Spitzenspiel war alles angerichtet: Spannend wie selten gestaltete sich die Situation in der tschechischen Gambrinus Liga vor dem 22. Spieltag: Sparta Praha, mit 32 Meistertiteln und 27 Pokalsiegen der erfolgreichste Verein Tschechiens und der ehemaligen CSSR, hatte in der Vorwoche Tabellenführer Viktoria Plzen mit 1:0 besiegt und nach Zählern zum Klassenprimus aufgeschlossen. Nur fünf Punkte dahinter lag Sigma Olomouc auf der Lauer, so dass die Männer aus Mittelmähren mit einem Sieg gegen Sparta selbst noch ins Meisterschaftsfinale würden eingreifen können. Zudem sollte in der sechstgrößten tschechischen Stadt ein einmaliges und noch nicht besuchtes Stadion warten, so dass es genügend Gründe gab, die für eine Anreise am Samstag sprachen.

Werbung:

SigmaMit dem Pokalsieg 2012 hatte Sigma in der Vorsaison seinen ersten Titel überhaupt gewonnen und schickte sich seit dem an, ins Konzert der Großen aufrücken zu wollen. Bislang war die erfolgreichste Spielzeit der 1919 gegründeten Blau-Weißen die Saison 1990/91 gewesen, als die tschechoslowakische Meisterschaft um ganze zwei Punkte verfehlt wurde und man im Europapokal erst im Viertelfinale mit 1:1 und 0:1 an Real Madrid scheiterte, vorher wurde u.a. der HSV ausgeschaltet. Seit dem gab es viel Mittelmaß in Olomouc, der Star der letzten Jahre war hier unbestritten das Andruv Stadion, welches durch seine architektonisch einzigartigen, aber grundverschiedenen Hintertortribünen sowie die futuristische Flutlichtanlage besticht.

SigmaNachdem der Pokalfinalsieg im Vorjahr ausgerechnet gegen Sparta gelungen war und Sigma auch das Hinspiel im Letna Stadion mit 2:1 gewonnen hatte, stand die Auseinandersetzung unter einer gewissen Brisanz, unterstützt davon, dass beide Teams erst drei Tage zuvor erneut im Pokal aufeinandergetroffen waren. Das Viertelfinal-Hinspiel gewann Sparta mit 4:2 und auch das Ligaspiel am Samstag, welches die Sigma-Fans mit einer großen Überrollfahne einleiteten, rissen die Männer aus der Hauptstadt sofort an sich. Die Gastgeber konnten sich in der ersten Viertelstunde kaum aus dem Angriffswirbel des Rekordmeisters befreien, ja als neutraler Besucher konnte man sogar von einem Klassenunterschied sprechen. Der Höhepunkt der ersten Viertelstunde war sicherlich die 14. Minute, als Sparta binnen 33 Sekunden gleich zweimal das Aluminium traf.

SpartaUnterstützt wurden die Gäste übrigens von gut 500 fanatischen Fans, die zwar nicht durchgängig aktiv waren, aber durchaus eine amtliche Lautstärke erreichten. Der Zaun war darüber hinaus sehenswert beflaggt, besonders die Schalparaden sehr sehenswert, und in der 25. Minute sorgte der Block mit einem grellen Bengalo auch erstmals für optische Akzente. Und als ob die Mannschaft vom Schein des Feuers zusätzlich motiviert wurde, fiel in der 27. Minute wenig später das 0:1. Ladislav Krejci zog von kurz vor der Strafraumgrenze von links ab, und sein toller Schuss senkte sich hinter dem Sigma-Keeper zum 0:1 in den Winkel. Ein tolles Tor, entsprechend bejubelt von den Sparta-Fans.

SpartaIm weiteren Verlauf der ersten Halbzeit passierte nicht mehr viel, ebenso wie in der Pause, welche sich hinsichtlich ihres Programms nicht groß von jenen in der Deutschen Bundesliga unterschied. Also Zeit für die anwesende Hopperschar, Klobasa und Stadionbier zu testen. Beide bestanden den Test mit Bravour und waren mit umgerechnet 1,60 Euro bzw. 1 Euro zudem sehr günstig. Kurz nach dem Wiederanpfiff brannte im Gästesektor erneut ein Bengalo, und unmittelbar darauf fiel wieder ein Tor. Das 0:2 erzielte Vaclav Kadlec in der 51. Minute, und jener Spieler sorgte auch zehn Minuten später für das 0:3.

SpartaDie Partie war somit entschieden, so dass sich die Anhänger aus der Hauptstadt fortan anders beschäftigten. Immer mal wieder brannten einzelne Bengalos im Block. Reichlich Material für eine ordentliche Pyroshow war also zweifelsohne vorhanden, leider wurde diese Chance nicht genutzt. Nachdem das Zünden offenbar langweilig wurde, widmeten sich die Spartaner ihren Nachbarn auf der anderen Seite des Hochsicherheitszauns. Es wurde ordentlich gepöbelt, und ein Gast stieg auch auf den Zaun, und streckte den Olmützern sein blankes Hinterteil entgegen. Auch einige vermummte Leute tummelten sich zeitweise auf dem Gerüst, bis auf die allseits bekannten Provokationen schien von ihnen aber keine Gefahr auszugehen. Die Strategie der Polizei lautete hier übrigens, sich vollkommen im Hintergrund zu halten und sich weder im Block, noch davor zu postieren – und im Endeffekt war die Deeskalation der richtige Weg. Nachdem die Partie mit 0:3 zu Ende gegangen war und die weinrot Gekleideten mit ihren Fans den Sieg gefeiert hatten, wurde der komplette Gästeanhang schließlich einzeln aus dem Stadion gebeten und Leute, die während der 90 Minuten im Blockinneren auffällig geworden waren, heraus gezogen. So geht’s doch auch!

SpartaDurch den Dreier konnte Sparta letztlich zwei Tore auf Plzen gut machen, da die Viktoria nur mit 2:1 gegen Teplice gewann. Beide Teams stehen somit punktgleich an der Tabellenspitze, mit plus 24 (Plzen) und plus 22 Toren (Sparta) also nur noch durch eine ganz feine Nuance voneinander getrennt. Es bleibt also spannend in der Gambrinus Liga. Und im Pokal? Treffen sich beide Mannschaften am Dienstag, den 16. April wieder. Und nach dem 4:2 im Hinspiel sieht alles danach aus, dass sich Sparta für die beiden schmerzlichen Niederlagen endgültig revanchieren kann und die Kräfteverhältnisse zwischen diesen beiden Teams wieder zu Recht gerückt werden.

Text: Jörg Pochert

Fotos: Christopher Wode

> zur turus-Fotostrecke: AC Sparta Praha

> zur turus-Fotostrecke: Fußball in Tschechien

Benutzer-Bewertungen

In diesem Beitrag gibt es noch keine Bewertungen.
Hast du schon ein Konto?
Ratings
Bewertung / Kommentar für den Artikel
Datenschutz
Durch das Anhaken der folgenden Checkbox und des Buttons "Absenden" erlaube ich turus.net die Speicherung meiner oben eingegeben Daten:
Um eine Übersicht über die Kommentare / Bewertungen zu erhalten und Missbrauch zu vermeiden wird auf turus.net der Inhalt der Felder "Name", "Titel" "Kommentartext" (alles keine Pflichtfelder / also nur wenn angegeben), die Bewertung sowie Deine IP-Adresse und Zeitstempel Deines Kommentars gespeichert. Du kannst die Speicherung Deines Kommentars jederzeit widerrufen. Schreibe uns einfach eine E-Mail: "kommentar / at / turus.net". Mehr Informationen welche personenbezogenen Daten gespeichert werden, findest Du in unserer Datenschutzerklärung.
Ich stimme der Speicherung meiner personenbezogenen Daten zu:
Kommentare