Mit der schlagkräftigen Überschrift „Schurkenstück beim Wettriesen ‚bwin’“ teilte das zur WAZ-Mediengruppe gehörende Online-Magazin „DerWesten.de“ am 23. September ordentlich gegen das Internetwettportal aus. Zu Recht? Vielleicht. Aber vielleicht sollte auch die WAZ einmal vor ihrer eigenen Türe kehren, bevor das Thema als Bumerang zurück kommt, meinen wir. Denn nach unseren persönlichen Erfahrungen ist auch die Direktmarketing-Taktik ds Medienkonzerns nicht immer ganz blütenrein.
In seinem Artikel meint Autor Klaus Brandt einen dreisten Datenskandal auf der Spur zu sein und lässt dabei sogar die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte diesen kritisieren. Dem ironisch geformten Artikel des „Enthüllungsjournalisten“ zufolge werden „Zehntausende bwin-Kundenadressen in der Lotto- und Glücksspielszene frei zum Kauf angeboten“. Schuld soll die in Troisdorf sitzende Hermes Direkt GmbH sein, die von bwin Briefkuverts mit „echten“ Adressen erhalten haben soll und diese nun anbietet. Wenn dem so ist, ist dies natürlich ein weiterer dreister Fall von Datenmissbrauch und wird nicht der einzige bleiben.
Deshalb ist es wichtig, das es Journalisten gibt, die solche Fälle aufdecken und so vor betrügerischen Machenschaften warnen. Noch wichtiger ist es aber hintergründiger zu dem Thema zu recherchieren und dann zu berichten. Es ist natürlich verständlich, das Herr Brandt nicht tiefer auf das Thema eingeht und schon gar nicht auf auf die Methoden der Adressen-Akquirierung im eigenen Haus: Denn wer kritisiert schon seinen Arbeitgeber und riskiert somit seinen Lebensunterhalt? Denn auch die WAZ fährt nicht immer die saubere Datentour. Es ist halt immer eine Sache von Angebot und Nachfrage, bei dem das Opfer (demjenigen dem die Daten gehören) nicht mitspielen darf.
So erhielt eine Redaktionskollegin am 7. September 2010 von der Abo-Abteilung der zur WAZ gehörenden NRZ, die sie noch nie gelesen geschweige denn abonniert hatte, eine an sie persönliche adressierten Brief, der sich als dreistes Werbeschreiben entpuppte. Darin sollte mit „goldenen“ Worten unserer Kollegin ein Abo der Zeitung aufgeschwatzt werden. Da nie Daten an die WAZ oder andere Tochtergesellschaften weitergegeben wurden, strengten wir eigenen Recherchen an und informierten auch die Direktmarketing-Abteilung des Medienunternehmen. Siehe da, die Antworten kamen postwendend: Die WAZ hatte die „fehlerhafte“ Adresse von einem Adresshändler erworben, der diese wiederum von einem Buchclub abgegriffen hatte.
Klar ist die Direktmarketing-Branche hart umkämpft. Adressen werden Land auf Land ab gehandelt. An sich kein Problem, solange der Adressat dafür seine Zustimmung gegeben hat. Dies ist leider nicht immer der Fall und dann wird es dubios. Deshalb: Bevor über die Fehler anderer geurteilt wird, sollte am Besten auch vor der eigenen Haustür gekehrt werden.