An der Ostsee im Winter – nach 14 Jahren zurück in Ustronie Morskie

An der Ostsee im Winter – nach 14 Jahren zurück in Ustronie Morskie

 
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Darłowo oder Ustronie Morskie? Immer wieder verglichen wir die Angebote, bis dann endlich ein Entschluss gefasst wurde. Ustronie Morskie! Eine Zeitreise! Im Winter kann man an der polnischen Ostseeküste ganz gute Schnäppchen ergattern. Zu viel sollte man aber nicht in den Bewertungen stöbern. Da wirste irre bei! Gucken, denken, buchen! Ein 4-Sterne-Hotel ist in Polen gewiss keine Bruchbude.

Ustronie

Von einem Kurztrip an die Ostsee von Poznań aus kann keine Rede sein. Trotz einer Anreise am Sonntag, an dem alle Straßen frei sein müssten, konnten vier Stunden bis zum Reiseziel nicht unterschritten werden. Ständige Geschwindigkeitsbegrenzungen auf den Landstraßen bis Szczecinek machten aus dem Weg einen Kaugummi. Aber davon abgesehen, war es mal wieder ganz nett, die alten Hopping-Ziele von einst wiederzusehen. Und da spreche ich noch nicht mal von Ustronie Morskie!

Ustronie

Der Ort ist ein Thema für sich. Den kenne ich schon seit den 90ern. In der Hinrunde 2006 fuhr ich dann mit dem Spiel als Ziel per Bimmelbahn dorthin. Im Zug wurde nicht angesagt, wo man aktuell hält, der Bahnhof sah urig aus und es war noch nicht im Entferntesten daran zu denken, dass Europlan mal Fotos vom Sportplatz präsentieren würde. Im Allgemeinen war der Platz eine Wundertüte, denn nicht mal in den 90ern spazierte ich dorthin. Schon ein Jahr später verschlug es mich wieder für ein Spiel in den Ferienort.

Ustronie

Ein seiner Viertliga-Saison musste Pogoń Szczeciń ausgerechnet ins Feindesgebiet. Einige Lech-Fans leben hier. Damals wie heute sieht man hier und da mal einen Schriftzug vom NFC – Nadmorski Fanclub. Und sogar ein Mann mit Lech-Mütze lief mir am Strand über den Weg! Auch Astra Ustronie Morskie hat eine kleine mehr oder weniger aktive Fangruppe, die laut primitiven Graffiti Kotwica Kołobrzeg nur das Schlimmste wünscht.

Ustronie

Wir kamen nun von der Ostseite in den Ort, welcher absolut nicht mehr wiederzuerkennen war. Das ist schon eine richtige Stadt geworden! Überall stehen mittlerweile große Gebäude mit Apartments herum. Das anvisierte Hotel war strategisch optimal zwischen Wasser, Sportplatz und Wald gelegen. Eine Woche entspannter Urlaub konnte beginnen. Das Essen war top. Es gab immer morgens und abends frischen Fisch. Nicht jedes Hotel bietet Fisch an – sei es auch noch so nah am Meer. Das, was sonst so aufgetischt wurde, war nicht von der billigsten Sorte – allerdings auch nicht alles frisch zubereitet, sondern aus der Tube. Aber ok. Im Preis enthaltene Spa-Angebote, ein Spiele-Raum und ein feines kleines Schwimmbad rundeten die Sache ab.

Ustronie

Man konnte sich auch bei schlechtem Wetter problemlos beschäftigen. Aber vor allem der Blick auf den Sportplatz ließ mich nicht los. Immer wieder dachte ich an 2007. Der Gästemob walzte sich zum Sportplatz, nahm den Ordnungsdienst auseinander, rannte einmal über den Platz, kletterte über den Zaun und betrat dann ganz normal den Gästekäfig. Neben mir stand ein junger zitternder Rostocker, der wie ich ziemlich überrascht von der Aktion war. Damals dachten wir uns so, was wohl Touristen von diesem Jahrhundertereignis halten würden. Es ist ja nun mehr als äußerst selten, dass ein Verein wie Pogoń in Ustronie spielen muss. Gepanzerte Polizeiwagen, Spezialeinheit, üble Gestalten. Zur Urlaubszeit wäre der Anblick noch absurder gewesen. Die Straßen waren auch heute wieder leer. Das ist so in diesen Orten, wenn die Sonne früh untergeht und der Wind übelst eisig pfeift.

Ustronie

Die ersten zwei Tage waren kaum auszuhalten. Wir hatten ja auch Dezember! Ok, Bruder Leichtsinn entschied sich für die leichte Outdoorjacke. Hier hätte wirklich mal der Arktis-Anzug Sinn gemacht. Einen Schal? Der Schrank voll, bestimmt auch farblich was Passendes dabei, aber nicht eingepackt! Viele Jahre habe ich ja an der Ostsee verbracht, allerdings hatte ich nun die Witterung völlig unterschätzt. Da hilft nur Bewegung! Weite Tagestouren wollten wir nicht machen, da 1.) mir die Gegend bekannt war und 2.) die Sonne nur begrenzt Licht gab. Dazu war es im Hotel auch auszuhalten.

Ustronie

Das ziemlich stark frequentierte Hotel Arka in Kołobrzeg, das wie ein Einkaufszentrum wirkte, bietet auf dem Dach ein Panorama-Café, in dem ich es auch noch einige Stunden länger ausgehalten hätte, während die Wellen gen Mole krachten. Der Preis für den Ausblick ist natürlich im Preis der Speisen enthalten, aber mehr als verschmerzbar. Die sich westlich des Arka-Hotels erstreckenden Salzwiesen locken zu einem kleinen Verdauungssparziergang. Zum Fußball war ich schon einige Male in Kołobrzeg, allerdings touristisch interessiert eigentlich nie.

Ustronie

Und sonst so? Dadurch, dass sich die Gegend schon ziemlich urban entwickelt hat, ist viel Spannung raus. Ich betrachte das immer von meinem Standpunkt aus. Ein paar nette historische Orte möchten schon sein! Die Auswahl ist aber eher bescheiden. Unweit von Ustronie Morskie gibt es die aktuell ältesten Eichen Polens, jedoch keinen Parkplatz am bequemsten Zugang. „Am besten mit dem Fahrrad zu erreichen! Wir können euch welche ausleihen!“, meinte der Portier im Hotel. Mich interessierte dann eher der Ort Rusowo, welchen ich vorher nie auf dem Radar hatte.

Ustronie

Einen einst schönen Lenné-Park hat man hier verkommen lassen. An der alten evangelischen Kirche gibt es ein Grab aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert, zentral im Ort die Reste des Schlosses und einen alten Wasserturm sowie am Rande der Siedlung die Ruine eines Aussichtsturms, welcher aber durch die Mächte der Natur aktuell nicht erreichbar ist. Der Ort hält einiges an Potenzial bereit, wenn man nur will. Hoffentlich sehe nicht nur ich das so. Touristisch wesentlich besser aufbereitet wurden die polnischen Bunker am östlichen Ende von Ustronie Morskie. Ein Tafel klärt über die Standorte der einzelnen Objekte und die einstige Funktion auf. Man kann sich also hier auch eine Woche im Winter und ohne Fußball-Ramba-Zamba beschäftigen.

Ustronie

Am Freitag checkten wir pünktlich aus und verbrachten noch den Tag im Ort und machten noch an einer Brotmanufaktur einen kurzen Halt. Die Preise für Brot und Kwas Chlebowe (wie Malzbier, nur leckerer) waren ziemlich sportlich. Eine 0,33er-Flasche kostete 12 zł. Touristenzuschlag. Anders ist der Preis nicht zu erklären! Der Hotdog bei Orlen in Płoty war wesentlich billiger. Auch hier kam ich wieder an alten Erinnerungsorten vorbei. Hier das Stadion von Polonia, da die angesprochene Tanke, an der man eigentlich bei jeder Tour anhielt.

Ustronie

Durch Płoty zog sich immer auf beiden Seiten eine ununterbrochene Kette an Autos, die nur durch die Ampel im Ort kurzzeitig auseinandergerissen wurde. Durch den Bau der polnischen Ostsee-Schnellstraße wirkt der Ort jetzt ziemlich ausgestorben. Ihr hört es schon! Um zurück nach Poznań zu kommen wählten wir den längeren Weg, der nur über Schnellstraße und Autobahn führte. Zeiteinsparung 0, Kosten höher, aber ungemein entspannt im Dunkeln! Das ist unbezahlbar!

Ustronie

Fotos: Michael

Reiseart
  • Aktivreise
  • Städtereise
Reiseziel

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