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Juri Gagarins Flug durchs All und Karate im Studentenviertel von Poznań

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Juri Gagarins Flug durchs All und Karate im Studentenviertel von Poznań

Dabei ist es natürlich mehr als ratsam, ein Ticket für die Straßenbahn zu besitzen. Bei Bargeld hätte ich es noch verstanden, obwohl dies auch schon asozial wäre, wenn kein Bargeld angenommen werden würde. Ich habe hier schon erwachsene Leute kennengelernt, die bisher noch nie im Leben etwas mit Bargeld zahlten! Der erste Automat wollte nur die personalisierte ÖPNV-Bezahlkarte (PEKA), der zweite im Hauptbahnhof ebenso.

Poznan

Ich hatte mich schon auf einen längeren Spaziergang im Eilschritt eingestellt, da testete ich noch mal einen Automaten an einer weiteren Haltestelle. Und der funktionierte! Die nächste unerhörte Begebenheit folgte auf dem Fuße. Da doch steht ein älterer Herr mit einer Mütze von den Kickers Luzern! Ein Tourist, ein Groundhopper oder doch nur ein Souvenir? Die Frage konnte nicht mehr geklärt werden, da ich eine andere Straßenbahn nehmen musste. Das nette Viertel Jeżyce ließe ich links liegen, den Friedhof der Zitadelle rechts. Und schon konnte ich aussteigen und stand nach einer Minute an einem großen Haus, das aufgrund eines Portals an eine Preußenkaserne erinnerte.

Poznan

Ich hatte mir im Vorfeld nur die Adresse angesehen, mir aber keine weiteren Infos eingeholt, wo ich hier überhaupt gelandet bin. Die Zeit war knapp, und außerdem wäre ein Überraschungsei auch mal wieder interessant. An jenem Gebäude wurde auch eine Tafel angebracht, aus welcher ich erfuhr, dass es das Studentenviertel „12. April“ ist. Es geht um das Jahr 1961 und den Weltraumflug von Gagarin. Wie ich später erfuhr, wurde das Viertel zwischen 1952 und 1954 erbaut. Dann muss das Viertel erst später seinen Namen bekommen haben, denn zwischen 1954 und 61 liegen ein paar Jährchen. Hauptsächlich waren hier jedenfalls die Studierenden der Mickiewicz-Uni und der Wirtschafts-Uni untergebracht. Es ist immer noch ein Studentenviertel.

Poznan

In jüngster Vergangenheit schaffte es das Viertel in die Zeitungen. Ist es ein Denkmal, oder kann es abgerissen werden? Nachdem wohl die ersten beiden Blöcke abgetragen wurden, darf der Rest erhalten bleiben. Ansonsten bieten ja solche Viertel wenig historisches „Futter“. Sie werden gebaut und erfüllen ihren Zweck. Ob hier mal ein heute bekannter Wissenschaftler oder bedeutende Wissenschaftlerin wohnte, ist nicht bekannt.

Karate in Poznan

Die Sporthalle, die zum universitären Besitz gehört, hat ein gewölbtes Dach. Ich denke, dass das meine erste Veranstaltung in einer Halle mit einer solch runden Dachkonstruktion war. Die Veranstaltung, die ich mir herauspickte, war der zweite „Spieltag“ der akademischen Meisterschaft im Karate. Obwohl Karate bis ins hohe Alter betrieben werden kann, nahmen hier offensichtlich nur Studierende am Wettkampf teil – sogar mehr Studentinnen als der männliche Part. Es gibt im Karate zwei Disziplinen. Den Kata-Teil schenkte ich mir. Ich sah nur die letzten Minuten. Der Wettkämpfer tritt dort gegen imaginäre Gegner an. Das hat natürlich eine irre lange Tradition und erfordert auch eine hohe Konzentration, aber die für mich wesentlich spannendere Disziplin ist Kumite. Erst da geht es ja ums Eingemachte. Mit Karate verbinden Außenstehende meiner Meinung nach eher die blitzschnellen Tritte und die Schläge mit der offenen Hand. Immer wieder schallen japanische Kommandos durch die Halle. Einige Vereine bieten auf ihren Seite kleine Wortlisten der zentralen Begriffe mit Übersetzungen an (empi = Ellenbogen usw.), da Karate nun keine Sportart ist, in der die Regeln so klar und geläufig sind wie die simplen im Fußball oder Handball.

Karate in Poznan

In den folgenden 90 Minuten traten im Damen- und Herrenbereich in Mannschaftskämpfen und Einzelwettbewerben die Studierenden von 4 Unis aus Poznań gegeneinander an. Ein öffentlicher detaillierter Plan hing nicht aus. Nach dem Wettkampf werden alle Ergebnisse vom Uni-Sportverein AZS präsentiert. Ich muss sagen, dass die Zeit wie im Fluge verging. Plötzlich wurden die Matten schon eingesammelt und die Zuschauermassen von insgesamt 9 Leuten verschwand aus der kleinen ziemlich spartanisch eingerichteten Halle. Ich denke, dass mein erstes Spiel in einer polnischen Sporthalle so 2007 gewesen sein muss. Und immer gab es in den Hallen eine Form von Ausbau. Außer ein paar Turnbänken, die sich dann noch Teilnehmer und Zuschauer teilten, gab es nicht. Überrascht war ich vom Dach. Dennoch hat sich ein Kommen gelohnt. Ich würde mir sogar noch mal eine Veranstaltung geben. Gemessen am Unterhaltungswert liegt in meinem Ranking Karate deutlich vor Jiu-Jitsu und mit Judo ungefähr gleich auf.

Fotos: Michael

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