FK Partizan Minsk: Rückblick auf eine erfolgreiche Deutschlandtour

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In der vergangenen Woche war ein besonderer Gast auf Tour durch Deutschland: Der weißrussische Verein Partizan Minsk stattete Berlin, Hamburg, Leipzig und Babelsberg einen Besuch ab. Unter dem Motto „Another Football Is Possible“ lud ein Bündnis aus deutschen Fanszenen den FK Partizan ein, damit dieser Vorbereitungsspiele bestreiten und darüber hinaus im Rahmen von Infoveranstaltungen über antifaschistische Aktivitäten und den Fußballalltag in Weißrussland berichten kann. Die Eintrittsgelder aus den Spielen und die Einnahmen von den Partys und dem Merchandising dienten allein dem Erhalt des Minsker Fußballklubs.

 
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In der vergangenen Woche war ein besonderer Gast auf Tour durch Deutschland: Der weißrussische Verein Partizan Minsk stattete Berlin, Hamburg, Leipzig und Babelsberg einen Besuch ab. Unter dem Motto „Another Football Is Possible“ lud ein Bündnis aus deutschen Fanszenen den FK Partizan ein, damit dieser Vorbereitungsspiele bestreiten und darüber hinaus im Rahmen von Infoveranstaltungen über antifaschistische Aktivitäten und den Fußballalltag in Weißrussland berichten kann. Die Eintrittsgelder aus den Spielen und die Einnahmen von den Partys und dem Merchandising dienten allein dem Erhalt des Minsker Fußballklubs.

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Partizan Minsk hat eine bemerkenswerte Geschichte und Vereinsstruktur. 2002 fusionierten der „FK MTK“ und der „FC Trudovye Rezervy-RIPO“ zum Verein „MTZ-Ripo Minsk“ und stieg binnen zwei Jahre von der dritten in die erste Liga auf. Zwischen 2005 und 2008 gewann „Ripo“ zweimal den nationalen Pokal und erreichte in der Liga die Position 3, weshalb sie auch am europäischen Wettbewerb teilnahmen. Diesen Erfolg kann man dem Oligarchen Wladimir Romanow zusprechen, der mit verschiedenen Investitionen ein Vermögen von etwa 400 Millionen Euro erzielt hat. Sein Geld steckte er neben „Ripo“ in Vereine wie dem schottischen Heart of Midlothian oder dem litauischen FBK Kaunas. Sein Sohn sitzt unter anderem im Vorstand der Hearts. Sein Engagement bei „Ripo“ endete Anfang 2012 und somit auch die Finanzierung des Clubs. „Ripo“ wurde insolvent und löste sich faktisch auf. Bereits 2010 war Ripo aus der ersten Liga abgestiegen und in Partizan Minsk umbenannt worden.

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Bis dahin formierte sich eine starke antirassistische und antifaschistische Fanszene, welche einzigartig in Weißrussland ist. Laut Berichten der Minsker waren sie anfangs zehn Fans, wuchsen jedoch auf inzwischen 1.000 Menschen an und stellen nun nicht nur eine Szene, sondern eine ganze Bewegung. Diese Fans wollten den Verein nicht sterben lassen und bauten ihn mit neuen Strukturen wieder auf. Eine internationale Kampagne unter dem Motto „Save MTZ-Ripo“, getragen vor allem von antifaschistischen Ultras, brachte Geld, das mit dafür sorgte, dass der Verein neu aufgebaut werden konnte. Der Klub wird inzwischen komplett selbstverwaltet durch die Fans. Alle Aktiven, bis auf den Trainer, arbeiten ehrenamtlich. Finanziert wird er nun nicht mehr durch Oligarchen, wie es sonst in Osteuropa zum Teil inzwischen Standard ist, sondern durch Spenden, Eintrittsgelder und dem Verkauf von Fanartikeln.

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Den Anfang der Tour machte ein Besuch des Zweitligaspiels 1. FC Union Berlin gegen FC St. Pauli, doch selber aktiv wurden die Weißrussen erst am Sonntag, den 17. März 2013. Beim Berliner Traditionsverein Tennis Borussia konnte Partizan gegen die zweite Mannschaft mühsam mit 2:1 gewinnen. 387 zahlende Gäste plus etwa 50 Minsker Fans sorgten für eine nette Stimmung bei Minusgraden. Trotz Generalabsage und Dank dem Bezirk Wilmersdorf-Charlottenburg konnte auf einem Platz gegenüber des Mommsenstadion gespielt werden. Dort fanden die Spieler eine mehr als 10 Zentimeter dicke Schneedecke auf dem Feld vor. Die Halbzeitpause wurde für eine ordentliche Schneeballschlacht genutzt, wobei auch Fans des FC St. Pauli und des SV Babelsberg 03 mitmischten.
Beim Spiel anwesend waren auch ein paar Fans des 1. FC Union Berlin und Roter Stern Leipzig. Während des Spiels wurde gemeinsam ein wenig Pyrotechnik gezündet und trotz widriger Temperaturen wurden - vor allem im Minsker Block - Tanz- und Gesangseinlagen eingelegt.

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Die folgenden Tage gastierte Partizan mit Anhang in der Hansestadt Hamburg. Angedacht waren Spiele beim Regionalligisten SC Victoria Hamburg und der vierten Mannschaft des FC St. Pauli. Das Spiel gegen St. Pauli IV fiel witterungsbedingt aus, dafür gab es einen Rundgang durch das Millerntorstadion inklusive eines Besuch des Fanshops. Gegen den SC Victoria Hamburg konnte Partizan den höchsten Sieg der Woche einfahren. Der Hauptgrund für den 12:0-Sieg war wohl, dass nicht die Regionalligamannschaft spielte, sondern ein zusammengewürfelter Haufen aus Vereinsmitgliedern. Die 150 Zuschauer feierten den Sieg wie auch an den anderen Tagen mit reichlich Pyrotechnik.


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Der Mittwoch war ein Ruhetag, nur in Leipzig gab es eine Informationsveranstaltung mit etwa 50 Zuhörern und Zuhörerinnen, bei der Vertreter des FK Partizan Minsk über ihren Kampf und ihre Strukturen berichteten. Insgesamt gab es in der Woche fünf Veranstaltungen in Berlin, Rostock, Hamburg und Leipzig. Einen Tag später folgte ein Dreierturnier mit Partizan Minsk, Roter Stern Leipzig und der zweiten Mannschaft der BSG Chemie Leipzig. Gegen RSL gewann Partizan mit 1:0, gegen Chemie II sogar mit 2:0 und wurde somit Turniersieger. Das Leipziger Duell entschied RSL mit 1:0 für sich.

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Unter den 450 Zuschauern waren nicht nur Fans der Begegnungen, sondern auch Fans von Tennis Borussia Berlin, Alemannia Aachen, SV Babelsberg 03, FC St. Pauli, FC Carl Zeiss Jena und sogar des BFC Dynamo. In den knapp zwei Stunden des Turniers brannten durchgehend Bengalische Lichter. Zudem wurde immer wieder bunter Rauch gezündet. Schätzungen zufolge handelte es sich um rund 30 Kilogramm Pyrotechnik, die allein an diesem Tag abgebrannt wurde. Supportmäßig gingen die Minsker und Chemiker ordentlich zu Werke, wobei Chemie besonders durch die Geschlossenheit auffiel.

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Das Finale der Tour war sogleich die größte sportliche Herausforderung für Partizan. In Babelsberg wartete nicht etwa die zweite oder dritte Garde, sondern die Profimannschaft des Drittligisten auf die Weißrussen. Diese nutzte auf dem makellos geräumten Kunstrasen die Trainingsmöglichkeit und ließ den Minskern keine Chance. Mit 8:0 wurde der weißrussische Viertligist geschlagen. Für die Zuschauer mehr im Vordergrund standen eh die Aktivitäten am Spielfeldrand und auf der Rückseite der Gegengerade des Karl-Liebknecht-Stadions. Begleitet wurde die Partie von zirka 300 Zuschauern, wobei neben Minskern und Babelsbergern auch wieder Fans des FC St. Pauli sowie von Tebe, Roter Stern Berlin Nordost und Alemannia Aachen anwesend waren. 

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Freunde der Pyrotechnik kamen an diesem Abend komplett auf ihre Kosten. Den Startschuss gaben die weißrussischen Fußballfreunde, unterstützt von ein paar Anhängern von Roter Stern Berlin Nordost. Was im Ligabetrieb nicht möglich ist, durfte an diesem Abend ohne Angst vor Repressalien ausgelebt werden. Der Nulldrei-Stadionsprecher begleitete das Ganze mit humorvollen Durchsagen. In der Halbzeitpause flogen auf den dunklen Stufen der Gegengerade zwischen den Babelsbergern und Weißrussen die Schneebälle, mit Bengalos in der Hand wurde zudem der Zwischenzaun „erstürmt“. Im Anschluss zeigte das Babelsberger Filmstadtinferno, was man mit Rauch und Bengalos so alles zaubern kann. Ähnlich wie beim Testspiel gegen den FC St. Pauli im vergangenen Sommer gab es bei den Babelsbergern eine farbenfrohe Komposition aus Blinkern, bengalischen Fackeln und buntem Rauch. Professionelle Feuerwerker hätten bei diesem Anblick gewiss den Hut gezogen.

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Sämtliches Material verbrannt? Beim gemeinsamen Mannschaftsfoto blieb es im Hintergrund vorerst dunkel. „Wenn man einmal die Ultras braucht...“, witzelte der Stadionsprecher. Sekunden später hingen noch einmal ein paar Fans am Zaun und wedelten freudig ein paar Fackeln und auch am Geländer der Gegengerade leuchtete es nochmals rot und blau auf. Später zog ein Großteil der Anwesenden zu einer Abschlussparty und ließ die Partizan-Tour mit Musik und Vodka-Tresen ausklingen.

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Als Fazit bleibt stehen: Weit über 1.000 Zuschauer sahen sich die Spiele von Partizan an. Am Freitag in Babelsberg wurden die Fanartikel, die Partizan paketweise mitgebracht hatte, langsam knapp. Außerdem gab es einen interessanten Austausch zu den Themen Fußball und Selbstverwaltung in Deutschland und der „letzten Diktatur Europas“. Bereits jetzt ist ein Besuch in Minsk geplant um sich die Verhältnisse vor Ort in Weißrussland auch einmal mit eigenem Auge anzusehen.

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(Babelsberg-Abschnitt in Zusammenarbeit mit Marco Bertram)

Fotos: Sören Kohlhuber & Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: Partizan Minsk Tour 2013

 

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