Le Tour de France 2012: In Belfort und Arc et Senans hinter die Kulissen geschaut

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AM Updated 05 August 2012
Le Tour de France 2012: In Belfort und Arc et Senans hinter die Kulissen geschaut

Jedes Jahr, Anfang Juli überkommt einen dieses gewisse Kribbeln, wenn das bekannteste Radsportereignis des Jahres beginnt und die große Schleife durch Frankreich zieht. Besonders in den letzten Jahren, da die Berichterstattung hierzulande immer dürftiger wird bzw. kaum noch stattfindet. Und wenn, dann wird nur ordentlich im Dreck gewühlt. Hauptsache die Sensationsschlagzeile steht, da wird es mit der Wahrheit auch mal nicht ganz so genau genommen. Grund genug, sich selbst einmal auf den Weg somit und ein genaueres Bild vom Geschehen vor Ort zu machen. Und dieser Weg lohnt sich, denn die Tour ist weitaus mehr als nur ein riesiges Radsportspektakel.

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Es gibt auch am Rand der Strecke und zwar nicht nur für eingefleischte Radsportfans eine Menge zu erleben und zu sehen. Wir haben den Tourtross drei Tage lang begleitet, etwas genauer hinter die Kulissen geschaut und auch ein paar Geschichten abseits der Strecke zu erzählen.

Belfort (Region Franche-Comté) 

Der Franzos´ hat es sich recht schön gemacht in seinem beschaulichen Land, das doppelt so groß ist wie Deutschland und 20 Mio. weniger Einwohner hat. So ist der erste Eindruck, wenn man in das Städtchen Belfort, am Fuße der Vogesen gelegen hineinfährt. Die alten Häuser mit den klassischen französischen Holzfensterläden säumen die kleinen Gassen am Fuße der Zitadelle. Unterhalb der Festungsmauern thront das in Stein gehauen Wahrzeichen der Stadt, der Löwe von Belfort.
Erste Eindrücke und Stimmungen von der Tour bekommt man am Place d´Armes. Hier kann man in einem der vielen Cafés platz nehmen und im Schatten der Kastanien auf einer Videoleinwand die Bergankunft im nahegelegenen la Planche de Belles Filles verfolgen.

Über dem Eingang des Rathauses (Hotel de Ville) wird die Tricolore prachtvoll durch die letzten Strahlen der Abendsonne in Szene gesetzt und symbolisiert vor der herausgeputzten und alterwürdigen Fassade den typischen Nationalstolz der Republique Francaise. Rechts und links des Eingangs kündigen zwei riesige Banner die folgende Etappe mit Start in Belfort an.
Gegenüber der Kathedrale St. Christophe im gleichnamigen Hotel füllen sich langsam die kleinen Gassen mit dem Service- und Küchentrack sowie weiterer Material- und Begleitmobile des Cycling Teams Omega Pharma QuickStep. Innerhalb kürzester Zeit sind 3 Querstraßen komplett zugeparkt. Die ersten Tourgroopies sind schon vor Ort und belauern den Eingang der kleinen Hotellobby. Das warten hat sich gelohnt denn kurze Zeit später erscheint eines der großen französischen Radsportidole mit seiner unverkennbaren wuschig lockigen Haarpracht – Sylvian Chavanel, die Sonnenbrille nach oben geschoben, den Rollkoffer hinterher ziehend hält er kurz inne, gibt zwei drei Autogramme, wechselt ein paar Worte mit seinen Fans und verschwindet dann lächelnd in der kleinen Auberge.

Ein paar Minuten später rauscht ein weiters Teamfahrzeug heran, aus dem die beiden Velits Brüder (Martin und Peter) und Tony Martin aussteigen. Der Hand geht es schon wesentlich besser, doch während des Rennens muss er immer noch eine Spezialmanschette tragen, die die Stöße etwas abfängt und das Kahnbein schützt, welches er sich beim Sturz auf der ersten Etappe gebrochen hatte. Sein Platz ist seither immer hinter dem Pelothon, wo er weitern Stürzen möglichst aus dem Wege gehen möchte. Sein Ziel ist es, noch ein gutes Zeitfahren auf der 9. Etappe von Arc et Senans nach Besançon abzuliefern, um sich anschließend auf die Vorbereitung für die Olympischen Spiele in London zu konzentrieren. In den Bergen, wenn er richtig am Horn ziehen muss, sieht er eh keine Chance für sich, die Schmerzen würden dann doch unerträglich werden und in den Abfahrten ist das Risiko eines Sturzes zu groß auch die Gefahr, dass durch ein Schlagloch der Lenker entgleitet würde alle Hoffnungen auf eine Olympische Medaille zunichte machen. Es nimmt ihm auch keiner Übel. Im Gegenteil, dass er überhaupt die Zähne zusammengebissen hat und sich direkt nach dem Sturz wieder aufs Rad geschwungen und die Folgetage unter starken Schmerzen durchgehalten hat ist mehr als bewundernswert.

Auf dem Place de la Republique und der Rue du Docteur Frey laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Der VIP-Bereich für die Sponsoren, Gönner und Fernsehteams wird weiträumig umzäunt, die einzelnen Bereiche werden nach den berühmtesten Cols, Start- und Zielorten der 109jährigen Tourgeschichte benannt. Im Eingangsbereich stehen alle Namen der bisherigen Toursieger. An Getränken und kulinarischen Spezialitäten wird alles aufgefahren, was das Land zu bieten hat. Beim größten Ereignis des Jahres, darf es an nichts fehlen. Belfort ist bereit und reiht sich zum 29. Mal ein, einer der 20 begehrten Etappenorte der 99. Tour de France zu sein.
Schon am ersten Tag wird einem klar, dass die Tour viel mehr ist als nur ein Radrennen durch Frankreich.
War es anfangs der Chefredakteur der Sportzeitung L´Auto Henri Desgrange, der mit der Organisation und Durchführung des Rennens die Auflage seiner Zeitung steigern wollte, indem er die Rennfahrer auf die Große Schleife in die entlegendsten Gebiete Frankreichs schickte, entstand nebenher ein Marketingkonzept, was sich über die Jahre immer weiter entwickelte und mittlerweile so Erfolgversprechend ist wie nie zuvor.

Nicht nur durch die riesige Werbekarawane die vor jedem Rennen wie ein ausschweifendes Karneval- oder Circusspektakel vorneweg zieht, allerlei Werbegeschenke verteilt und die Stimmung unter den begeisterten Fans am Straßenrand anheizt, in erster Linie bietet die Tour den vielen Gemeinden und Städten aber die Möglichkeit sich zu präsentieren. Das Ganze zur schönsten Jahreszeit im Juli, zur Ferienzeit, in der eine Vielzahl an Touristen angelockt werden, um dem größten Ereignis des Jahres beizuwohnen. Und sie geben sich alle redlich Mühe einander im Wettstreit, um den attraktivsten Tourort zu übertreffen. Neben vielen Musikveranstaltungen am Vorabend in den Startorten werden aufwendige Choreografien entlang der Strecke aufgeführt, die Vorgärten werden geschmückt mit allem, was irgendwie mit Radfahren zu tun hat, Kleinkunst, Bilder, Fahnen, riesige Transparente und die vielen vielen Wohnmobile der Franzosen, Holländer, Belgier und mittlerweile auch Briten ziehen sich wie ein endlos langer Faden durch das ganze Land. Die Grande Nation ist 3 Wochen lang im Radsportfieber. Drei Wochen lang gibt es in den Zeitungen kaum etwas anderes zu lesen. Jede Geste im Peloton, jede kleine Geschichte, die sich am Rande der Strecke ereignet, wird am kommenden Tag noch einmal ausführlich aufgearbeitet.

Die 8. Etappe: Von Belfort nach Porrentruy

Bereits drei Stunden vor dem Start beginnen die Straßen sich zu füllen. Jeder möchte einen Blick auf die geliebten Radsportidole erhaschen. Alles was irgendwie fotografieren kann wird gezückt, um den wichtigsten Augenblick im Jahr festzuhalten. Wenn die Akteure die Bühne des Geschehens betreten, möchte jeder in der ersten Reihe stehen und so werden Laternenmasten, erhöhte Fenstersimse und Mülltonnen besetzt, um die beste Sicht zu haben. Bis sich die ersten Helden der französischen Departement- und Nationalstrassen zeigen dauert es jedoch und so schallt die unverkennbare Stimme „la voix du Tour de France“ von Daniel Mangeas durch die Lautsprecher, die Kinder der ansässigen Radsportvereine betreten die Bühne und werden schon einmal als die kommenden Helden der Tour gefeiert.

Und dann kommen sie endlich, begleitet vom Tross der vielen Journalisten, erst einzelne Fahrer dann ganze Teams, betreten sie die Bühne, um sich für den kommenden Tagesabschnitt einzuschreiben. Sofort bilden sich große Trauben von Fernsehkameras und Fotografen um die französischen Stars. Auch Bradlay Wiggins, seit dem Vortag im Gelben Trikot kann der lauernden Meute nicht entkommen und muss erst Rede und Antwort stehen. Ein bekanntes Gesicht aus den vergangenen Tourjahren zeigt sich, wird sofort erkannt und bejubelt. Richard Virenque jetzt für Eurosport France tätig begibt sich zum Start, um noch ein paar Interviews zu machen und die Fahrer anschließend auf den Weg zu schicken.

Doch vorher setzt sich der lange Tross der Werbekarawane in Bewegung. Junge hübsche Mädchen und gut gebaute Jungs besteigen die Wagen und umgebauten Fahrvehicle, verteilen reichlich Werbegeschenke an die vielen Schaulustigen am Straßenrand und liefern eine perfekte Show begleitet von lauter Musik ab, um die Stimmung der Massen anzuheizen. Höhepunkt der Karawane ist eine Dame auf dem Wagen von Vittel (eine riesige Wasserflasche), die sich mit akrobatischen Einlagen kopfüber aus dem umgebauten Fahrzeug lehnt und in einer beeindruckenden Show mit einem Hochdruck Kärcher die Menschenmassen rechts und links der Straße bespritzt.
So langsam rollen die Fahrer zum Start durch das Gedränge von Fotografen und Kamerateams. Jeder möchte noch schnell ein par Statements und Bilder vor dem Start der 8. Etappe erhaschen. Die Straßen entlang der ersten Kilometer durch Belfort sind mittlerweile gut gefüllt und die Besucher stehen in Fünferreihen an der Strecke.
Unter dem Applaus der vielen Zuschauer setzt sich das Pelothon in Bewegung und begibt sich auf den 157,5 km langen Tagesabschnitt.

Erste Helfer beginnen schon das gesamte Equipment wieder abzubauen. Die Tour zieht weiter und die Vorbereitungen im nächsten Startort laufen bereits auf Hochtouren.

Die 9. Etappe: Das Einzelzeitfahren von Arc et Senans nach Besançon

Auch für uns heißt es weiter gen Südwesten ziehen, ins 100 km entfernte Besançon, welches der Zielort des 41,5 km langen Zeitfahrens ist.
Beim Abfahren der Strecke wird eines sofort klar. Wenn man sich diese Etappe vorher nicht genau angesehen hat und mit dem Rad abgefahren ist, hat man keine Chance. Was auf der Karte relativ unspektakulär aussieht, entpuppt sich als ein technisch hoch anspruchsvoller Kurs. Fünf Anstiege, zwar nicht länger als 1-2 km, aber dafür mit 14 Prozent steilen Streckenabschnitten und rasanten Serpentinen Abfahrten die mit einem Zeitfahrrad nicht so ohne weiters zu meistern sind. Ständige Rhythmuswechsel auf teilweise sehr schlechten Straßen sind also am kommenden Tag zu meistern.

Entlang der Strecke laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Wohnmobil reiht sich an Wohnmobil Fahnen und Transparente, Spruchbänder der verschiedensten Nationen sind zu sehen auch aus Übersee, Australien, Südafrika und den USA ist man angereist, um der Tour beizuwohnen. Der ein oder andere ist schon in sein Kostüm geschlüpft und sorgt bereits für Stimmung an der Strecke. Bestens ausgerüstet und präpariert werden die nötigen Utensilien für den kommenden Tag bereit gelegt, um die Fahrer gebührend und lautstark bei ihrem Kampf allein gegen die Uhr zu unterstützen. Grillstände und Getränkewagen werden aufgebaut in den Vorgärten der Anwohner herrscht Hochbetrieb. Ein Eifelturm steht auf einer Wiese zwischen Kühen auf der Spitze ein Fahrrad natürlich. Übergroße Trikots säumen den Straßenrand. Die ersten sind schon mit Farbe und Pinsel bewaffnet, um die Namen ihrer Idole in riesigen Lettern auf die Straße zu schreiben „Jonathan Cantwell“.

Als Startort wählten die Tourorganisatoren die Königliche Saline in Arc et Senans. Wo zwischen 1779 und 1895 Salz gewonnen wurde. Durch den Dole Kanal ist der Ort mit dem Mittelmeer und der Nordsee verbunden. Zudem wurde ein unterirdisches Rohrsystem zu den salzhaltigen Quellen des 21 km entfernten Ortes Salins les Bains errichtet. Das salzhaltige Wasser wurde hierher transportiert und in der Saline verdampft. Übrig blieb der damals wie heute wertvolle Rohstoff Salz.
Neben dem geschichtlichen Hintergrund, der von Claude Nicolas Ledoux entworfenen Anlage ist die Architektur und großzügige Anordnung der Gebäude mit der wunderschönen Innenanlage wesentlich beeindruckender. Die Bilder aus der Vogelperspektive mit der Startrampe direkt vor dem Portalgebäude und dem Fahrerlager mit den Teamfahrzeugen im Innenhof sind wirklich überwältigend. Dies war ein wirklich kluger Schachzug den Start hierher, in diese wunderschöne Anlage zu legen. Komplett zugänglich gab es dadurch für die Zuschauer eine Menge zu sehen. So konnte man den Fahrern beim warm fahren zusehen und ihre Zeitfahrmaschinen genauestens beäugen. Einige nahmen es sogar ziemlich locker gaben bereitwillig Interviews Autogramme und ließen sich mit ihren Fans fotografieren. Radsport der absoluten Spitzenklasse zum anfassen. In kaum einer anderen Sportart ist man so nah dran und das beim größten und wichtigsten Radsportereignis des Jahres.

Ein Blick hinter die Kulissen beim Einzelzeitfahren

Obwohl es Profisport auf höchstem Niveau ist, was über die drei Wochen während der Frankreichrundfahrt geboten wird, gab es zwischen den einzelnen Teams doch wesentliche Unterschiede in der unmittelbaren Vorbereitung und Zusammenstellung des Materials zu entdecken.
„Arbeitsvorbereitung ist das halbe Leben“! Während man im Team Sky nach dem Vorbild des Teams HTC – Highroad (war 2008 Arbeitgeber von Bradley Wiggins), auch auf die vielen kleinen Details geachtet und sich mit professioneller Präzision auf dieses Zeitfahren vorbereitet hat, wurde es, selbst bei den unmittelbaren Verfolgern und Anwärtern auf die Podiumsplätze, nicht so genau genommen. Man hat sich beispielsweise beim Team Sky die 13 wichtigsten Etappen und besonders das Zeitfahren ganz genau angeschaut und ist die Strecke mehrmals mit dem Rad abgefahren. Andere Teams schickten lediglich die sportlichen Leiter am Abend vorher mit dem Teamfahrzeug auf die Strecke. Ein fataler Fehler, wie nicht nur Janez Brajkovic im Nachhinein über Twitter zu berichten wusste. Wiggins und Froome waren einige der wenigen Fahrer die aufgrund ihrer guten Streckenkenntnis fast die gesamte Strecke mit wenigen Ausnahmen im Auflieger gefahren sind ohne ihre aerodynamische Position aufzugeben und dadurch wichtige Sekunden gegenüber den Konkurrenten gewonnen haben. Weiterhin trugen die Fahrer des Team Sky Schuhe ohne seitlich angebrachte Feststellschnallen und boten damit dem Fuß, wenn auch nur minimal einen geringeren Windwiderstand. Die Überschuhe von Wiggins sind aus völlig neuem, wesentlich aerodynamischeren Oberflächenmaterial gefertigt. Währen andere Fahrer, unverständlicher Weise, ganz auf Überschuhe verzichteten oder mit einfachen Lycra Überschuhen unterwegs waren.

Auch war zu sehen, dass viele Fahrer die Startnummer oben auf dem Rücken, anstatt hinten, knapp über dem Sitzpolster angebracht hatten, was ebenfalls ein aerodynamischer Nachteil ist, da dadurch die laminare Strömung schon viel zu früh abreißt. Hauptsache der Sponsor ist gut zu sehen. Dem, in einigen Foren heiß umworbenen Osymetric Kettenblatt, welches Bradley Wiggins seit 2009 an sein Rad montiert hat, wird ja wahre Wunder zugesprochen. So war kürzlich auch in der Kolumne von Andreas Schulz (Eurosport on Tour) mit Bezugname auf einen Beitrag für die Tageszeitung „Le Monde“ von Antoine Vayer zu lesen, dass das Osymetric Kettenblatt einen Leistungsgewinn von 20 bis 30 Watt verspricht. Das ist natürlich völlig absurd. Fakt ist aber, dass durch die Osymetric Form des Kettenblattes eine bessere Be- und Entlastung der arbeitenden Muskulatur stattfindet und dadurch Energiereserven geschont und am Ende zur Verfügung stehen. In Wattwerten ausgedrückt lässt sich das aber schwer beziffern. Wenn überhaupt kann man von einer Leistungsersparnis von 2 – 3 Watt reden.
Natürlich hat man in der Vergangenheit immer wieder an der perfekten Sitzposition der Fahrer aus dem Team Sky gearbeitet, die Zeitfahranzüge verbessert und kein Sky Fahrer ist heute noch mit Brille unterwegs. Alle tragen einen Helm mit Visier.
Den entscheidendsten Vorteil hat sich Bradley Wiggins allerdings selbst, durch konsequente und harte Selbstdisziplin erarbeitet, indem er 9 kg seit seinem letzten Olympiatitel 2006 in Peking auf der Bahn abgenommen hat. Heute wiegt der 1,90 m große Athlet nur noch 69 kg und hat damit das ideale Gewichtsleistungsverhältnis und einen maximalen muskulären Wirkungsgrad. Dadurch hat er zwar deutlich an seiner Spritzigkeit verloren aber enorm an Allrounderqualität besonders in den Bergen und beim Einzelzeitfahren gewonnen. Gerade bei diesem anspruchsvollen Zeitfahrkurs sind ihm diese Qualitäten zu Gute gekommen. Einzeln betrachtet scheinen die materiellen und trainingsmethodischen Feinheiten, auf die man im Team Sky penibel achtet eher unbedeutend, doch wenn man alles zusammenrechnet kommt am Ende ein Leistungsvorsprung von 10 - 12 Watt heraus und selbst bei gleichem Leistungsniveau der Spitzenfahrer würde das den Vorsprung und die Dominanz von Wiggins erklären. Also kein Zauberwerk, nur professionelle Einstellung und Umsetzung. Dennoch kann man auch bei Bradley Wiggins ein paar Dinge finden, die durchaus verbesserungswürdig sind. Für das Race Radio (Tourfunkgerät) lässt sich bestimmt ein besserer Platz finden als direkt auf dem Rücken. Auch die Verlegung der Brems- und Schaltzüge kann man bestimmt noch besser machen und diese mehr im Lenker und Rahmen verstecken, so dass sie keinen unnötigen Windwiderstand bieten.

Ein weiterer Punkt war, dass viele Fahrer, die vorn um den Sieg mitfahren wollten, trotz der teilweise schlechten Streckenbeschaffenheit volles Risiko gingen und einen leichten schnellen Reifen mit geringem oder gar keinen Pannenschutz aufgezogen haben. Völlig Ok „all or nothing“ . Dann aber über die Zufahrtswege zum Start die mit kleinem scharfen Splitt aufgefüllt waren mit dem Rad zu fahren, ist schon sehr leichtsinnig. Da muss man sich hinterher nicht über einen Defekt im Rennen wundern.

Wenn die Fahrer erst mal auf der Strecke sind, ist es wie im Fußball: „sind die Spieler auf dem Platz ist es schwer für den Trainer von außen einzugreifen.“ Dennoch muss man sich in dem ein oder anderen Team die kritische Frage stellen, ob man in der Vorbereitung alles für die Tour getan und seine Fahrer richtig eingestellt hat.

Mâcon

Es geht weiter 200 Kilometer südlich an den nordöstlichen Rand des Massif Central in die Beaujolaisen. Bevor wir in den Hängen der Weinberge unser Lager aufschlagen, statten wir dem Startort nach dem ersten Ruhetag noch einmal einen kurzen Besuch ab, um uns etwas zu stärken. Der äußerlich nicht allzu viel versprechende Ort an der La Saône gelegen, überrascht in der Innenstadt doch mit hübschen Gassen und Straßenzügen vielen gemütlichen Cafés und Restaurants. Die Stadt hat sich mächtig für die Tour herausgeputzt am Rathaus hängen die Bilder der Landesmeister und Trikotträger der Tour. Überall in der Stadt sind Bühnen aufgebaut auf denen es Livemusik gibt. Mâcon ist voller Leben in den Restaurants ist kaum ein Platz zu bekommen. Am anderen Ufer der La Saône haben sich schon die Wohnmobilkarawanen aufgereiht und erwarten den Start am übernächsten Tag. Am Quai Lamartine spielen zwei Zigeuner mit Violine und Gitarre vor vielen Schaulustigen „I will survive“.

Ruhetag

Als wir uns im Café de la Bascule im kleinen Örtchen Fleurie zum Frühstück nieder lassen treffen wir Dominik Fusina mit seinem eigentümlich umgebauten Dreirad. Er ist hier 80 Tage auf der Weinstraße in der Beaujolaisen unterwegs und sammelt Geschichten und Bilder aus der Region für seinen Internetblock. Seine Interessanten Geschichten und Fotos kann man unter www.letourdubeaujolaisen80jours.org nachlesen und ansehen. Es lohnt sich. Neben seinem interessanten Vehicle imponiert vor allem seine äußere Erscheinung. Er erzählt uns, dass er jeden Tag 20 km mit seinem umgebauten Fahrrad zurück legt und das ist bei dem vorherrschenden Terrain schon sportlich für einen Untrainierten. Im Verlauf des Gespräches werden auch wir eine seiner vielen Geschichten am Rande der Weinstraße durch die Beaujolaisen.

Für die meisten Profiteams steht am Vormittag eine lockere Ausfahrt durch die Hänge der Weinberge auf dem Programm. Auch wir schwingen uns heute mal aufs Rad, um ein paar Kilometer abzuspulen und ein nicht allzu bekanntes Radsportterrain in Augenschein zu nehmen. Die Berge am Rande des Massif Central sind nicht allzu steil und lang, sie lassen sich angenehm fahren und so bekommen wir schnell eine recht abwechslungsreiche 90 km Runde durch die vielen vielen Weinberge und kleinen netten etwas ruhigeren Ortschaften zusammen.

Für die Fahrer aus dem BMC Rennstall ist der Tag alles andere als ruhig. Bereits am Vormittag findet die kleine Ausfahrt unter den Augen mehrerer Kamerateams und Fotografen statt, die die kleine Runde über die Hänge rund um Fleurie begleiten. Auch am Nachmittag geben sich im BMC Teamhotel die Fotografen und Kamerateams aus Australien, den USA, Belgien und den Niederlanden die Klinke in die Hand. Neben Cadel Evans ist der 23 jährige Jungstar Tejay Van Garderen, der am Vortag durch sein hervorragendes Zeitfahren ins weiße Trikot des besten Jungprofis gefahren ist, einer der gefragtesten Interviewpartner der vielen Fernsehteams. Vor allem möchte man wissen wie er seine Chancen bei den Olympischen Spielen in London einschätzt, wo er kurzfristig als einziger Starter für die USA ins Aufgebot des Einzelzeitfahrens nominiert wurde. Er gibt sich erstaunlich locker und freut sich vor allem über das weiße Trikot, dass er gerne nach Paris tragen möchte und nach der Tour wird man sehen was in London drin ist. Eines ist in jedem Fall sicher, er hat sein Handwerk wie Wiggins im Team HTC – Highroad unter den Fittichen von Rolf Aldag gelernt und man kann sicher sein, dass er nach der Tour top vorbereitet in den Olympischen Wettbewerb geht. Es ist ihm durchaus zuzutrauen, dass er eine Olympische Mediale nach hause bringt und auch im Zeitfahren auf der vorletzten Touretappe noch ein Wörtchen mitredet.
Am Abend kehrt dann doch noch ein wenig Gemütlichkeit ein als der Pressesprecher Georges Lüchinger sich die Schürze umbindet und das Team zum Barbecue inmitten der Weinhänge der Beaujolaisen einlädt.

Unseren letzten Tag in Frankreich nutzen wir, um noch einmal eine kleine Ausfahrt mit dem Rad durch das Gebiet am Rand des Massif Central zu machen und dann heißt es wieder zurück und den Rest der wohl berühmtesten Radrundfahrt der Welt wie so viele andere von zu hause aus weiter zu verfolgen.
Fotos: Arne Mill

> zu den turus-Fotostrecken: Tour de France 2012 (in Arbeit)

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