Die Zeit vor Dynamo: DDR-Eishockeymeisterschaft 1950 in Schierke

MB Updated

Am vergangenen Freitag startete die neue DEL-Saison mit Teams wie Thomas Sabo Ice Tigers und EHC Red Bull München. Gespielt wird meist in modernen, wohl temperierten Arenen mit viel Drumherum für das Sitzpublikum. Musik, Programm und Popcorn – Eishockey im Jahr 2012. Polstersessel in Düsseldorf, schallabsorbierende Wände in Berlin. Dreht man die Zeit zurück, ergab sich beim Eishockey ein völlig anderer Anblick. Nein, wir sprechen jetzt nicht von den 70er-Jahre-Muffelhallen. Weiter zurück ins Jahr 1950, als Eishockey im wahrsten Sinne des Wortes Wintersport war!

Eishockey 1950Am vergangenen Freitag startete die neue DEL-Saison mit Teams wie Thomas Sabo Ice Tigers und EHC Red Bull München. Gespielt wird meist in modernen, wohl temperierten Arenen mit viel Drumherum für das Sitzpublikum. Musik, Programm und Popcorn – Eishockey im Jahr 2012. Polstersessel in Düsseldorf, schallabsorbierende Wände in Berlin. Dreht man die Zeit zurück, ergab sich beim Eishockey ein völlig anderer Anblick. Nein, wir sprechen jetzt nicht von den 70er-Jahre-Muffelhallen. Weiter zurück ins Jahr 1950, als Eishockey im wahrsten Sinne des Wortes Wintersport war!

Schierke 1950Ein Blick auf die Endrunde der DDR-Eishockeymeisterschaft 1950. Wer an Eishockey in der Deutschen Demokratischen Republik denkt, dem fällt prompt die Mini-Meisterschaft mit dem SC Dynamo Berlin und der SG Dynamo Weißwasser ein. In der Tat prägten diese beiden Vereine seit Beginn der 50er Jahre den DDR-Eishockey, allerdings war der SC Dynamo Berlin im Jahr 1950 noch nicht am Start. Als Sportgemeinschaft Deutsche Volkspolizei bestritt der spätere SC Dynamo Berlin (heute EHC Eisbären Berlin) am 9. Juni 1951 in der Ostberliner Werner-Seelenbinder-Halle ihr erstes Eishockeyspiel gegen die BSG Einheit Berliner Bär. 

Bei der DDR-Eishockeymeisterschaft 1950, die im Rahmen der 1. Wintersportmeisterschaft im Februar jenes Jahres in Schierke (Harz) ausgetragen wurde, ging als damaliger Berliner Landesmeister die BSG Empor Berlin an den Start. Da zu jenem Zeitpunkt in Brandenburg und Mecklenburg (Verwaltungsreform / DDR-Bezirke erst ab 1952) keine Eishockey-Landesmeisterschaften ausgetragen wurden, bekamen der Zweit- und Drittplatzierte der sächsischen Meisterschaft (BSG Kristall Weißwasser und BSG Textil Crimmitschau) die freigewordenen Startplätze zugesprochen. Als sächsischer Meister war die SG Frankenhausen mit dabei, aus Thüringen ging die BSG KWU Erfurt an den Start, Sachsen-Anhalt schickte die SG Schierke ins Rennen.

Schierke 1950Volle Ränge im Februar 1950 im Natureisstadion Schierke, das heute noch in Betrieb ist. Der markante hölzerne Turm auf Höhe der Mittellinie steht auch nach über 60 Jahren noch. Vergleicht man die Aufnahmen von 1950 und heute, so ist zu sehen, dass damals die Ränge mit Holztribünen aufgestockt wurden. Auf dem Balkon, den es heute nicht mehr gibt, durften bei der Eishockeymeisterschaft die Ehrengäste Platz nehmen. Über ihnen prangte das Emblem der Freien Deutschen Jugend (FDJ). Geschmückt war der Balkon mit der deutschen Fahne (noch ohne DDR-Emblem). 

Auf der Eisfläche ging es gut zur Sache. Tore bekamen die Zuschauer reichlich zu sehen. In der Vorrunde gewann die SG Frankenhausen gegen die BSG KWU Erfurt mit 16:8 nach Verlängerung. Die BSG Kristall Weißwasser behielt gegen die BSG Textil Crimmitschau mit 7:3 die Oberhand, und die BSG Empor Berlin fegte den Gastgeber SG Schierke mit 17:1 vom Eis. Die drei Sieger zogen in die Finalrunde ein, die drei Verlierer spielten die Plätze vier bis sechs aus. In der Finalrunde konnte der amtierende Meister SG Frankenhausen gegen Berlin und Weißwasser gewinnen und somit den Titel souverän verteidigen. Vierter wurde Crimmitschau, das gegen Erfurt und Schierke jeweils klar und deutlich als Sieger vom Eis ging. Theoretisch hätte Schierke noch Fünfter werden können, doch aus Witterungsgründen wurde das Duell zwischen Erfurt und Schierke abgesagt. 

Schierke 1950Nach der Meisterschaft in der sowjetisch besetzten Zone konnte die SG Frankenhausen (beheimatet im Crimmitschauer Ortsteil Frankenhausen) nun die erste offizielle DDR-Eishockeymeisterschaft gewinnen. Bereits 1940, 1941 und 1942 konnte als TV Frankenhausen der Titel in der sächsischen Meisterschaft geholt werden. 1952 wurde aus der SG Frankenhausen die BSG Wismut Erz Frankenhausen, ein Jahr später erfolgte die Delegierung nach Zwickau, 1955 wurde der Verein sogar nach Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) delegiert. Dies war das Aus für den erstklassigen Eishockey in Frankenhausen. Immerhin: 1994 wurde der Verein wieder gegründet. Seitdem gibt es in Frankenhausen wieder Volleyball und Eishockey, wenn gleich auf sportlich eher niedrigem Niveau. 

Black Dragons ErfurtUnd die anderen Teams von damals? Aus der BSG KWU Erfurt wurde in den 50er Jahren der SC Turbine Erfurt. Es folgten Umbenennungen und Ausgliederungen. Die Linie führt jedoch ganz klar zu den heutigen Black Dragons Erfurt. Bei der BSG Kristall Weißwasser führt der Weg ganz klar über Dynamo Weißwasser zum heutigen EHC Lausitzer Füchse. Wenig überraschen dürfte, dass es sich bei der BSG Textil Crimmitschau um den heutigen ETC Crimmitschau handelt. Und in Schierke? Dort wird beim Eishockeysportverein Schierke 1910 e.V. die Tradition fortgesetzt...

Fotos: turus.net / DDR-Fotoarchiv

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