Ab 14. Oktober 2015 ist die Radrennbahn in Grenchen in der Schweiz für fünf Tage Schauplatz der Bahn-Europameisterschaften, die einen wichtigen Meilenstein für die Olympia-Qualifikation bedeuten. Es werden in 21 Disziplinen die neuen Europameister gekürt und der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) erhofft sich dabei vor allem eine Medaille im Bahnvierer, der seinen letztjährigen Aufwärtstrend bestätigen soll. Die gerade in Frankfurt/Oder bei der Herbstüberprüfung erzielten, zahlreichen persönlichen Bestleistungen in der 4000 Meter Einerverfolgung, insbesondere der neue deutsche Rekord von Domenic Weinstein mit 4:17,417 Minuten, geben entsprechenden Anlass zum Optimismus.
Winterbahnsaison beginnt in Grenchen mit Europameisterschaft
Bundestrainer Sven Meyer hat derzeit die Qual der Wahl, stehen ihm doch mit Weinstein, den Berlinern Henning Bommel, Theo Reinhardt und Maximilian Beyer, ferner Leon Rohde, Nils Schomber, Kersten Thiele und dem neu hinzugekommenen Leif Lampater ausreichend Topfahrer für den Bahnvierer zur Verfügung. Dass Reinhardt und Beyer sowie Lampater bei der Europameisterschaft keine Berücksichtigung für den Vierer finden, verwundert besonders bei Lampater schon ein wenig, zumal der seit zwei Jahren in Topform fahrende Athlet extra wieder in den BDR-Kader zurückgeholt wurde. Nun erhält er nicht mal eine Bewährungschance unter Wettkampfbedingungen, die im Hinblick auf eine eventuelle Olympiateilnahme mehr als notwendig wäre, siehe die Briten Mark Cavendish und Bradley Wiggins, die derzeit fleißig am Sammeln von UCI-Punkten sind. Die Veranstalter der Sechstagerennen, die auf einen Start von Lampater verzichten müssen, werden für derartige Maßnahmen nur wenig Verständnis aufbringen können.
Insgesamt sollte es aber für den BDR noch weitere Medaillen geben, die vielleicht nicht so üppig wie im Vorjahr ausfallen, wo man in Guadeloupe nicht weniger als 13 Medaillen einfahren konnte. Die Sprinter, die mit etwas gedämpften Erwartungen starten und den Weltcup in Cali als ihren ersten Höhepunkt sehen, konzentrieren sich in erster Linie im Hinblick auf Olympia auf den Teamsprint der Männer, wo der in Berlin trainierende Robert Förstemann aus Gera anstelle von Rene Enders als Anfahrer starten wird. Gemeinsam mit Max Niederlag und Maximilian Levy, der auch im Sprint am Start steht, will Förstemann ein optimales Ergebnis in der Schweiz erzielen. Weitere Starter im Kurzzeitbereich sind Joachim Eilers und Maximilian Dörnbach, der zuletzt große Fortschritte gemacht hat.
Im Omnium wird der Scratch-Weltmeister Lucas Liss die deutschen Farben vertreten und auch Roger Kluge wird dabei sein, um im Punkte- und Ausscheidungsfahren für seine dritte Olympia-Teilnahme zu kämpfen.
Die Frauen setzen wieder ihre Hoffnungen im Kurzzeitbereich auf Kristina Vogel und Miriam Welte, die allerdings durch eine Verbrennung zweiten Grades am rechten Fuß gehandicapt sein könnte. Sie hofft aber, bis zu ihrem ersten Start im Teamsprint am 15. Oktober wieder fit zu sein, wobei auch noch der Sprint- und Keirin-Wettbewerb von ihr bestritten werden soll. Im Ausdauerbereich ist Anna Knauer für das Omnium vorgesehen und mit Charlotte Becker ist auch eine Berlinerin im Vierer dabei, die mit Mieke Kröger, Stephanie Pohl, Gudrun Stock und Lisa Klein nominiert wurde.
Man darf gespannt sein, wie das deutsche Aufgebot in der Schweiz abschneidet, die erzielten Ergebnisse der jüngsten Vergangenheit sollten aber Garantie dafür sein, um bei mehreren Entscheidungen ein ernstes Wort um die Medaillenvergabe mitzusprechen.
Berliner Sebastian Wotschke in London dabei
Es hat nicht weniger als 35 Jahre gedauert, bis man sich in London darauf einigte, wieder einmal ein Sechstagerennen in der britischen Metropole auszurichten. Nach zuvor 21 Austragungen, letzte Sieger waren 1980 die Australier Danny Clark und Donald Allan, beginnt am Schlusstag der Europameisterschaften in Grenchen das von der Madison Sport Group, gleichzeitig auch neuer Gesellschafter des Berliner Sechstagerennens, veranstaltete Sechstagerennen. Dabei haben die Briten keine Mühen gescheut, um in London mit zwei Olympiasiegern, 11 Weltmeistern und sechs Europameistern ein attraktives Starterfeld zu verpflichten. Bis auf wenige Ausnahmen gibt sich die Elite des Sechstagesports ein Stelldichein mit Fahrern, die auch zum Teil in Grenchen am Start sind. Aus diesem Grund wird der erste Tag als 1878 Cup mit separater Wertung ausgetragen, bezugnehmend auf das Erfindungsjahr des Sechstagerennens in London.
Ab Montag, den 19. Oktober 2015, sind dann bis Freitag 18 Teams auf der Londoner Bahn vertreten, die im Kampf um Runden und Punkte sich heiße Duelle liefern werden. Neben weiteren vier deutschen Fahrern wie Christian Grasmann mit Stefan Schäfer, Lucas Liss an der Seite des Franzosen Morgan Kneisky und Achim Burkart ist auch der Berliner KED-Stevens Fahrer Sebastian Wotschke mit von der Partie, der erstmals mit Achim Burkart ein Team bildet. Die Konkurrenz mit den Brüdern Michael und Jesper Mörköv aus Dänemark, deren Landsleuten Alex Rasmussen und Marc Hester, den Belgiern Iljo Keisse/Gijs van Hoecke und Kenny de Ketele/Moreno de Pauw, den Niederländern Niki Terpstra und Yoeri Havik sowie den Spaniern David Muntaner und Albert Torres ist groß und so dürften für die deutschen Teilnehmer die Trauben recht hoch hängen.
Neben sechs Sprintern sind auch 18 Frauen am Start, die in einem als Omnium ausgetragenen Wettbewerb ihre Kräfte messen werden. Aus Deutschland sind mit Janine Bubner, Romy Kasper, Lisa Küllmer, Tatjana Paller und Stephanie Pohl immerhin fünf Fahrerinnen dabei, von denen letzterer als Weltmeisterin im Punktefahren die besten Chancen auf eine Topplatzierung eingeräumt werden.
Zur Einstimmung auf die kommende Sechstagesaison hier das UIV Madison Ranking 2014/15, das neben den Sechstagerennen auch Welt- und Europameisterschaft, den Weltcup in London und das International UCI-Madison von Kopenhagen beinhaltet:
1. Alex Rasmussen (DEN) 330 Punkte
2. Leif Lampater (GER) 295 Punkte
3. David Muntaner (ESP) 280 Punkte
4. Marcel Kalz (GER) 230 Punkte
5. Jasper de Buyst (BEL) 210 Punkte
Kenny de Ketele (BEL) 210 Punkte
7. Morgan Kneisky (FRA) 190 Punkte
8. Iljo Keisse (BEL) 185 Punkte
9. Albert Torres (ESP) 180 Punkte
10. Marc Hester (DEN) 160 Punkte
11. Christian Grasmann (GER) 155 Punkte
12. Jesper Mörköv (DEN) 150 Punkte
13. Otto Vergaerde (BEL) 145 Punkte
14. Andreas Graf (AUT) 140 Punkte
Andreas Müller (AUT) 140 Punkte
16. Michael Mörköv (DEN) 135 Punkte
17. Tristan Marguet (SUI) 130 Punkte
18. Bryan Coquard (FRA) 120 Punkte
Liam Bertazzo (ITA) 120 Punkte
Nick Stöpler (NED) 120 Punkte
21. Mark Cavendish (GBR) 110 Punkte
22. Theo Reinhardt (GER) 95 Punkte
23. Silvan Dillier (SUI) 90 Punkte
24. Elia Viviani (ITA) 80 Punkte
25. Martin Blaha (CZE) 75 Punkte
Vojtech Hacecky (CZE) 75 Punkte
Nico Heßlich (GER) 75 Punkte
Wim Stroetinga (NED) 75 Punkte
Niki Terpstra (NED) 75 Punkte
Alex Buttazzoni (ITA) 75 Punkte
Marco Coledan (ITA) 75 Punkte
32. Henning Bommel (GER) 70 Punkte
33. Mark Christian (GBR) 60 Punkte
Owain Doull (GBR) 60 Punkte
Olivier Beer (SUI) 60 Punkte
36. Nikolay Zhurkin (RUS) 50 Punkte
Ivan Kovalev (RUS) 50 Punkte
Vivien Brisse (FRA) 50 Punkte
39. Yoeri Havik (NED) 40 Punkte
Michel Kreder (NED) 40 Punkte
Raymond Kreder (NED) 40 Punkte
Moreno de Pauw (BEL) 40 Punkte
Pieter Bulling (NZL) 40 Punkte
Westley Gough (NZL) 40 Punkte
45. Glenn O’Shea (AUS) 35 Punkte
46. Robert „Bobby“ Lea (USA) 30 Punkte
Jiri Hochmann (CZE) 30 Punkte
Paolo Simion (ITA) 30 Punkte
49. Mathias Krigbaum (DEN) 25 Punkte
Barry Markus (NED) 25 Punkte
Hans Pirius (GER) 25 Punkte
Sebastian Wotschke (GER) 25 Punkte
Alexander Edmondson (AUS) 25 Punkte
Callum Scotson (AUS) 25 Punkte
Leon Rohde (GER) 25 Punkte
56. Jack Bobridge (AUS) 20 Punkte
Thomas Boudat (FRA) 20 Punkte
Wojciech Pszczolarski (POL) 20 Punkte
Rafal Jeziorski (POL) 20 Punkte
Marc Fournier (FRA) 20 Punkte
61. Jacob Duehring (USA) 15 Punkte
Daniel Holloway (USA) 15 Punkte
Achim Burkart (GER) 15 Punkte
Nils Politt (GER) 15 Punkte
Wesley Kreder (NED) 15 Punkte
Jesper Asselman (NED) 15 Punkte
Shane Archbold (NZL) 15 Punkte
George Tansley (AUS) 15 Punkte
Roy Pieters (NED) 15 Punkte
Roman Gladysh (UKR) 15 Punkte
Vladyslav Kreminskyi (UKR) 15 Punkte
72. Roger Kluge (GER) 10 Punkte
73. Claudio Imhof (SUI) 5 Punkte
Gael Suter (SUI) 5 Punkte
Informative Berichte mit aktuellen Fotos werden wir von den beiden kommenden Ereignissen ins Netz stellen.
Text: Bernd Mülle
Fotos: Arne Mill
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