Corona: Sommerurlaub findet statt. Aber um welchen Preis?

Corona: Sommerurlaub findet statt. Aber um welchen Preis?

 
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Der Deutsche Reiseverband mitsamt seinen Reiseveranstaltern jubelt: Die Aussichten die gebuchten Reisen in den deutschen Sommerferien stattfinden zu lassen sehen aktuell sehr gut aus. Das Auswärtige Amt plant pünktlich zum Beginn der Feriensaison die weltweite Reisewarnung Mitte Juni 2020 aufzuheben und nur auf bestimmte Länder oder Regionen zu beschränken. Dies ist für die Reiseveranstalter der Indikator und der Freifahrtschein die gebuchten Reisen stattfinden zu lassen und damit wieder Geld zu verdienen anstatt es an die Kunden zurückzuzahlen oder ihnen irgendwelche Gutscheine aufschwatzen zu müssen.

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Und die zahlenden Kunden? Ja wir sind nach langen Home-Office Monaten mehr als urlaubsreif, aber ist so ein lange angesparter Urlaub unter Restriktionen erholsam? An die Sorgen und Fragen der Kunden denkt keiner, Hauptsache der Rubel rollt wieder. Das sieht man nirgendwo so deutlich wie wenn man einen Blick in die Zeitung oder auf die Internetseiten der Medien wirft. Es gibt kaum einen Artikel der sich mit der Sicht der Kunden auf den bevorstehenden Sommerurlaub beschäftigt, sondern fast nur Veröffentlichungen die der Lobbyarbeit der Reiseunternehmen folgt und deren Jubel in Buchstaben und Wörter gießt. Sogar die gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Medien (ARD und ZDF) stimmen in die Lobeshymnen ein: „Hier ist Sommerurlaub möglich“, „Sommerurlaub trotz Corona“, „Mallorca, Kanaren, Italien, Griechenland: Urlaubsziele starten“ oder „erste Urlaubsflieger heben im Juni ab“. Eigentlich sind das Werbeartikel („Sponsored Posts“) für die Reiselobby und müssten gekennzeichnet werden (machen wir ja auch).

Es ist schon ein starkes journalistisches Stück, das dieser Prozess überhaupt nicht hinterfragt wird und im Gegenteil die Protagonisten der Reisebranche noch mit ihren grenzwertigen Aussagen abgefeiert werden. So meinte vor ein paar Wochen der Vorsitzende der Geschäftsführung von TUI Deutschland Marek Andryszak in einem Interview, dass die Kunden das Urlaubsgeld doch eh verplant hätten ob die Reise nun stattfinden würde oder nicht. Ganz im Sinne des eigenen Unternehmens gedacht, genauso wie das Argument des Hauptgeschäftsführers des Deutschen Reiseverbands (DRV) Dirk Inger gegenüber der FAZ vor ein paar Tagen. So hätte der kommende Urlaub doch nur Vorzüge, denn wenn weniger Menschen zu den beliebten Reise-Hotspots fahren, so würden diese auch nicht überlaufen sein und für den Urlauber ein „Komfortgewinn“ bedeuten, da sich das Personal um weniger Gäste kümmern müsste.

Komfortgewinn mit dem eh verplanten Geld? Geht´s noch? Eine Reise anzutreten, die man unter diesen Umständen eigentlich gar nicht will. Viele Stunden einkaserniert in einen Flieger mit Gesichtsmasken auf, um in eine Ferienanlage deportiert zu werden, die man nicht verlassen darf, die gebuchten Leistungen aufgrund der berechtigten Corona-Restriktionen nicht nutzen kann und einen Strand den man vielleicht nur zu bestimmten Uhrzeiten sieht. Aber mehr Personal für weniger Urlauber? Das glaubt aber auch nur Herr Inger vom DRV. Diesen Luxus leisten sich Hotelbetreiber oder Unternehmen wie TUI nicht, die nicht einmal in der Lage sind ihre Kunden (hier am Beispiel TUI) irgendwie und sei es mit einer Standardmail vorab zu informieren und auch den Datenschutz nicht so eng nehmen, bzw. die eigenen Daten nicht im Griff haben:

Laut Datenschutzgesetz dürfen Unternehmen die Daten von Kunden nur so lange vorhalten bis der Abrechnungsprozess abgeschlossen ist. In der Regel maximal aber sieben Jahre, was schon eine enorme Zeit ist. Scheint aber große Unternehmen wie die TUI nicht zu scheren. So hielt das Unternehmen in einem Fall Daten (aus einer Buchung über ein Reisebüro nicht über das TUI Online Portal) seit über zehn Jahren vor ohne diese zu löschen. Dies kam durch einen Zufall heraus: Nach einer Buchung einer TUI-Reise über einen anderen Onlineanbieter (Holidaycheck) nutzte das TUI System nicht die richtigen übertragenen Adressdaten in Verbindung mit der Kontonummer, sondern änderte diese automatisch in alte nicht mehr existierende Adressdaten, die in Verbindung mit der Bankverbindung standen. Diese alten Adressdaten wurden dann auf die Reisebestätigung gedruckt ohne Änderungsmöglichkeiten, da sich der TUI-Support quer stellte und diese nicht ändern wollte und immer wieder zurück an das Online Reisebüro Holidaycheck (großes Lob an dieser Stelle für den einwandfreien Support) verwies. Der Anbieter hatte aber mit dem Datenschutz-Fauxpas der TUI gar nichts zu tun. Erst der Kontakt mit der Datenschutzabteilung der TUI brachte Bewegung ins Spiel und die Adressdaten wurden am Ende nach langem Mailverkehr noch geändert.

Da fragt man sich: Wenn es bei solchen eigentlich selbstverständlichen gesetzlichen Vorschriften schon hapert, wie kann dann ein Reiseunternehmen professionell geführt werden? Ein paar Monate offline und schon steht das Unternehmen am Abgrund und dazu noch eine Kommunikationsstrategie die nicht auf den Kunden, sondern nur auf das eigene Geschäfts ausgelegt ist. So schicken die Reiseveranstalter (Stand heute da nichts Gegenteiliges gehört) lieber Familien mit kleinen Kindern in einen Urlaub voller Repressalien und Unsicherheiten, obwohl diese gar nicht fahren wollen, aber anscheinend müssen damit sie ihr Geld nicht verlieren. Lösungen? Gibt es von den Reiseveranstaltern nicht. Gutscheine und Umbuchungen als Ideen? Wäre eine Möglichkeit, wenn da nicht der Preisaufschlag wäre. Ein Kurzvergleich: Gleiches Reiseziel gleiche Ferienzeit im kommenden Jahr: mindestens 20 Prozent teurer. Kreativ werden sollte die Reisebranche und den Urlaubern die fahren möchten die Reisen schmackhaft machen, andere die nicht wollen sollten zu Hause bleiben dürfen und ihr Geld zurück erhalten. Aber da ist bedeutet kommunikative und kreative Vorabeit. Daran hapert es und es ist ja nicht im Sinne des eigenen Geschäfts.

Fazit: Ja der Sommerurlaub 2020 wird stattfinden, aber der Preis ist Profit statt Verantwortung!

Und jetzt Ihr: Hand aufs urlaubsreife Herz. Wer hat Lust in dieser Zeit unter diesen Umständen zu reisen? Ist das ein Urlaub den ihr Euch vorstellt?

Reisenews:
Reisekritik

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