Rund 100.000 Menschen demonstrieren vor gut zwei Monaten in Berlin gegen die Atompolitik der Bundesregierung, 6.000 waren bei einer Hartz IV Demo in der Haupstadt dabei und ähnlich viele bei einer Fandemo für mehr Rechte von Fußballfans. 50.000 stemmten sich gegen den Castor am vergangenen Wochenende im Wendland und fast jede Woche tausende gegen den Neubau des Stuttgarter Bahnhofs. Die Deutschen sind wieder demonstrationsfähig.
Demonstriert wurde in Deutschland schon immer. In den 1990er Jahren nach der Wiedervereinigung kehrte aber langsam eine gewisse Müdigkeit ein und holte kaum einem mehr vom Sofa. Mit Beginn des neuen Jahrtausends nahm der Demonstrationswille wieder Fahrt auf, bis zum derzeitigen Höhepunkt, was nicht zuletzt der allgemeinen unzufriedenen Gesellschaft und der Wirtschaftslage geschuldet ist.
Nach den großen Demonstrationen gegen den Irakkrieg Anfang 2003 und anlässlich des G8-Gipfels in Heiligendamm 2007, findet nun schon fast im monatlichen Rhythmus irgendwo in Deutschland eine Großdemonstration statt und das nicht ohne Grund. Da dem mündigen Bürgern auf Bundesebene das Instrument des Volksentscheides fehlt, muss er auf anderen Weg seine Meinung kundtun – und das mit Erfolg.
Denn ohne das große Durchhaltevermögen einiger Aktivisten, wäre aus dem Politikum Stuttgart 21 nicht das geworden was es jetzt ist. Setzten sich Anfangs nur wenige hundert Gegner zur Wehr, sind es jetzt tausende und damit so viele, das die Entscheider nicht mehr wegschauen können und inzwischen das eigeliche lokale Projekt bundesweit auf dem Diskussionsplan steht. Auch ein Castor-Transport wäre etwas Alltägliches, wenn nicht das Wendland aus jeder Überführung in das Zwischenlager Gorleben ein für den Staat kostspieliges Großereignis machen würde.
Demos sind wichtig, Demos bewegen etwas und gerade in Deutschland wo, anders als in anderen Ländern, die Meinungsfreiheit fest verwurzelt ist, sollte jeder die Chance nutzen seine Meinung kund zu tun und dem Motto: „Wir sind Demo“ folgen.