Maximilian Levy und Kristina Vogel sorgen mit Gold für krönenden Abschluss der Bahn-EM

BM Updated 02 November 2017
Maximilian Levy und Kristina Vogel sorgen mit Gold für krönenden Abschluss der Bahn-EM

So eine internationale Meisterschaft wie die EM 2017 im Berliner Velodrom ist nicht nur für die Sportler eine Mammutveranstaltung. Ein solches Event über mehrere Tage erfordert äußerstes Stehvermögen von allen Beteiligten im gesamten Organisationsstab einschließlich der Medienvertreter, die aktuell kein Rennen verpassen wollen und in diesen Tagen bei dicht gedrängtem Programm nur wenig Schlaf finden. Aber auch sie sind hartgesotten, kennen keine Klagen und werden dafür mit starken Leistungen der Rennfahrer-/innen belohnt. Wenn man am Samstag gegen 24.00 Uhr die Halle verläßt und noch einen längeren Heimweg bis ins Umland vor sich hat, um am Sonntag früh um 10.00 Uhr wieder auf der Matte zu stehen, ist das durchaus eine kleine Energieleistung. 

Den Anfang am Vormittag des Schlusstages machten die Frauen mit der Sprintqualifikation über 200m, die eine sichere Beute für Kristina Vogel aus Deutschland wurde, die mit 10,643 Sekunden ihre Landsmännin Pauline Sophie Grabosch als Zweite mit 10,741 Sekunden hinter sich ließ. Die besten Zwölf erreichten direkt das Achtelfinale, wofür sich vier weitere Fahrerinnen aus einem sogenannten 1/16 Finale ebenfalls qualifizierten. Aus den acht Läufen schafften die beiden Deutschen locker den Einzug ins Viertelfinale ebenso wie die Russinnen Anastasiia Voinova und Daria Shmeleva, Migle Marozaite und Simona Krupeckaite aus Litauen sowie Olena Starikova aus der Ukraine und die Französin Mathilde Gros. Die erneute Medaillenchance für den BDR war damit mehr als gewahrt und man durfte dem Viertelfinale mit Spannung entgegensehen. Hier setzten sich in jeweils zwei Läufen sowohl Kristina Vogel als auch Pauline Sophie Grabosch souverän gegen Olena Starikova und Simona Krupeckaite durch, ebenso schaffte dieses die Französin Mathilde Gros gegen Migle Marozaite, während die beiden Russinnen sich ein äußerst hart umkämpftes Viertelfinale lieferten, das mit Sturz und einem dritten Lauf erst entschieden und von Daria Shmeleva gewonnen wurde.

 Keirin

Auch im Keirin der Männer war die erste Runde mit sechs Läufen angesagt, in denen insgesamt 31 (!) Fahrer ihre Chance suchten. Nur die Sieger kamen zunächst weiter ins Semifinale und das waren die Deutschen Joachim Eilers und Maximilian Levy, der tschechische Titelverteidiger Tomas Babek, der Niederländer Matthijs Buchli, der Russe Shane Alan Perkins und der Franzose Sebastien Vigier, während alle anderen in die Hoffnungsläufe mussten. Auch hier wieder sechs Läufe, aus denen ebenfalls nur die Sieger den Sprung ins Semifinale schafften, das in zwei Läufen mit jeweils äußerst hochkarätigen Sprintern ausgetragen wurde. Im Semifinale gewann dann Tomas Babek vor Andrii Vynokurov und Shane Alan Perkins, wobei Joachim Eilers als Fünfter nur das kleine Finale um Platz 7 erreichte. Mit einigem Glück oder vielleicht auch der nötigen Portion Cleverness wurde Maximilian Levy in seinem Lauf hinter Sebastien Vigier und dem Russen Denis Dmitriev Dritter und zog ins große Finale ein, das er dann mit nahezu sensationeller Fahrweise vor Shane Alan Perkins und Andrii Vynokurov aus der Ukraine gewann und neuer Europameister wurde. Für Joachim Eilers reichte es im kleinen Finale zu Platz zwei und damit wurde er letztlich Achter. „Ein unbeschreiblicher Erfolg für mich nach langer Leidenszeit und eine tolle Entschädigung vor einem sensationellen Heimpublikum“,  gab Maximilian Levy zu Protokoll, dabei bei der Siegerehrung mit den Tränen kämpfend.

 Ireland

Vor dem Start des Madisonrennens der Frauen sprachen wir kurz mit der bereits zweifachen Europameisterin Trine Schmidt aus Dänemark, die sich vor dem Warmfahren auf der Rolle kurz Zeit für uns nahm und dabei einen sehr sympathischen Eindruck hinterließ. Die 29-jährige hat mit zehn Jahren mit dem Radsport begonnen und zwischen 2011 und 2015 eine Pause eingelegt, um eine Ausbildung zur Physiotherapeutin zu vollziehen. Kein anderer Sport war da angesagt, bevor sie wieder zum geliebten Radsport zurückkam und jetzt in einer bestechenden Form hier in Berlin angetreten ist. „Ich bin zwar nicht ungeübt in Madison, aber ich bin mit Amalie Dideriksen erst einmal zusammengefahren und trotzdem rechnen wir uns schon einiges aus. Ein drittes Gold oder überhaupt eine Medaille wäre schon toll“, gab sie zu verstehen. 

GB 

Mit dem Madison der Frauen über 120 Runden begann die Nachmittagsveranstaltung vor 2.780 Besuchern, eine wieder beachtliche Kulisse, die die Gesamtzuschauerzahl der Europameisterschaften auf 9.100 Besucher in die Höhe schnellen ließ. Hinzu kommen noch Ehrengäste und Sponsoren, so dass sich die Veranstalter mit dem Zuschauerzuspruch  mehr als zufrieden zeigten. Die 14 Teams fuhren ein schnelles, kampfbetontes Rennen und bestätigten einmal mehr, dass auch das Madison der Frauen durchaus eine Zukunft haben kann. Spannende Positionskämpfe und Rundengewinne wie -verluste zeigten aber auch recht unterschiedliches Niveau auf, wenngleich man alle Teilnehmerinnen nur beglückwünschen kann für ein bis zum Schluss sehr spannendes Rennen, das die Britinnen Elinor Barker/Eleanor Dickinson mit dem letzten Spurt zu ihren Gunsten vor den überaus stark fahrenden Irinnen Lydia Boylan/Lydia Gurley und den Niederländerinnen Amy Pieters/Kirsten Wild entschieden. Die Irinnen waren die einzigen, die zweimal einen Rundengewinn herausfahren konnten, während Großbritannien, die Niederlande, Italien und Dänemark eine Bahnlänge gutmachten. Die insgeheim erhoffte Medaille für eine der stärksten Athletinnen dieser Tage, der Dänin Trine Schmidt an der Seite von Amalie Dideriksen, kam zwar nicht zustande, aber auch der vierte Platz bei ihrem erst zweiten, gemeinsamen Auftritt zeugte von der Klasse der beiden Däninnen, denen am Ende nur drei Punkte fehlten für Bronze. Für die beiden Deutschen Romy Kasper/Lisa Küllmer blieb der 9. Platz, nachdem sie eine Verlustrunde in Kauf nehmen mussten. Chapeau aber für die Leistung der vom spanischen Ex-Profi David Muntaner betreuten Fahrerinnen aus Irland, die hier sensationell auftrumpften und mit Silber belohnt wurden. „Wir arbeiten sehr hart im Ausdauerbereich und die Erfolge stellen sich langsam ein“, sagte der beim irischen Verband seit 2015 unter Vertag stehende David Muntaner und zeigte sich nicht nur von seinen Frauen, sondern auch von Mark Downey/Felix English beeindruckt, die trotz eines Sturzes ebenfalls ein starkes Madison fuhren und einen guten 7. Platz belegten.  

 Polska

Dieses Rennen über 50 km war ein superschnelles mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 56,092 km/h und wurde von einem Paar gewonnen, das in Berlin eigentlich nicht so geplant war. Die Franzosen mussten verletzungsbedingt auf Morgan Kneisky verzichten, für den Florian Maitre an der Seite des immer stärker werdenden Benjamin Thomas fuhr und einfach genial in die Bresche sprang. Ohne Rundengewinn, aber mit sagenhaften 43 Punkten, die sie in 17 (!) der 20 Wertungen erzielten, waren sie mehr als verdiente, neue Europameister vor den jungen Dänen Niklas Larsen/Casper Pedersen mit 42 Punkten und den überraschend starken Polen Wojciech Pszczolarski/Daniel Staniszewski, die mit 40 Punkten nur einen Zähler mehr auf dem Konto hatten als die Schweizer Claudio Imhof/Tristan Marguet, die mit Platz 4 nur knapp das Podium verpassten. Diese drei Teams waren die einzigen im Feld, die einen Rundengewinn vollziehen konnten, während die Tschechen Jiri Hochmann/Jan Kraus zwei Runden verloren und die Teams aus Weißrussland, Griechenland, Russland und der Ukraine aus dem 18 Mannschaften starken Feld das Rennen vorzeitig beendeten. Für die Deutschen Theo Reinhardt/Kersten Thiele reichte es mit 9 Punkten nur zum 9. Platz, wobei offensichtlich Kersten Thiele keinen guten Tag erwischt hatte. 

 Frankreich

Im Halbfinale im Sprint der Frauen setzten sich dann in zwei Läufen Kristina Vogel gegen Daria Shmeleva relativ klar durch, während Pauline Sophie Grabosch gegen Mathilde Gros einmal mehr im ersten Lauf mit einer sagenhaften Kaltschnäuzigkeit agierte, aber dann den zweiten verlor und im Entscheidungslauf offensichtlich kräftemäßig am Ende war und gegen die Französin den Kürzeren zog. In den Finalläufen um Gold und Bronze waren somit noch zwei Medaillen für den BDR drin, doch es wurde letztlich dann eine durch die überragende Kristina Vogel. Sie war auch von der jungen Französin nicht zu schlagen, siegte in zwei Läufen sehr souverän und unterstrich einmal mehr ihre Ausnahmestellung. „Danke Berlin“, waren ihre ersten Worte nach der Siegerehrung und für die Wahl zur deutschen Sportlerin des Jahres wird es nun einmal langsam Zeit. Um Bronze zog Jungtalent Pauline Sophie Grabosch gegen die Russin Daria Shmeleva klar in zwei Läufen den Kürzeren, aber auch hier Hut ab vor ihrer Leistung, zumal sie eine vielversprechende Zukunft noch vor sich hat.

Vogel 

Der BDR gewann nach verhaltenem Start immerhin 12 Medaillen, darunter fünfmal Gold, viermal Silber und dreimal Bronze, eine Ausbeute, die so nicht erwartet worden war. Man führte somit den Medaillenspiegel vor Frankreich an, die ebenfalls fünfmal Gold holten. Der BDR in Person von Vizepräsident Leistungssport Günter Schabel war sehr zufrieden mit den Leistungen des deutschen Teams, zumal man sich als Ziel vier bis sieben Medaillen gesetzt hatte. Am Ende gab es eigentlich nur strahlende Gesichter beim BDR, zumal auch der viel kritisierte Ausdauerbereich zum Medaillensegen beigetragen hat. Um hier weiterhin Erfolge einfahren zu können, bedarf es aber vor allem im Nachwuchsbereich einer gezielten Förderung, wobei vor allem die Landesverbände in der Pflicht stehen.

Glasgow

Text: Bernd Mülle

Fotos: Arne Mill

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