Dwars Door Vlaanderen ist nach dem Omloop Het Nieuwsblad der zweite große belgische Klassiker der Flanders Classics und gilt als eines der wichtigsten Vorbereitungsrennen für die Ronde van Vlaanderen. Dementsprechend hervorragend war auch die Besetzung. Allen voran das Team Etixx – Quick Step, welches neben dem niederländischen Vorjahressieger Niki Terpstra auch den amtierenden Weltmeister im Straßenrennen Michal Kwiatkowski aus Polen und den britischen Sprinter Mark Cavendish an den Start brachte. Das Team Movistar kam mit dem Kolumbianer Nairo Quintana. Der Sieger des Giro d´Italia durfte also auch einmal Bekanntschaft mit dem belgische Pflaster und dem typisch belgischen Wetter machen, was die Rennen in Flandern sehr speziell macht.
70. Dwars Door Vlaanderen: In Belgien lernt man Radrennen fahren
Das Team Astana schickte mit Lars Boom ebenso einen Spezialisten für genau diese Bedingungen ins Rennen. Der Niederländer konnte im vergangenen Jahr die 5. Etappe der Tour de France von Ypres nach Arenberg – Porte du Hainau über das nordfranzösische Pflaster bei ähnlichen Bedingungen gewinnen.
Das BMC Racing Team schickte mit Rick Zabel – Deutschland, Stefan Küng – Schweiz, und Campbell Flakemore – Australien gleich drei junge Nachwuchsfahrer über die 200 Kilometer in Ost Flandern. Ihnen zur Seite standen allerdings mit Marcus Burghardt aus Deutschland, Klaas Lodewyck aus Belgien und Jean Pierre Drucker aus Luxemburg drei sehr erfahrene Mentoren zur Seite, die die Hoffnungsträger des Teams perfekt anleiten konnten. Eine Strategie, die sich seit Jahren bewährt hat, denn eine der wichtigsten Radsportweisheiten lautet: „In Belgien lernst du Radrennen fahren“.
Trotz des Wetters, Temperaturen um 4 bis 6 Grad Celsius und streckenweise starkem Dauerregen ging es gleich von Beginn an ordentlich zur Sache, was die Durchschnittsgeschwindigkeit von 43,5 km/h deutlich belegt.
Das Team Etixx-Quick Step wollte unbedingt den Titel aus dem Vorjahr verteidigen und so setzte der Weltmeister Michal Kwiatkowski die entscheidende Attacke, der nur die beiden Belgier Jelle Wallays und Edward Theuns vom Zweitligisten Topsport Vlaanderen – Baloise sowie der Niederländer Dylan van Baarle vom Team Cannondale – Garmin folgen konnten. Das Etixx - Quick Step Team bildete dahinter zwar mehrere Brückenköpfe mit Guillaume van Keirsbulck, Nikolas Maes, Yves Lampert (alle Belgien), Niki Terpstra (Niederlanden) und dem italienischen Sprinter Matteo Trentin, es konnte aber keiner der in Lauerposition befindlichen Fahrer zum Spitzenquartett aufschließen.
Als der Vorjahressieger von Paris Tours Jelle Wallays zwei Kilometer vor dem Ziel zur finalen Attacke ansetzte, sahen sich Kwiatkowski und van Baarle nur gegenseitig an. Keiner von beiden ergriff die Initiative und so schob man sich nach dem Rennen gegenseitig die Schuld in die Schuhe.
Topsport Vlaanderen – Baloise hatte an diesem Tag alles richtig gemacht. Indem der Jungprofi Edward Theuns auf der Zielgeraden Kwiatkowski und van Baarle noch übersprintete boten sie den Top Teams des Rennens eine richtige Lehrvorführung. Dementsprechend groß war am Ende auch die Freude im Ziel über die gezeigte Leistung. Das Team Topsport Vlaanderen – Baloise war neben dem Team Etixx - Quick Step das einzige, welches mit allen gestarteten Fahrern das Ziel erreichte.
Am Rande gab es leider auch wieder mehrere Stürze, wobei es den Schweizer Marcel Aregger vom Team IAM Cycling am schwersten erwischte. Rüdiger Selig vom Team Katusha, der ebenfalls einen Ausflug in den belgischen Acker machte und im Outfit einer Moorleiche zurück auf die Straße kam, fand den Schweizer regungslos auf dem Asphalt liegen. Im Krankenhaus wurde zum Glück „nur“ ein Schlüsselbeinbruch diagnostiziert. Auch der Niederländer Lars Boom vom Team Astana kam in der Abfahrt vom Oude-Kwaremont zu Fall, als er versuchen wollte zum Führungsquartett aufzuschließen. Er konnte zwar weiter fahren, musste allerdings seine Ambitionen auf den Sieg und das Podium begraben.
Bester Deutscher Fahrer wurde Rick Zabel vom Team BMC als 27. mit 6:50 Minuten Rückstand auf den Sieger und ebenfalls 6:50 Minuten zurück wurde mit Ruben Zepuntke vom Team Cannondale Garmin - Gesamt Platz 41 ein weiterer junger Nachwuchsfahrer zweitbester Deutscher.
Im Rennen der Frauen über 77 Kilometer gab es ebenfalls einen Doppelsieg für das Team Liv Plantur. Amy Pieters siegte vor ihrer Landsfrau Floortje Mackaij aus den Niederlanden. Dritte wurde die Dänin Christina Siggaard vom Team Matrix Fitness Vulpine. Beste Deutsche wurde Melanie Wotsch als 15. vom Autoglas Wetteren Cycling Team mit 9 Sekunden Rückstand auf die Siegerin.
Am Freitag und Sonntag folgen die beiden World Tour Klassiker E3 Prijs Harelbeke und Gent – Wevelgem.
Fotos: Arne Mill
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