1989 wurde der „Verhaltenskodex im Zusammenhang mit computergesteuerten
Buchungssystemen“ eingeführt; damals wurden Buchungen vorwiegend über
Computerreservierungssysteme („CRS“) vorgenommen. Allerdings wird der
Verhaltenskodex den Marktbedingungen immer weniger gerecht. Die heute
vom EP verabschiedete Verordnung strebt deshalb eine erhebliche
Vereinfachung des Verhaltenskodex und die Intensivierung des
Wettbewerbs zwischen CRS-Anbietern an.
Das Hauptziel der Verordnung besteht darin, Luftfahrtunternehmen und CRS zu ermöglichen, frei über die Vertriebbedingungen von Luftfahrtdiensten zu verhandeln. Die Systeme sollten bezogen auf Preis und Qualität der Dienste im Wettbewerb stehen.
Die Verordnung sieht vor, dass die Reservierungssysteme "neutrale" Informationen für die Verbraucher bereitstellen und auf ihrer Startseite über die günstigsten und schnellsten Verbindungen informieren. "Den Nutzern eines CRS ist eine neutrale Anfangsanzeige zu bieten und sicherzustellen, dass Informationen zu allen beteiligten Verkehrsunternehmen in gleicher Weise zugänglich sind, damit nicht ein beteiligtes Unternehmen gegenüber anderen bevorzugt wird", so die Verordnung im Wortlaut.
Die CRS-Anzeigen müssen Informationen über Flugpreise einschließlich aller anwendbaren Steuern, Gebühren, Zuschläge und Entgelte der gleichen Preiskategorien bereitstellen. So soll gewährleistet werden, dass Reisebüros diese Informationen an ihre Kunden weitergeben können. Informationen über Busdienste für Luftverkehrsprodukte oder Schienenverkehrsdienste, die mit Luftverkehrsprodukten verknüpft sind, werden künftig in die Hauptanzeige eines CRS aufgenommen.
Die EU-Kommission argumentiert, dass mangels Wettbewerb die Buchungsgebühren auf unnötig hohem Niveau verharren. Deshalb neigen die Luftfahrtunternehmen dazu, einen wachsenden Anteil ihrer Flugscheine über alternative Vertriebswege, wie ihre Websites, die kostengünstiger und technisch flexibler sind, abzusetzen.
Der Berichterstatter des Europäischen Parlaments, der britische Abgeordnete Timothy KIRKHOPE (EVP-ED) ist der Auffassung, dass das Ziel, Luftfahrtunternehmen und CRS zu gestatten, Inhalt und Tarife auszuhandeln, "ein gutes Ziel" ist. Derzeit führe der fehlende Wettbewerb zu höheren CRS-Buchungsgebühren. Nach der Änderung müssten die CRS, ausgehend von niedrigeren Buchungsgebühren und einer besseren Qualität der Dienste, untereinander aggressiver um die Beteiligung von Luftfahrtunternehmen konkurrieren.
Die Weigerung von Mutterunternehmen, anderen Systemen die gleichen Informationen über Flug- und Fahrpläne, Tarife und das Kapazitätsangebot zur Verfügung zu stellen wie ihren eigenen und die über diese Systeme vorgenommenen Buchungen zu akzeptieren, kann den Wettbewerb zwischen Computerreservierungssystemen erheblich verzerren. Um auf dem Markt transparente und vergleichbare Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, unterliegen Mutterunternehmen daher besonderen Regelungen. Die Möglichkeit des privilegierten Zugriffs eines Mutterunternehmens auf das CRS soll vermieden werden.
Werden Preise auf einer Hauptanzeige dargestellt und/oder wird eine Reihenfolge nach Maßgabe der Preise erstellt, so umfassen die Preise alle Tarife und sämtliche anfallenden Steuern, Gebühren, Aufschläge und Entgelte, die dem Luftfahrt- oder Schienenverkehrsunternehmen zu zahlen sind und die unvermeidlich und zum Zeitpunkt ihrer Darstellung auf der Anzeige absehbar sind. Auf diese Weise soll größtmögliche Preistransparenz hergestellt werden.
Je nach Wahl durch den abonnierten Nutzer wird in der Hauptanzeige die Reihenfolge der Reiseoptionen nach Tarifen oder in der folgenden Reihenfolge gestaffelt:
* Nonstop-Reiseoptionen gestaffelt nach Abflug-/Abfahrtzeiten;
* alle weiteren Reiseoptionen gestaffelt nach Beförderungsdauer.
Sind die Reiseoptionen dergestalt sortiert und werden über das CRS durchgehende Zugverbindungen ohne Umsteigen angeboten, muss auf dem ersten Bildschirm der Hauptanzeige mindestens die günstigste Zug- oder Luft-Zugverbindung angezeigt werden.
Die CRS werden ermutigt, künftig leicht verständliche Informationen über CO2-Emissionen und Treibstoffverbrauch des Fluges bereit zu stellen. Diese könnten den durchschnittlichen Treibstoffverbrauch pro Person/Liter/100 km und die durchschnittlichen CO2-Emissionen pro Person/g/km aufzeigen und für Fahrtzeiten unter 5 Stunden mit der besten alternativen Bahn-/Busverbindung verglichen werden.
Des Weiteren sieht die Verordnung vor, dass Informationen über Busdienste für Luftverkehrsprodukte oder Schienenverkehrsdienste, die mit Luftverkehrsprodukten verknüpft sind, künftig in die Hauptanzeige eines CRS aufgenommen werden.
Derzeit wird der jährliche Marktumsatz der CRS anbietenden Unternehmen auf etwa acht Milliarden Euro geschätzt, während der europäische Geschäftsreisenmarkt 2005 auf 88,2 Milliarden US-Dollar geschätzt wurde, wobei erwartet wird, dass er in den kommenden drei Jahren um 11 % wächst. Ungefähr 40 % aller Flugscheine in der EU werden über alternative Vertriebswege gebucht, ca. 60 % über Reisebüros und CRS.