Ein Hauch von Herbst 1989: Montagsdemo gegen die neuen Berliner Flugrouten

Montagsdemo„Wer glaubt, dass Volksvertreter das Volk vertreten, der glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten!“ Dies war eine der Kernaussagen des Abends. Und weil dem so ist, oder zumindest zahlreiche Bürger das Gefühl haben, dass dem so sei, versammelten sich am gestrigen Abend wieder hunderte Menschen auf dem Marktplatz von Berlin-Friedrichshagen und protestierten gegen die geplanten Flugrouten über den Müggelsee. Bei winterlichen Temperaturen fand auch die 21. Montagsdemo, die von der Friedrichshagener BürgerInitiative – kurz FBI – veranstaltet wurde, recht guten Anklang. Wirklich kalt wurde jedoch niemanden, denn das Programm wärmte durchaus auf.

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Von 19 bis 20 Uhr kamen verschiedene Redner zu Wort und verkündeten die Neuigkeiten in Sachen Großflughafen Berlin-Schönefeld und Flugrouten. Waren die Routen über den Müggelsee und die Köpfe der Friedrichshagener, Waldesruher, Hoppegartener und Neuenhagener hinweg bereits länger geplant als verkündet wurde? Ein abgekartetes Spiel? Die Region rings um den Müggelsee – eine von der Politik aufgegebene Region? Nun erst recht, ließen die Redner verlauten. Man wolle den Politikern keine ruhige Minute mehr lassen. Kampf bis zuletzt. Notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof. Und die Bürger würden zudem weiterhin auf die Straße gehen. Egal, ob bei null Grad und 25 Grad minus.

altWie im Herbst 1989 findet derzeit die Bürgerbewegung Unterschlupf in der Kirche. So findet das Bürgerkonvent am Montag, den 28. November 2011 ab 19 Uhr in der Christophorus-Kirche gegenüber des Friedrichshagener Marktplatzes statt. Neben den traditionellen Programmpunkten wird es eine offene Podiumsdiskussion mit verschiedenen Gästen geben. Zuvor wird es am Donnerstag, den 24.11.2011 ab 18 Uhr im Rathaus-Saal von Woltersdorf eine öffentliche Informations- und Diskussionsveranstaltung über den neuen Großflughafen Willy Brandt geben. Der Woltersdorfer Bürgermeister Herr Dr. Vogel lädt alle Bürger ein. Zu Gast wird der Staatssekretär Brettschneider sein. Dass es ein heißer Abend sein wird, liegt auf der Hand. „Stellen Sie Ihre Fragen!!“, steht auf dem Info-Blatt fett geschrieben.

Die Berliner Politik sei einfach nicht zufrieden, wenn der Berliner Flughafen auf einer Höhe mit Düsseldorf und Stuttgart liege, so ein Redner. Nein, man wolle einen Großflughafen wie Frankfurt und München. Dabei sei anfangs der Berliner Flughafen als Sekundärflughafen ohne Drehkreuzfunktion geplant gewesen. Von der Politik fühle man sich hintergangen. Von der Deutschen Flugsicherung (DFS) fühle man sich getäuscht. Stellungnahmen? Gebe es nicht. Nun wurde Beschwerde eingereicht.
Die auf dem Marktplatz ausharrenden Bürger applaudierten. „Politik wird nicht gewählt, damit sie ihre Bürger quält!“ Mit diesem Aufruf wurden die Zuhörer noch mehr erwärmt. Es folgte der Chor: „Jetzt genug mit dem Unfug! Lug und Trug und Überflug!“ Und noch einmal. Beim letzten Mal soll der Chor bis zum Bahnhof zu hören gewesen sein. Dieses Mal wohl eher nicht. Kein Wunder, waren viele Bürger der Region bereits am Samstag bei der Großdemonstration in Berlin auf den Beinen gewesen. Schätzungsweise 12.000 Menschen hatten sich auf der bundesweiten Veranstaltung Luft gemacht und Gehör verschafft. Vor Ort war auch eine Delegation aus Frankfurt / Main. Nach Möglichkeit werden im Gegenzug am 04. Februar 2012 auch Berliner Bürger zur Demonstration im Main-Gebiet anreisen.

BürgerMahnende Worte auf der Bühne. Es gehe nicht nur um Schönefeld. Es gehe auch um die Verkehrspolitik im Allgemeinen. Um Lobbyismus, Bürgerhintergehung und Fehlplanungen. Zudem solle sich die Umweltbewegung der Sache mehr annehmen. Schließlich überhole in Sachen Klimaerwärmung die Realität sämtliche Prognosen. Ausbau des Flugverkehrs? Bahn- und Güterverkehr seien die besseren Alternativen. Die neuen Flugrouten seien zudem nicht nur ein Problem der Region, vielmehr gehen sie alle Bürger etwas an. Ab einer bestimmten Höhe würden die Flugzeuge über Gesamtberlin kreisen. Luftverkehr in der innerstädtischen Umweltzone? Eine Farce!

Zum Abschluss der gestrigen Montagsdemo gab es einen Trailer zu sehen. Die gesamte Dokumentation ist auf einer DVD erhältlich. Interessiert schauten die Anwesenden auf die kleine Leinwand. Musik, eine markante Sprecherstimme. Bilder vom Müggelsee. 122 geplante Flüge über den Müggelsee seien erst der Anfang. Schönefeld – der richtige Standort? Saurer Regen, hunderte Tonnen Ruß über der Region. Flugzeuge nur wenige hundert Meter über Bohnsdorf. 50.000 betroffene Menschen in der Region. In Erkner, Friedrichshagen, Hoppegarten, Neuenhagen, Waldesruh. In größerer Umgebung sogar weitaus mehr betroffene Bürger. Die Gründe der Routen sollen hinterfragt werden. Applaus von den Demonstranten. In der Tat: Der Trailer ist nicht übel gemacht. Davon sind auch die Besitzer des Kinos Union überzeugt. Sie zeigen nun vor jeder 20-Uhr-Vorstellung diesen Trailer vor dem Hauptfilm, so dass möglichst viele Menschen auf das Problem aufmerksam gemacht werden.

> zur turus-Fotostrecken: Demos gegen Flugrouten & BBI / BER

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