Eine Zugfahrt von Prag nach Pilsen ist sehr zu empfehlen. In nur 90 Minuten geht es etwa 100km in südwestlicher Richtung. Die Gleise führen vorbei an böhmischen Wäldern, entlegenen Dörfern mit charmanten rustikalen Fußballplätzen, der Burg Karlsteijn (ein beliebtes Ziel im Umland von Prag) und dem Fluss Berounka. Der Fluss ist mit seinen Windungen und überschaubaren Felsenklippen ist eine kleine Variante der Elbsandstein-Strecke, die man zwischen Dresden und Prag bestaunen kann.
FC Viktoria Plzen vs. FC Vysocina Jihlava: Grüße von ganz oben
Eine Zugfahrt von Prag nach Pilsen ist sehr zu empfehlen. In nur 90 Minuten geht es etwa 100km in südwestlicher Richtung. Die Gleise führen vorbei an böhmischen Wäldern, entlegenen Dörfern mit charmanten rustikalen Fußballplätzen, der Burg Karlsteijn (ein beliebtes Ziel im Umland von Prag) und dem Fluss Berounka. Der Fluss ist mit seinen Windungen und überschaubaren Felsenklippen ist eine kleine Variante der Elbsandstein-Strecke, die man zwischen Dresden und Prag bestaunen kann.
Pilsen hat in den letzten Jahren im tschechischen Fußball aufgeholt. In der Saison 2010/11 gelang der erste Meistertitel, in der letzten Spielzeit gab es zur Belohnung Champions League Spiele gegen den FC Barcelona und den AC Mailand. Nach einem dritten Platz in der Gruppe schied Pilsen dann aber in der Europa League gegen den FC Schalke 04 aus.
Die Heimspiele mussten allerdings in Prag ausgetragen werden, da das heimische Stadion města Plzně den UEFA-Anforderungen nicht genügte. Seitdem wurde kräftig umgebaut: einst umgab die mächtige Haupttribüne eine Laufbahn, die wiederum von niedrigen unüberdachten Rängen gesäumt war. Geblieben ist nur die Tribüne, das Spielfeld wurde näher an diese versetzt und rundherum stehen nun drei schmucke überdachte Seiten, die das Stadion zu einem Schmuckkästchen für 12.500 Zuschauer machen. Von einst zwei hohen Flutlichtmasten ist nur einer übrig geblieben, dafür wurden aber kleinere eingebaut.
Einen hervorragenden Blick auf Stadt und Stadion hat man, wenn man sich die Mühe macht, den Turm der St. Bartholomäus Kathedrale zu erklimmen. Achtung, mit gut 102 Metern ist es der höchste der Republik, es geht durch gewundene, nicht enden wollende immer schmaler und niedriger werdende Treppenhäuser. Wenn man denkt, man hat es geschafft, offenbaren sich einem noch mehr Stufen. Die Aussicht von ganz oben belohnt aber alle Mühen, vor allem bei Nacht wenn das Stadion im Flutlicht erstrahlt.
Ganz oben stehen die Pilsner schon in ihrer Europa League Gruppe und ganz nach oben möchten sie auch wieder in der heimischen Liga stehen. Dafür musste gegen den solide gestarteten Aufsteiger FC Vysočina Jihlava mindestens ein Punkt her. Dem Lockruf der Scheinwerfer erliegen heute 9.862 Zuschauer, der Zuspruch ist in dieser Saison insgesamt sehr gut. Die Ultras hinter dem Tor verbreiten von Beginn an Stimmung und ziehen die Gegengerade häufig mit rein: „Viktoria!“ – „Pilsen!“ hallt und schallt es ganz gut unter dem neuen Dach hin und her.
Auf dem Feld machen aber zunächst die Gäste auf sich aufmerksam und treffen nach einer Ecke in der 12. Minute den Pfosten, direkt vor den Augen des kleinen mitgereisten Mobs. Etwa zehn Minuten später macht es Viktoria dann besser und köpft nach Flanke das einzige Tor des Abends. Die Gäste sind in der zweiten Halbzeit deutlich aktiver und gefährlicher, können den Torwart aber nicht überwinden, und auch Viktoria vergibt mehrere gute Konterchancen.
Hinter dem Tor hallt es mittlerweile „Viktorka Pilsen schalalalala!“ (erneuter kurzer Einschub zur Grammatik: Viktorka ist kein Tippfehler, sondern wieder ein Diminutiv), die Ultras spielen in der zweiten Halbzeit aber nur noch den Alleinunterhalter – aus dem Gästeblock tönt ab und an ein einsamer Trommelschlag.
Während des gesamten Spiels wabert ein starker Malzgeruch durch das Stadion – die Brauerei liegt direkt nebenan, wahrscheinlich gibt es eine Direktleitung ins Stadion. Nach Abpfiff gesellt sich zum Malzgeruch noch schwefeliger Schwarzpulvernebel als die Heimfans einige kleine Freudenfeuer anlässlich des Sieges und der Tabellenführung zünden. Viktoria grüßt wieder von ganz oben.
Fotos: Felix Natschinski
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