UCI-Bahn-WM 2017 in Hongkong: Rückblick auf die Auftakt-Wettbewerbe

BM 14 April 2017
UCI-Bahn-WM 2017 in Hongkong: Rückblick auf die Auftakt-Wettbewerbe

Der Auftakt zu den Bahnweltmeisterschaften im fernen Hongkong konnte für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) kaum schlechter verlaufen. Unter den 14 Vierer-Teams der Frauen belegten Charlotte Becker, Franziska Brauße, Tatjana Paller und Gudrun Stock mit indiskutablen 4:36,287 Minuten einen enttäuschenden letzten Platz, dabei nicht weniger als fast 19 (!) Sekunden auf den siegreichen Vierer der US-Amerikanerinnen verlierend. Aber auch die Männer machten es nicht viel besser und erreichten unter 17 Teams – die Kanadier wurden dabei disqualifiziert – nur den 12. Platz in der Besetzung Henning Bommel, Lucas Liss, Theo Reinhardt und Kersten Thiele.

2017

Die dabei erzielte Zeit von 4:03,328 Minuten ist kaum erklärbar und lag schon fast 13 Sekunden hinter den siegreichen Australiern zurück. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass allein sieben Nationen – darunter die im Vierer nur wenig ambitionierten Belgier - unter 4 Minuten fuhren, ist die Leistung des deutschen Vierers einfach nur als blamabel zu bezeichnen. Der Verzicht auf Nils Schomber und Domenic Weinstein oder auch Leif Lampater kann als Ausrede nicht gelten, zumal der Kader für einen guten Vierer eigentlich groß genug ist und auch andere Nationen nicht immer ihre besten Fahrer zur Verfügung haben. Schon jetzt nur den Focus auf die Olympischen Spiele 2020 in Tokio zu richten, wie es Bundestrainer Sven Meyer verkündet hat, ist mehr als fragwürdig und mit einem Leistungssportgedanken kaum zu vereinbaren. Die Briten legen zwar auch größten Wert auf Olympia, hatten aber trotzdem sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern ohne Topbesetzung die nächste Runde im Vierer erreicht.

Die Zeit eines Henning Bommel, jahrelang einer der wichtigsten Fahrer im Vierer, ist nun einmal vorbei und ein Lucas Liss ist nicht unbedingt eine Alternative für die Mannschaftsverfolgung, seine Paradedisziplin ist eher das Scratchrennen, wo er ja im Jahre 2015 den Weltmeistertitel holte. Unabhängig von oben zitierter Aussage macht Sven Meyer durchaus sehr gute Arbeit, aber die Kommunikation mit den Landesverbänden ist derart schwierig, so dass talentierte Fahrer aus dem Nachwuchsbereich zu viel Zeit brauchen, um den Anschluss im Elitebereich herzustellen. Die Ausbildung auf Landesebene ist offenbar nicht einheitlich, da jeder sein eigenes Süppchen zu kochen scheint. Wie es geht, zeigen uns seit Jahren die Briten mit ihrer Konzentration auf den Stützpunkt Manchester, aber auch die Australier bringen seit Jahren immer wieder Spitzenfahrer hervor, die wie Phönix aus der Asche kommend sofort absolute Topleistungen anbieten. 

Rachele

Auch der weitere Verlauf des ersten Tages konnte den BDR kaum zufriedenstellen. Im Scratchrennen der Frauen über 10 km holte sich die Italienerin Rachele Barbieri Gold vor der Britin Elinor Barker und der Belgierin Jolien D’Hoore, die zusammen mit drei weiteren Fahrerinnen einen Rundengewinn herausgefahren hatten. Unter den 22 Teilnehmerinnen war die Deutsche Tatjana Paller die einzige, die das Rennen nicht beendete und damit für eine weitere Ernüchterung im deutschen Lager sorgte. 

Die beiden Teamsprints mit deutschen Medaillenanwärtern verliefen ebenfalls nicht ganz im Sinne des BDR. Zunächst fuhren die Männer in der Besetzung Eric Engler, Robert Förstemann und Max Niederlag mit 44,708 Sekunden eine Zeit, die am Ende in der Qualifikation nur zu Platz 12 unter 16 Teams reichen sollte. Eine derartig schlechte Platzierung hatte es für den BDR in dieser Disziplin bei internationalen Wettkämpfen noch nie gegeben! Damit schieden sie sang- und klanglos aus dem Wettbewerb aus, während sich die Neuseeländer, bereits schnellstes Team in der Qualifikation, auch die Goldmedaille gegen die Niederländer sicherten. Bronze ging an die Franzosen, die die Polen auf den undankbaren vierten Platz verwiesen.

Bronze

Bei den Frauen war die Situation eine ganz andere, als Kristina Vogel und Miriam Welte in der Qualifikation unter 12 Teams mit 32,356 Sekunden die Bestzeit fuhren, die auch im weiteren Verlauf des Wettbewerbs von keinem Team mehr erreicht wurde. Aber nachdem die Deutschen in der 1. Runde gegen Kolumbien siegreich waren, reichte die dort gefahrene Zeit von 32,668 Sekunden nicht, um in das angestrebte Finale um Gold zu gelangen. Bessere Zeiten fuhren Russland mit 32,456 Sekunden gegen die Niederlande und Australien mit 32,570 Sekunden gegen Kanada, so dass diese beiden Nationen den Titel unter sich ausmachen konnten, den dann die Russinnen für sich entschieden. Für Kristina Vogel und Miriam Welte reichte es aber immerhin zur Bronzemedaille, die sie relativ sicher gegen China errangen. Somit retteten die beiden Topathletinnen die Ehre für das doch recht bescheidene Auftreten des BDR am ersten Tag der Weltmeisterschaft.

Text: Bernd Mülle 

Fotos: Arne Mill

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