× Reiseberichte, Erfahrungen für Reisen nach Lateinamerika, insbesondere Brasilien. Karneval in Rio, Regenwald und Amazonas – der grüne Kontinent steht Euch offen, was interessiert Dich am meisten?

Brasilien- und Bolivien-Tagebuch von Flo

24 Dez 2005 11:48 #2204 von Marco
Bom dia, Flo,

Feliz Natal e Próspero Ano Novo!
Boa sorte no Brasil! Boa viagem!

Saudacoes cordiais de Berlím de

Marco :D D

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26 Dez 2005 22:06 #2217 von flo
Auch von mir, fuer zwischendurch... ein paar nuetzliche Links

www.x-rates.com/d/BRL/CHF/graph120.html (Wechselkurs)
appweb.antt.gov.br/transp/secao ... idades.asp (Busverbindungen)
brasilienfreunde.net/ (Ein anderes Forum)

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26 Dez 2005 22:29 #2218 von flo
18. Dezember
Ich schlafe weit in den Nachmittag hinein. Bin todmuede. Hab die letzten zwei Naechte ja so gut wie nichts geschlafen.
Marianne (die Frau von letzter Nacht) winkt mir am Strand. Wir laufen ueber die Steine und verabreden uns fuer morgen Mittag um zwoelf. Es ist mir eigentlich zu frueh, haette lieber mehr Zeit zum Nachdenken, aber was Besseres fiel mir nicht ein.
Am zweiten Strand (dem Touristenstrand mit vielen Liegestuehlen; keine 2 Minuten von der Pousada entfernt) treffe ich zwei huebsche junge Schottinnen. Ich komme mit ihnen ins Gespraech, weil sie mit dem Typen rumhaengen, der gestern auch mit uns an die Party kam. Wir laufen zusammen bis zum 4. Strand und zurueck. Sie sind 10 Monate auf Weltreise. Doch outen sie sich nicht als Backbacker mit gehobenen Anspruechen. Find ich cool, genauso wuerd ich mich auch etwa einordnen.
Am Abend gehen wir zusammen und den Portugiesen essen. Wir haben in den Gaesschen hinter der Touristenwegen am Strand guenstige Restaurants gefunden. R$ 6 das Menu mit Fleisch und den ueblichen Saettigungsbeilagen Reis, schwarzen Bohnen und Salat. In den unzaehligen Restaurants nahe des Strandes sind die Preise ja teilweise exorbitant.
Spaeter gehen wir gemuetlich Kaffee trinken. Das Meer zieht sich weit zurueck, die Sterne funkeln und es ist wie immer genuegend warm fuer ein T-Shirt. Es herrscht gute, ruhige, romantische Stimmung. Alle sind muede. Trotzdem bleiben wir bis Mitternacht am Strand, spielen im Sand, ueben Capoeira und quatschen ueber Gott und die Welt. Teilweise in Englisch, teilweise Portugisiesch.

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26 Dez 2005 22:55 #2219 von flo
19. Dezember
Den Nachmittag verbringe ich zusammen mit den Porto-Jungs und den Schottisch-maedels am Strand. Wir saufen guenstiges Buechsen-Bier vom Minimarkt und braten uns in der Sonne. Lassen es uns gut gehen. Entspannen. Runter kommen von all dem "Stress" der letzten Tage. Es ist das erste Mal, wo ich einfach nur saufend am Strand liege. Morro de Sao paulo bietet die ferienstimmung, die am Anfang meiner Reise fehlte.
Der Schotte von salvador ist auch hier. Juhui. Doch hat er einen unsympathischen Kollegen dabei. Er wird morgen in unsere Pousada umziehen.
Am Abend gehe ich zu Mariana. Ich bringe Kerzen, Bier und Kondome. Sie hat fuer mich Fisch gekocht. Wie fein. Wir essen am Boden vor ihrem Bett. Ihr Appartment hat 3 kleine, abgeschlossene Raueme. Es gibt einen mittelgrossen Fernseher, einen Marken-DVD-Player (der die Haelfte der CDs nicht abspielen will), einen mit Fruechten gefuellten grossen Kuehlschrank, einen recht neuen Gasherd, fliessend Wasser... im anderen Raum gibts ein Bett, ein Bild. Sonst nichts. Auf einer baraehnlichen Ablage, die "Kueche" vom "Wohnzimmer" trennt (viel zu klein um das so definieren zu koenne), liegen noch mehr Fruechte, vor allem Straueche winziger Bananen. Sie arbeite in einer Barraca, doch gabs ein Problem und jetzt ist sie 5 Tage ohne Arbeit. Der Betonboden hat Loecher und vom Anstrich ist nur noch die Haelfte uebrig. Auch die nackten Waende haben schon bessere Zeiten geshen. Es ist das bisher beschissenste Appartment, das ich gesehen habe. Doch habe sie noch ein anderes Haus, von dem ich glaube, das es bestimmt edler daherkommt.
Spaeter gehn wir zu zweit an ein Fest am nahen Touristrand. Doch die Stimmung ist schwach. Meine Freunde sitzen ausserhalb im Sand und sind derart in Gespraeche vertieft, dass ich sie kaum erreiche.

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27 Dez 2005 22:29 #2230 von flo
20. Dezember
Die Portugiesen verlassen heute die Insel. Ich brauch eine neue Pousada. Der eine Typ vom Samstag arbeitet in der Pousada der Schottinnen. Er hilft mir bei der Suche. Mit Guia/Scout (selber nennen sie sich amigos) bezahlt man am meisten, billiger kommt es alleine (je nach Portugiesisch-Kenntnissen) und noch besser ist es mit einem unabhaengigen ortskundigen Kollegen ohne finanzielle Interessen. Eigentlich moechte ich in der Pousada bleiben und das tue ich auch, als der Preis fuer ein Einzelzimmer mit Bad von 40 auf 30 und schliesslich auf R$ 25 runtergeht. Das Nachmittagsprogramm heisst Schlafen, Strand und Internet. Ich lerne zwei nette Maedels aus Rio kennen. Sie geben am Strand Geld aus wie gestoert. Die paar Fritten kosten sie R$ 8, der Liegestuhl R$ 15. Wir verabreden unsd fuer den Abend. Sie sind sympathisch und ich brauche neue Freunde.
Ich laufe Marianna ueber den Weg. Wir gehen zusammen ihrem anderen Haus. Sie hat es an eine Frau vermietet. Die sich dortdrin von einem "Freund" hatte ausrauben lassen. Die Polizei war gestern bei Marianna, ich habs mitgekriegt. Anscheinend waren sie superfreundlich. Marianna moechte einen neuen Mieter und ich will wissen, wo das Haus liegt. Es ist weit. Wir gelangen an den Anfang der Favelas von Morro de Sao Paulo. Sie hat also wirklich nicht viel mehr, als was ich schon gesehen hab.
Zurueck geht es ueber einen ueber einen Aussichtspunkt mit Blick auf den Strand und die Siedlung davor. Dann gehts steil bergab zu 2ten Strand. Viele Einheimsche kommen uns entgegen. Sie laufen die Strecke taeglich. Arbeiten nahe des Strandes und leben im abgelegenen Armenviertel.
Am Abend gibts Carne do Sol und Sex. No love, just sex, wie ich mich gegenueber den 2 schottischen Maedels ausgedrueckt hab. Doch es ist laengst mehr als ein Abenteuer. Wir sind viel zu oft zusammen. Eher schon wie ein Ehepaar. Doch heute uebernachte ich nicht bei Marianna. Moechte alleine raus. Ausserdem hab ich jetzt ein edles Einzelzimmer.
Die Rio-Girls hab ich verpasst. Ich hocke alleine vor die "Mercaderia matheus", gleich bei der Pousada, und trinke Bier. Spreche mit dem 30 Jahre jungen Besitzer und seiner schwangeren Frau (es ist das vierte Kind.. es ist ein uhr nachts und alle sind noch auf). Das ehepaar ist bereits 14 jahre zusammen. Weltklasse fuer Brasilien. Ich zeige ihnen meine Fotos der Schweiz und das Interesse ist von allen Seiten gross. Das bessert meine Laune.

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27 Dez 2005 23:02 #2231 von flo
21. Dezember
Ich hab zu wenig geschlafen in den letzten Naechte. Sie waren zu "anstrengend". Der wecker schrillt um halb zehn. Fruehstueckszeit. Milchkaffee, Semmeln mit Aufschnittirgendwas und Scheibenkaeseirgendwas, Melone, Ananas, Fruchtsaft. Zuruekc ins Bett. Als ich um drei Uhr nachmittags aus der Pousada rauslaufe, erwartet mich Marianna. Wir gehn zum 4. Strand, der laenger und ruhiger ist als die vorangehenden. Sie schmollt, weil ich morgen oder ubermorgen weggehen moechte. Wie immer spricht sie "de coraçao". Sie kann ihre Meinung innerhalb von einer halben Minute komplett umdrehen. Anstrengend fuer einen kopflastigen Typen wie mich. Danach gehts wieder zu ihrem Haus in der Favela. Wir holen ein kleines, haessliches, unhandliches und schlecht zusammegestecktes Gestell. In der Schweiz wuerd ich sowas maximal als Brennholz verwenden.
In ihrer Wohnung gibts heute Fisch. Ausserdem putzt sie, bevor wir mit Essen beginnen. Ich hock und steh bloss rum. Mehr als fuer 50 centavos "Pimenta" (Chilli) kaufen gehen und den Salat zubereiten traue ich mir hier nicht zu.
Bevor ich gehe, fragt sie um minimal 100 Real fuer einen neuen Tisch. Ich reagiere emotional und sage, ich muesse mir das ueberlegen. Wahrscheinlich waers besser gewesen, ich waer wortlos gegangen.
Fuer den Schotten ist es dem guten zuviel. "It SEEMS like a paradise.." sei sein Mail von heute gewesen. Er will weg von hier. Es ist ihm zu teuer. Vergleicht das land mit den zwei beschissensten Laendern, die er je besucht habe: marokko und Indien. Es gehe nur ums Geld. Sie versuchten, wies immer nur geht, einen Gringo auszusaugen. Indien habe wenigstens eine Entschuldigung, da die Leute so unglaublich arm seien. Doch hier sehe er keinen Grund fuer das aggresive verhalten. Teilweise hat er recht. Doch er zieht meine Stimmung runter. Hab ich das falsche land ausgesucht? Bis jetzt gefaellts mir im allgemeinen gut. Und ich hab (noch) keine Finanzprobleme. Ausserdem spreche ich Portugisiesch, nicht nur spanisch wie er, was wohl notwendig ist, will hier man mit anstaendigen und ehrlichen Leuten in Kontakt kommen. Die 2 Schotten-Maedels, die morgen gehn, tauchen auch noch auf. Wir verlassen unseren Stammplatz vor der Mercaderia um 3.30 Uhr fruehmorgens.

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28 Dez 2005 19:16 #2246 von flo
22. Dezember
Das alltaegliche Ritual: Schlafen, Morgenessen, Schlafen, Frisch machen (vor allem Eincremen), Strand, Internet.
Um fuenf Uhr nachmittags gehe ich zu Marianna. Sie kann ab heute wieder arbeiten. Ich helfe ihr und ihrerer jungeren Mitarbeiterin, die neue Barraca zum Strand zu tragen und sie aufzustellen.
Heute ist ein Abend der Begneungen. Ich geh mit den Rio-Girls Kaffe trinken und wen treffe ich unterwegs? Chris und Susanna, vom Freitag in Salvador. Sie kommen Hand in Hand. Mich verhauts.
Fuer die Rio-Girls spreche ich im kaffee einen Schweden fuer ein gemeinsames Foto an. Mit der einen der beiden, die ihn am Strand als ihren Favoriten auserkoren hatte. Sie hatten mir erklaert: Als Frau gilt es in Brasilien als ueberhaupt nicht angebracht, Maenner anzusprechen. Maenner wuerden sie in dem Fall als Prostituerte ansehen. Reagiert der Mann also nicht auf auffoerdende Blicke, laeuft gar nichts.
Mit Chris und Suzanna gehe ich essen. Er finanziert sie groesstenteils. Genau deswegen hatte er heute den ersten Streit. Vorher habe er wenigstens noch einen Gegenwert gehabt, da sie im Appartment geschlafen haetten, doch jetzt wuerde es einseitig. Mit allen hier das Gleiche, denke ich amusiert. Mir scheint die Sache zwischen ihnen ok. Ob man in Brasilien bezahlt, ist gar nicht die Frage. Nur wieviel... Ausserdem erzaehlen sie mir, wie sie von Angely aus dem Appartmenent rausgeworfen wurden. Sie sei eine Verrueckte. Habe noch nie in ihrem Leben gearbeitet. Koenne kaum Rechnen. Das geschenkte Natel haette sie nicht bedienen koennen. Im Fruehling werde sie fuer Geld in Deutschland heiraten...
Ian, der Schotte, mein "Vater", ist heute besser drauf.
Die Barraca von Marianne ist jaemmerlich. Ein schmaler, langer Tisch. Sonnenschirm, Gluehbirne, ein Mixer und die Fruechte aufgestapelt zur Prasentation. Sie quatscht quasi erfolglos die wenigen vorbeilaufenden Passanten an. Die Geschaefte laufen schlecht. Sie verkauft vielleicht ein, maximal zwei Drinks pro Stunde. Tagesumsatz ca R$30. Nebendran hats noch drei fast identische Staende, weiter vorne reihen sie sich aneinander. Die Sache gibt mir zu denken. Ist das ein Leben?
Ich warte in der Pousada und schaue zum ersten Mal auf der Reise die Tagesnachrichten. Nichts wirklich neues in der Welt. Es beginnt zu regnen. Der Abend ist gelaufen.
Ich uebernachte bei Marianna. Sie kramt ein Heftchen mit kurzen Liebestexten und kitschigen Abbildungen hervor. Ich verstehe wenig, denn es ist kompliziertes, poetisches Portugisiesich. Doch der Schocker ist: Marianna kann kaum lesen. Das Dekodieren der Worter bereitet ihr unglaubliche Muehe. Ich bin mit Vorlesen dreimal schneller (abgesehen das meine Aussprache mangelhaft ist). Es ist meine fuenfte Fremdsprache. Es ist ihre Muttersprache.

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