Viktoria Berlin gegen VSG Altglienicke: Kirmes und Heavy Metal in der Oberliga

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Das Sonntagsspiel zwischen dem BFC Viktoria 1889 und der VSG Altglienicke in der NOFV-Oberliga Staffel Nord kann durchaus als Spitzenspiel bezeichnet werden: Die Gastgeber sind in dieser Saison noch ungeschlagen, leisteten sich aber auch schon vier torlose Spiele. Daher thronen sie erst seit drei Spieltagen auf Tabellenplatz eins, wo zu Saisonbeginn auch für einige Zeit die Altglienicker anzutreffen waren. Der Aufsteiger hatte zunächst die Liga gerockt, findet sich aber mittlerweile auf Platz 5 wieder. Die Ansprüche sind bei der VSG zwar bescheiden, in den letzten 6 Jahren ist der Verein aus dem Südosten Berlins aber immerhin vier Mal aufgestiegen.

Ebert-StadionDas Sonntagsspiel zwischen dem BFC Viktoria 1889 und der VSG Altglienicke in der NOFV-Oberliga Staffel Nord kann durchaus als Spitzenspiel bezeichnet werden: Die Gastgeber sind in dieser Saison noch ungeschlagen, leisteten sich aber auch schon vier torlose Spiele. Daher thronen sie erst seit drei Spieltagen auf Tabellenplatz eins, wo zu Saisonbeginn auch für einige Zeit die Altglienicker anzutreffen waren. Der Aufsteiger hatte zunächst die Liga gerockt, findet sich aber mittlerweile auf Platz 5 wieder. Die Ansprüche sind bei der VSG zwar bescheiden, in den letzten 6 Jahren ist der Verein aus dem Südosten Berlins aber immerhin vier Mal aufgestiegen.

Viktoria macht unterdessen keinen Hehl aus seinen Ambitionen. Die Tempelhofer möchten sich mittelfristig als Nummer drei in der Stadt etablieren und eine Alternative zu Hertha und Union sein – familienfreundlich und offen für alle Berliner. In der letzten Saison verpasste Viktoria die große Chance zum Sprung in die Regionalliga: durch die Spielklassenreform hätte Platz fünf gereicht, durch den sich z.B. der Torgelower SV Greif mit anschließenden Playoff-Spielen den Aufstieg sicherte. Doch davon war Viktoria am Ende zwei Plätze und fünf Punkte entfernt. Als Aufsteiger aus der Berlinliga war das dennoch eine solide Leistung, zudem fanden sich immerhin durchschnittlich 260 Besucher zu den Heimspielen ein. In dieser Saison liegt diese Zahl bisher etwas darunter, in der Ligastatistik ist Viktoria vor dem heutigen Spiel Vorletzter (172) vor Hansa Rostock II (88).

BFC Viktoria 89Das Friedrich-Ebert-Stadion an der Bosestraße bietet dabei immerhin 5.000 Zuschauern Platz. Mit Ausnahme der kleinen feinen Tribüne (7 Reihen mit je 20 Sitzen) sind das alles unüberdachte Stehplätze, eine Laufbahn trennt zudem Zuschauer und Feld. Die Gegengerade ist ein kleiner Hügel, der außer einigen Bänken kaum Platz bietet.  Dahinter ragen gleich die Viergeschosser hervor, die das Stadion von zwei Seiten einschließen.

Auf dem Weg zur Bosestraße verlasse ich den S-Bahnhof Tempelhof in südlicher Richtung, in entgegen gesetzter Richtung zum nebligen Tempelhofer Feld, wo Viktoria auch schon einmal gespielt hat. Das war Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, der Verein (inkl. Vorgänger) gewann zu dieser Zeit drei Mal die deutsche Fußballmeisterschaft, wurde zwei Mal Zweiter und errang zahlreiche Berliner Meisterschaften. Stolz prangt daher ein Stern über dem Vereinswappen.

Eberts-StadionAls ich im November-Niesel an der aktuellen Spielstätte eintreffe, erinnert die Vereinshymne gerade an Tradition und vergangenen Ruhm. Die lebhafte Frauenstimme singt etwas von „Auf geht’s Viktoria!“, und durch den plakativ poppigen Stil dieses Liedes fühle ich mich an die Kirmes-artige Stadionunterhaltung brandenburgischer Kleinstädte erinnert. Umso weniger traute ich meinen Ohren, als die Mannschaften dann aufs Feld laufen: Plötzlich tönen harte - mir wohl bekannte - Gitarrenriffs aus den Lautsprechern. Unglaublich, da läuft tatsächlich „Warriors of the World“ von Manowar, den Begründern des True Metal. Die Ding-dong „Hells Bells“ von ACDC oder das zart rockende „Eisern Union“ von Nina Hagen (die live gerne auch mal den Text vergisst) in allen Ehren. Aber dass ich noch mal einen echten Metal-Song zum Auftakt eines Fußballspiels erleben darf, ist ein hervorragender Start in diesen Nachmittag. Wie könnte das überhaupt noch gesteigert werden, vielleicht durch Headbanging beim Kopfballduell?

Soweit kommt es dann zwar nicht, aber immerhin gibt Viktoria in der Anfangsphase zwei gute Schüsse ab, die nur knapp neben dem Tor landen. Beide Mannschaften spielen sehr kontrolliert und gehen intensiv in die Zweikämpfe, so dass sich Spieler in schöner Regelmäßigkeit auf dem Boden winden. Die 404 Zuschauer (darunter ca. 65 Gästefans) machen zwar nicht mit Sprechchören auf sich aufmerksam, kommentieren das Spielgeschehen aber lebhaft und laut - vor allem wenn es darum geht, einen gegnerischen Spieler zum Aufstehen zu motivieren.

AltglienickeDie erste Halbzeit verläuft torlos, doch in der zweiten gibt es einen Blitzstart: ein langer Freistoß erreicht Tobias Döge, der kurz vor dem Torwart mit dem Kopf an den Ball kommt und die Gäste in Führung bringt. Der Ex-Unioner ist überhaupt die prägende Figur des Spiels und das nicht nur wegen seiner überragenden Körpergröße von 1,96 Metern und der Tatsache, dass seine Haarlänge (wenn auch immer noch viel zu kurz) am ehesten einem Metaller gerecht wird. Nein, vornehmlich organisiert er lautstark die Defensive der VSG, ist stets präsent und wird nicht müde, seine Jungs anzustacheln („Hände aus den Hüften, Männer!“). Auch deshalb hat es Viktoria heute schwer, in die Nähe des gegnerischen Tores zu gelangen. 

Viktoria gegen AltglienickeIn der Schlussphase wird es wieder hektisch - Viktoria schnürt die VSG in der eigenen Hälfte ein und trifft nach einer Standardsituation den Pfosten. Dort landet er auch zehn Minuten vor Schluss, dreht aber dieses Mal ins Tor ab. Doppeltes Aluminium ist ja fast schon Heavy Metal, aber beim Torjubel aus der Dose herrscht wieder kurzzeitig Kirmes. Dem Jubel voraus ging der im Strafraum zu Fall gebrachte viktorianische Einwechselspieler Cemil Mengi und der darauf folgende Schuss von Kapitän Ümit Ergirdi aus elf Metern.

Auf dem Feld wird es noch etwas hektischer, jedoch nicht mehr zwingend und so teilen sich beide am Ende verdient die Punkte. Nachdem auch das Spiel der beiden Verfolger (Fürsten- und Luckenwalde) unentschieden endet, bleibt es an der Tabellenspitze eng. Beide der heutigen Mannschaften bekommen es am nächsten Spieltag mit Gegnern aus dem unteren Tabellendrittel zu tun: Viktoria reist zur Rostocker Reserve während Altglienicke den Malchower SV empfängt. Vermutlich ohne Metal-Klänge. Wenn aber Viktoria seiner Eröffnungsmusik treu bleibt, und vielleicht auch noch etwas Eluveitie, Sabaton oder Amon Amarth auf die Playlist setzt, bin ich bestimmt bald wieder im Friedrich-Ebert-Stadion anzutreffen.

Fotos: Felix Natschinski

> zur turus-Fotostrecke: BFC Viktoria gegen Altglienicke 

Auf www.GroundhoppingEtc.com und www.facebook.com/GroundhoppingEtc berichtet Felix über seine Stadionerlebnisse, u.a. in Berlin, London oder Prag.

 

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