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Mit der Fähre von Odessa nach Batumi: Doppelstockbett, Kotzpastillen und mahnende Zeigefinger

 
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Zugegeben, der Morgen, an dem du zu einer zweitägigen Schiffsreise aufbrichst, ist ein äußerst ungünstiger Zeitpunkt, an einer Lebensmittelvergiftung zu laborieren. Aber da bis dahin alles so glatt gelaufen ist, was Zeiten und Verbindungen angeht, sehe ich diesen Umstand als kleines Opfer an den Gott der Pünktlichkeit und füge mich meinem Schicksal. Im Grunde gibt es auch keine Alternative, denn die Fähre nach Georgien fährt nur alle paar Tage und nicht weiter zu kommen ist weiterhin keine Option.

Weil in der Städtebauordnung der Stadt Odessa offenbar verfügt ist, dass in jedem Häuserblock mindestens eine Apotheke untergebracht sein muss, haben wir die Auswahl zwischen zwei Apotheken im Radius von einer Minute Fußweg. Mit dem Screenshot einer Übersetzungsapp bewaffnet, wende ich mich vertrauensvoll an die ältere Dame hinter dem Tresen und ich bin mir sicher, dass sie mich absolut kompetent berät.

Da sich meine Russisch-/Ukrainischkenntnisse allerdings darauf beschränken, die kyrillische Schrift lesen und schreiben zu können und zu sagen, dass ich sehr schlecht Russisch spreche, bin ich hinterher nicht allzu viel schlauer als vorher, habe aber immerhin zwei verschiedene Arten von Tabletten zum Ausprobieren.

Von der einen Sorte bekomme ich eine ganze Packung mit allem drum und dran. Von der anderen nur einen Bogen, da der offenbar ausreichend ist. Die Dame verzichtet darauf, mir die Verpackung oder den Beipackzettel mitzugeben, weil ich den zwar lesen könnte, aber sowieso nicht verstehen würde. Außerdem muss die andere Hälfte der Packung ja auch noch verkauft werden und das geht mit Verpackung deutlich einfacher als ohne.

Ich beginne also mit der Sorte, von der ich den Beipackzettel habe, suche darin nach einer Tabelle mit Zahlen und hoffe, die Dosis für Erwachsene erwischt zu haben. Eine Recherche im Internet soll im Nachhinein ergeben, dass es sich tatsächlich um das krampflösende Mittel handelte, um das ich gebeten hatte. Bis dahin hätte ich aber geschworen, dass es Kotzpastillen sind, denn in den nächsten Stunden bin ich hauptsächlich damit beschäftigt, irgendwie klar zu kommen und nirgendwo hin zu brechen.

Daher bin ich leider nicht in der Lage gewesen, die Vollkommenheit der Szenerie rund um das Einchecken auf unserem Schiff zu genießen, wie ich es mir gewünscht hätte, aber ich versuche hier trotzdem mal, es angemessen wiederzugeben.

Der Hafen Tschornomorsk befindet sich im Süden von Odessa und mit einem ortskundigen Fahrer dauert die Fahrt dorthin etwas länger als eine halbe Stunde. Nachdem wir die Stadt verlassen haben, befinden wir uns auf einer Landstraße, an der es links und rechts eigentlich nur noch Felder gibt, als plötzlich mitten im Nichts ein Hochhaus mit der Aufschrift Бизнес Центры (Bisnes Zentr) auftaucht. Dort müssen wir an einem Schalter im Erdgeschoss einchecken und werden schließlich mit einem Shuttle zusammen mit anderen Passagieren zum Hafen gebracht.

Das Shuttle ist ein schwarzer Achtsitzer, der schon einige Jahre geshuttelt hat, und es darf jeder mitfahren, der irgendwie sein Gepäck im Kofferraum unterbringen kann. Auf unserer Runde sind das am Ende etwa zehn Personen - plus Fahrer natürlich. Auf die hinteren beiden Dreierbänke quetscht man sich jeweils zu viert, Denis und ich teilen uns den Beifahrersitz und ab geht die Fahrt.

Sie dauert glücklicherweise nur wenige Minuten - ein ortsunkundiger Fahrer hätte niemals den korrekten Weg gefunden, vor allem, weil man diesen nicht als offizielle Straße wahrnimmt - und endet an einer kleinen Baracke, an der schon weitere Fahrgäste mit Mopeds und Autos, einige LKW und zwei weißrussische Schaftransporte auf uns warten.

In der Baracke müssen einige Male unsere Namen auf verschiedenen Listen abgehakt und Stempel verteilt werden und dann heißt es warten. Gastfreundlich wie es in so einem Hafen nun mal zugeht, steht den Fahrgästen dafür natürlich ein Warteraum zur Verfügung. Dieser verfügt über zwei Sitzgelegenheiten und ein paar Tische. Fenster gibt es nicht, dafür ist aber immerhin die eine Hälfte des Raumes beleuchtet. Ich verbringe die Zeit größtenteils in der unbeleuchteten Hälfte zwischen zwei Tischen am Boden liegend und bin glücklich darüber, mich nicht bewegen oder übergeben zu müssen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit des Wartens kommt dann endlich die Grenzkontrolle und schließlich wird es Zeit fürs Boarding. Genauso wie am Flughafen dürfen sich Reisende nicht frei zwischen Terminal und Schiff bewegen. Anders als am Flughafen tragen hier allerdings alle ihr komplettes Gepäck bei sich. 

Und weil der zur Verfügung stehende Kleinbus, in dem am Ende etwa zwanzig Prozent mehr Menschen mitfahren als vorgesehen, keinen Kofferraum hat, steht zum Gepäcktransport ein Gefährt bereit, das in seinem ersten Leben mal ein Gabelstapler war, nun aber anstelle der Gabeln über eine Baggerschaufel verfügt, in der alle Taschen, Rucksäcke und Fahrräder Platz finden müssen. Letztere fallen ein paar Mal runter, aber so ein Mehrere-Tausend-Euro-Mountainbike sollte das ja schon aushalten.

Zum Schluss muss natürlich noch mal eine Namensliste abgehakt und irgendwas gestempelt werden und dann dürfen wir auch schon an Deck. Leider handelt es sich erstmal nur um ein Autodeck, von dem aus nur ein kleiner Fahrstuhl zum Passagierdeck pendelt. Und weil so gut wie alle anderen vor uns anstehen, müssen wir eine Weile warten. Mein Magen, der lieber unter dem Tisch liegen geblieben wäre, ist allerdings kein Fan von dem Benzingeruch, der in der Luft liegt, und so lerne ich auf die harte Art und Weise, wie schwer es sich mit 20 kg Gepäck auf dem Rücken übergibt.Glücklicherweise ist eine Spucktüte zur Hand und danach alles nur noch halb so schlimm.

Wir erhalten an der Rezeption schließlich unseren Schlüssel und können endlich unsere Kabine beziehen, die an Gemütlichkeit kaum zu überbieten ist. Ein Doppelstockbett aus Metall, ein Tisch, ein Stuhl, Dusche, WC.

Und um die Gemütlichkeit auf die Spitze zu treiben, gibt es sogar ein Bild an der Wand, das niemals schief hängen kann, weil es links und rechts mit einer Schraube durch den Rahmen in der Wand fixiert ist.

Auf dem Schiff gibt es anderthalb Tage lang eigentlich nichts weiter zu tun als irgendwo herumzuhängen und auf die nächste Mahlzeit zu warten. Wir haben Vollpension gebucht und werden immer über Lautsprecher informiert, wenn das Essen bereit steht. Diese Durchsagen sind die einzigen, die auch ins Englische übersetzt werden, und enden immer mit den Worten "Don't be late!".

Es gibt für jede Mahlzeit eine festgelegte halbe Stunde am Tag und diese sollte bitte auch eingehalten werden. Das Küchenpersonal hat schließlich nicht den ganzen Tag Zeit, sich ums Essen zu kümmern. Als wir am ersten Morgen erst um 8:20 Uhr statt um 8:00 Uhr beim Frühstück erscheinen, werden wir von der Küchenchefin auf dem Weg zu unserem Tisch abgefangen und ausgeschimpft. Es ist ein mahnender Zeigefinger im Spiel, der auch immer wieder auf die Uhr zeigt, und ihre Tonfall klingt sehr bestimmt. Wir verstehen die gute Frau zwar nicht, lassen es uns aber eine Lehre sein und nehmen uns vor, ab sofort pünktlich zu erscheinen.

Dabei ist so viel Aufregung gar nicht notwendig. Man kühlt das Restaurant nämlich auf etwa 15 Grad herunter, sodass das Essen innerhalb weniger Minuten so kalt ist, dass man sich - egal, wie früh man kommt - immer wünscht, noch pünktlicher gewesen zu sein. Für Menschen, die ihre Mahlzeiten gern warm und in Ruhe genießen, ist das hier zumindest mal ein Perspektivwechsel.

Aber auch sonst glänzt die Kaunas Seaways mit der Gemütlichkeit und Gastlichkeit eines sehr modernen* Schiffes (*Stand: 1992). Die Wände der Gänge sind holzvertäfelt, an Deck gibt es einige Bänke mit Blick auf die LKW, die auf dem unteren Deck geparkt sind, der Bordshop hat ausschließlich hochprozentigen Alkohol und Zigaretten im Angebot und ist außerhalb der Öffnungszeiten professionell über ein Vorhängeschloss der Größe “Klodeckel” gesichert.

 

Um Platz zu sparen und Synergieeffekte zu nutzen, sind Kinderspielecke und Bar im selben Raum untergebracht. Da es wie erwartet kein WLAN gibt, ist die Zeit an Bord aber sehr gut dazu geeignet, vom ständigen Erreichbarsein und dem übermäßigen Medienkonsum abzuschalten. So wenig Stress wie hier hat man selten. Dafür bleibt genug Zeit zum Schlafen, Lesen, Weintrinken und um aufs Meer zu schauen. Das ist vor allem am Abend besonders schön, wenn die Sonne langsam hinter dem Schiff untergeht und eine leichte Brise über das Deck weht.

 

Weil wir am Mittwoch etwa vier Stunden später abgelegt hatten als geplant - warum weiß niemand so genau -, laufen wir am Freitag auch erst mit vier Stunden Verspätung in Batumi ein. Das kommt allerdings niemandem ganz ungelegen, denn die planmäßige Ankunft war für 6:00 Uhr morgens vorgesehen.

Da wir nun aber erst nach dem Frühstück ankommen, zu dem es niemand wagt, verspätet zu erscheinen, sind gegen 9:00 Uhr alle wach und an Deck, um Georgien näher kommen zu sehen. Erst ist es nur ein schmaler Streifen Land, der am Horizont kaum auszumachen ist. Aber nach und nach wird die Silhouette der Gebirgsketten immer größer, bis schließlich auch die etwas eigentümliche Skyline Batumis mit ihren Türmen und dem Strand erkennbar ist.

Nachdem sich das Anlegen und die Passkontrollen eine Ewigkeit hingezogen haben und unsere Namen auf einer angemessenen Anzahl an Listen abgehakt worden sind, dürfen wir das Schiff verlassen und laufen mit Sack und Pack durch die Mittagssonne in die Stadt. Es geht vorbei an der Talstation der Seilbahn, die auf den Berg hinter der Stadt führt, über den Hauptverkehrsknotenpunkt mit der nicht feststellbaren Anzahl an Fahrspuren und schließlich durch die engen Straßen der flachen Wohnhäuser, die an allen Ecken von Klimaanlagen tropfen - es ist wunderschön.

Nachdem wir für den nächsten Tag eine Zugfahrt nach Tiflis und eine Unterkunft vor Ort buchen konnten, kann es auch schon losgehen. Wir laufen ein wenig planlos durch die Altstadt in Richtung Strand und finden uns in einem wunderbaren Durcheinander aller Baustile wieder, die irgendwo auf der Welt zu irgendeinem Zeitpunkt der Geschichte mal angesagt waren. Die Menschen leben hier in einem wilden Potpourri aus verschnörkelten Altbauten, bunten Plattenbauten und einfachen flachen Häusern mit kleinen Läden im Erdgeschoss.

Der vorläufige Höhepunkt dieses wilden Mixes findet sich auf dem Europe Square. Hier steht ein Kasino neben einem Märchenschloss neben einer McDonald's-Filiale neben einem modernistischen Turm neben einer traditionellen Astronomischen Uhr. Und in der Mitte reckt die Statue der Prinzessin Medea einen vergoldeten toten Widder in die Höhe. Als man das Ganze hier geplant hat, tat man das wohl unter dem Motto: “Es gibt keine schlechten Ideen. Jeder darf einen Beitrag leisten.”

Nachdem wir angemessen lange gestaunt haben, geht es weiter auf den Boulevard, der sich sieben Kilometer am Meer entlang in Richtung Süden erstreckt. Rechts davon liegt der Strand, links davon die Stadt.

Der Strand besteht in Batumi nicht wie überall auf der Welt aus Sand, sondern faust- bis fußgroßen Kieselsteinen. Den meisten Urlaubern scheint das allerdings wenig auszumachen, denn sie liegen entweder direkt mit dem Handtuch auf dem Boden oder auf einer der gelben Plastikliegen, die hier direkt am Strand ausgeliehen werden können.

Links des Boulevards verläuft eine Fahrspur für die Fahrräder, Mofas und Golfcaddies, die hier an zahlreichen Punkten vermietet werden. Vor dem Überqueren dieser Spur empfiehlt es sich, mehrfach in beide Richtungen zu sehen und sich zu beeilen, denn hier gilt Darwins Grundsatz “Survival of the Fittest” ohne Ausnahme. Wer nicht schnell genug von der Straße kommt, wird einfach umgekachelt.

 

Auf der Fahrspur lässt sich eine gute Stichprobe der Besucher des Batumi Boulevard nehmen. Da sind ganze Familien, die von ihren achtjährigen Kindern auf motorisierten Fahrzeugen durch die Gegend kutschiert werden, zwei Frauen in Burkas auf einem Moped, ein paar halbstarke Checker auf ihren Fatbikes und eine ganze Menge anderer Leute auf einer ganzen Menge verschiedener Gefährte. Die motorisierten unter ihnen haben alle gemeinsam, dass sie an der Stelle, an der sich die Bremse befinden sollte, nur eine Hupe haben. Aber auch auf das Verständnis der nicht motorisierten Fahrer sollte man sich nicht verlassen, denn für Fußgänger bremst hier niemand.

Und die Polizei, von der man ein umsichtiges Eingreifen in den Verkehr oder zumindest mal eine Drosselung der Geschwindigkeit erwarten könnte, ist eigentlich nur zu sehen, wenn ein unmotivierter Beamter eine überaus beleibte Frau im Polizeicaddie über den Boulevard chauffiert.

Die Polizei glänzt in Batumi übrigens nicht nur mit ihren ultra-angepassten Strandfahrzeugen - neben den Caddies gibt es noch Mofas mit Sirene auf dem Gepäckträger - sondern auch mit ihrer Untätigkeit gegenüber Wildcampern. Auf der Wiese vor dem Hilton am Boulevard stehen die Zelte einiger Wildcamper, was wohl eher die Regel als eine Ausnahme ist.

Es macht Spaß, am Batumi Boulevard spazieren zu gehen. Zwar versucht das Schwarze Meer so zu tun als wäre es gar kein Meer - weder rauscht es noch riecht die Luft salzig -, aber der Rest ist ganz wunderbar. Die vielen unbeschwerten Leute, die großen Palmen, das schimmernde Wasser, die zahlreichen Clubs und Cafés. Es ist kein echtes Paradies - dafür ist Batumi viel zu künstlich -, aber mal für einen kurzen Abstecher geht die Stadt schon klar. 

Je weiter wir uns Richtung Süden bewegen, desto höher werden die Gebäude jenseits der Fahrspur. Hotelketten, Wohnhäuser, Bürotürme wetteifern darum, wer den größten hat, und scheinen auch in Zukunft immer mehr zu werden. Derzeit wird ein Bauprojekt namens "Twin Towers" mit 45 Stockwerken umgesetzt und im ganzen Land vermarktet.

Am kleinen Strandvergnügungspark mit seinen verwaisten und verrosteten Fahrgeschäften beschließen wir, dass wir für heute genug haben vom Boulevard. Also riskieren wir ein letztes Mal unser Leben und Überqueren der Fahrspur, um querfeldein zurück durch die Stadt zu laufen.

Wir umrunden den Nurigeli See, an dem man sich des Abends zum gemütlichen Beisammensein trifft. Vor allem jetzt zum einsetzenden Sonnenuntergang bei sinkenden Temperaturen ist das Panorama sehr schön und kaum ein Quadratmeter im Gras unbesetzt.

 

Und wer keinen Platz mehr abbekommen oder Kinder zu bespaßen hat, kommt im Vergnügungspark nebenan auf seine Kosten. Im Gegensatz zu dem Park am Strand wirkt dieser hier, als würde sich zumindest mal hin und wieder jemand um die Wartung und Pflege der Geräte kümmern. Außerdem ist das Panorama hier deutlich exklusiverer Natur.

Der Spaziergang endet vorerst an der Seilbahn hinter dem Miracle Park, von dem aus alle Türme zu sehen sind, die die Skyline der Stadt prägen. Da ist der Alphabetic Tower mit den vier Meter großen georgischen Buchstaben und dem kugelförmigen Dach, das dem Ganzen einen gewissen Interpretationsspielraum einräumt. Dann ist da noch der grau-weiße Turm der amerikanischen technischen Universität mit der riesigen Uhr, deren Zahlenfelder aussehen wie goldene Gondeln eines Riesenrades. Und die beiden großen Türme weltweit bekannter Hotelketten.

Den Abend wollen wir eigentlich ganz entspannt auf dem Berg ausklingen lassen, auf den die Seilbahn fährt. Eigentlich. In der Realität stehen wir für die zehnminütige Fahrt eher unentspannt eine halbe Stunde in einer vollkommen überfüllten Wartehalle an und stellen oben fest, dass es keinerlei Möglichkeiten gibt, sich außerhalb des Restaurants aufzuhalten, das sich direkt an die Station anschließt. Das ist ja im Grunde kein Problem, denn mit einem Getränk bei schönem Blick auf die Stadt hatten wir durchaus gerechnet. Leider fehlte in unserer Kalkulation der Faktor “Karaokenacht”.

Man sagt ja eigentlich, dass die Georgier ein sehr musikalisches Volk wären, und tatsächlich haben wir auch schon den einen oder anderen talentierten Straßenmusiker in Batumi gesehen. Entweder sind die Menschen hier an den Mikrofonen also keine Georgier oder das Klischee stimmt nicht, denn schön ist hier mal gar nichts. Dafür aber laut. 

Außerdem kommt erschwerend hinzu, dass von den Tischen des Restaurants aus gar kein Blick auf die Stadt möglich ist, weil man aus unerfindlichen Gründen einen Sichtschutz in Richtung Meer und Innenstadt angebracht hat. Wer dieses Panorama sehen will, muss über die Wand schauen oder sich neben hundert andere Leute ans drei Meter breite Geländer drängeln.

Na ja, wie dem auch sei, es lassen sich noch einige Punkte finden, an denen man den Sonnenuntergang über der Stadt fotografieren kann, und die Schlange für die Abfahrt ist nicht mal halb so lang wie ihre Schwester im Tal und befindet sich in einer Halle, in der die Sänger nicht zu hören sind. Win-Win.

Am nächsten Nachmittag verlassen wir Batumi dann also mit einem restlos ausgebuchten Zug der moderneren Art in Richtung Richtung Tiflis. Die Strecke führt zuerst sehr schön direkt am Meer entlang und danach einmal quer durch das ganze Land. Wir legen einige außerplanmäßige Stopps ein, in denen man auf die Idee kommen könnte, dass mit der Technik etwas nicht stimmt. Aber am Ende hilft das, was immer hilft, wenn man nicht weiter weiß: ausschalten, Stecker ziehen und neu starten.

Als absehbar ist, dass wir mit anderthalb Stunden Verspätung in Tiflis ankommen werden, sind wir überrascht, dass niemand beginnt, auf die Deutsche Bahn zu schimpfen, oder lautstark nach einem Fahrgastrechteformular zu verlangen. Stattdessen sind die Leute entspannt, einige lachen sogar.

Wissen die denn nicht, dass es in einer solchen Situation nicht schicklich ist, nicht mit allen anderen Fahrgästen darum zu wetteifern, wer die schlechteste Laune hat und das größte Martyrium durchleben muss? Sind die etwa nie in Deutschland mit dem Zug gefahren? Was sind das bloß für Menschen, die in einer ärgerlich Situation, die sich aber nicht ändern lässt, ruhig bleiben und das beste draus machen? Die gefallen mir. Können wir das nicht in Deutschland auch so machen?

Bericht: Anika (Zug nach Irgendwo)

Fotos: Anika

> zur turus-Fotostrecke: Impressionen aus Georgien

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