Brasilien- und Bolivien-Tagebuch von Flo

flo schrieb: So stelle ich mir die Brasilianerin vor, vor der alle warnen. Wenn man sie in die Schweiz "importiert", heiratet und sie beginnt, den lieben langen Tag vor der Glotze zu verbringen und alt und fett zu werden...

Oh oh! :roll: :roll: :roll:
Und wat passierte dann?
Hat sie bis morgens geguckt?

:wink:

29. Dezember
Aber nein... Spaeter kommen Nachrichten, die sie nicht sehen will. Die Schlagzeilen sind wenig viel versprechend und so schalte ich die Kiste aus. Sie dreht sich weg, schlaeft ein und beansprucht fuer sich effektiv das gesamte Doppelbett. Als ich am Morgen (auf dem kleinen Bett in der anderen Ecke) aufwache, ist sie wieder am glotzen...
Wir ziehen um in das andere Zimmer. Es ist riesengross, mit Aussicht auf die Strasse (Dreckpiste zum Strand) und ein bisschen Meer (hinter Palmen und Bueschen). Doch noch fehlt ein Stuhl (fuer meine Kleider), ein Abfalleimer (fuers Toilettenpapier), ein Spiegel (fuer meine Prinzessin) und ein Fernseher (ebenfalls fuer meine Prinzessin).
Die Luxuswoche hat begonnen. Ich schaue mich um und stelle fest: Es ist das beste Zimmer der ganzen Anlage. Keine Ahnung, warum ich hier einquartiert wurde. Wegen Mikaely? Weil ihre Chefin, die Patrona gut kennt? Oder weil ich den Preis nicht runtergehandelt hab? Egal. Cooles Zimmer. Mikaely raucht am Fenster und ich umarme ihren Bauch. Sie gibt sich, wie meistens, sehr verschlossen. In der Schweiz wuerde ihr Verhalten heissen: Lass mich in Ruhe. Hier nicht, antwortet sie, ich solle nur machen (Hmm, ich muss noch viel lernen). Wir verbringen den Nachmittag im neuen Bett. Es quietscht furchtbar.
Ab 16 Uhr bis ca. 22 Uhr muss sie arbeiten, wie immer. Fuer morgen und uebermorgen buche ich gefuehrte Exkursionen. Am 2. Januar geht die Reise weiter. Wohin? Lençois mit Zwischenstopp in Cachoeira? Oder ueber Salvador nach Maceio und dann nach Olinda? Hat jemand einen heissen Tip?
Mikaely kommt um 23 Uhr, um Mitternacht habe sie mit ihrer Freundin Bel abgemacht. Bel ist nicht am abgemachten Ort. Mikaely haengt sich an eine Wand, verschraenkt die Arme und wartet konzentriert und still. Sitzgelegenheiten gibts hier keine. Doch sie will nicht weg und bleibt knallhart. Warten gehoert hier wohl einfach dazu. Gewohnheit. Nationalsport. Wir suchen ihre Freundin spaeter erfolglos in der Touristenmeile und gehen nach Hause. Was mir fauler Sack ganz recht ist. Schliesslich muss ich morgens frueh aufstehen (um 8 Uhr).

30. Dezember Tag
Die heutige Exkursion heisst "Prainha". Der Strand soll zu den 10 schoensten Brasiliens gehoeren. Er liegt in ca. 50 Minuten Laufdistanz vom Dorf. Ich bin noch nciht richtig wach, da sind wir schon da.
Der Strand ist wirklich huebsch, leicht abgerundet, ca. 1 Kilometer lang und umgeben von Palmenwald. Es hat jede Menge Surfer in den Wellen und es kommen immer mehr sich in Gruppen an der Sonne raekelnde huebsche Brasilianerinnen (Maenner gibts natuerlich auch, aber die interessieren mich halt weniger).
In Sachen Schoenheit ziehe ich die entweder grazilen oder ueppig ausgestatteten "morenas" und "negras" eindeutig den "brancas" vor (viele Touris kommen aus den Industriezentren im Sueden Brasiliens und haben fast so helle Haut wie ich, dazu dunkles Haar und helle Augen). Und ich frage mich ein weiteres Mal, wie frau so unglaublich wohlgeformte Hinterteile hinkriegt.
Ansonsten bin ich heute mit den Gedanken woanders: bei Mikaley und auch ein bisschen Wehmut nach dem Winter rund Schnee. Ich weiss sogar warum: Ich hab wenig neue Leute kennengelernt in letzter Zeit. Die Idee war mal, mit jemanden zu treffen und zusammen weiterzureisen. Davon bin ich weit entfernt. Was ja nicht unbedingt schlecht sein muss.
Um halb zwei gehts zurueck. Die weiteren Attraktionen (kleine breite Wasserfaelle, Erlebnispfad, Aussichtspunkte), passieren wir ohne weitere Beachtung. Ich stelle fest: Der Weg zum Prainha kann ohne Bedenken alleine zurueckgelegt werden. Es geht zwar steil rauf und runter, aber es ist laengst nicht so weit, kompliziert und anstrengend, wie ich dachte. Auch die weiteren Attraktionen liegen mehr oder weniger direkt am Weg und koennen leicht gefunden werden.
30. Dezember
Immer wieder lustig (oder je nach Laune total nervig): Die Suche nach dem Wechselgeld: Ich will das Internet bezahlen, doch habe nur einen 50 Real-Schein. Das Maedchen kann natuerlich nicht rausgeben. Die Pousada darunter auch nicht. Ich eile zum nahegelegenen Cafe. Hier klappts. Juhui. Sie geben mir 5 x 10 Real. Das Internet kostet 7 Real (R$ 5 die Stunde), doch die 3 Real auf 10 kriegt sie ebenfalls nicht hin. Sie wuerde mir den fehlenden Real gutschreiben. Zum Glueck ist noch eine andere Frau im Internet. Sie zahlt einen Real im voraus. Damit ist eine einzige Bezahlung abgeschlossen.
Itacare ist voll geworden. Auf der Strasse draengen sich die Leute. Es ist laut. Aus jeder Ecke dringt Musik. Autos sind mit wummernden Boxen und den immergleichen Melodien unterwegs. "tirit-Bum-bum, tirit-bum-bum". Schlafen ist folglich schwierig.

Wie lange bin ich schon unterwegs? Wieveil Geld hab ich noch? Welcher Wochentag ist heute?
Aehhm.. Keine Ahnung. Aber ich weiss: Morgen ist Neujahr! Feliz ano novo ao todos!

An dieser Stelle moechte ich mich fuer die Moeglichkeit bedanken, hier Tagebuch schreiben zu koennen. Mir machts Spass. Ich hoffe, bis jetzt ist es mir gelungen, den Reisealltag zu schlidern. Manchmal bin ich wohl zu negativ. Seit dem Kranksein in Rio gehts mir ziemlich gut bis optimal.
Aus den Kommentaren ersehe ich, dass sich "da draussen" eine gewisse interessierte Leserschaft gebildet hat. Cool. Freue auf weitere Anmerkungen, Kritik, Lob etc...

Mein guter Vorsatz 2006 zum Reisen heisst uebrigens: Mehr Reisen, weniger Frauen.
Weitere Wuensche bitte anbringen....

flo schrieb: Mein guter Vorsatz 2006 zum Reisen heisst uebrigens: Mehr Reisen, weniger Frauen.
Weitere Wuensche bitte anbringen....

Hallo flo!
obwohl ich mich bisher noch nicht zu wort gemolden habe, gehöre auch ich zur interessierten leserschaft deines tagebuchs. danke!
ich war bisher noch nie in brasilien, möchte aber unbedingt irgendwann mal da hin. daher kann ich deinen vorsatz fürs neue jahr nur loben nein im ernst, gerne würde ich noch etwas mehr über die von dir gesehenen landschaften, sehenswürdigkeiten und so weiter erfahren. ansonsten: weiter so!

wünsch dir alles gute fürs neue jahr!
Beschamin

War echt Spitze floh! Ich kann mich voll mit dir identifizieren und vieles hab ich auch so erlebt. Vorallem dieses Geld. Wenn sie nachher mit irgendeiner Geschichte kommen, warum sie jetzt Geld haben müssen. Was ist da der Unterschied zu einer Prostituierten? Wobei du einer Brasilianerin ja nicht Prostituierte sagen darfst, weil das sind sie nicht, weil sie entscheiden, mit wem sie mitgehen...Zum Essen einladen, gerne, etc.,,

Es ist immer so: Wenn du herumreist, überkommt dich die Sehnsucht nach einer Frau, wenn du eine hast, sehnst du dich danacn, einfach draufloszureisen und wenn du mit einer Frau reist, nach Freiheit. Was für ein Dilemma!

Morro de Sao Paulo. Hast du dort auch die Wanderung zum Wasserfall gemacht? Es stellte ich eher als Wasserfällchen raus. Ich traf dort einen Österreicher mit seiner hübschen Brasilieira. Ausgewandert. Er erzählte mir, dass die Menschen in MDSP in den drei Sommermonaten den ganzen Cash verdienen und davon den Rest des Jahres leben.

All the best in the new year,
Dein tagebuch erinnert mich an vieles in Brasil,macht spaas zu lesen.
Ja ja mit den Frauen und im allgemeinen die immerwaertige fragen nach geld,daran habe ich mich auch immer aufgeregt,muss aber mit all meiner
erfahrung sagen,das ist hald der drepunkt der Menschen fast ueberall.
Und speziell wir die aus "sogenannten wohlstaendigen laendern" kommen,leben eigentlich damit,ohne das wir es so stark erfassen,und sind dann geschockt wenn wir irgend wo anders sind,und feststellen,das auch im paradies sich alles ums $ dreht.
Ist aber wenn wir ehrlich sind, nur eine nachamung unserer eigenen lebenswerte,die dann speziell in andern kulturen zum teil veraechtliche ausmasse annimmt.Ein langer lernprozess wuerde noetig sein um das zu aendern,allerseits.
Ich auf jeden fall freue mich auf Brasil wie immer,villeicht sehen wir uns dort,werde im Februar Maerz in Rio Fortaleza und Canoa sein.
All the best
your Robby
from Vancouver