L47 vs. Hansa Rostock II: Pusteblumen, hohe Ecke und Lichtenberger Fenster-Pyro

Och nö! Nicht schon wieder! Dolle Wurst! „Wegen Verzögerungen im Betriebsablauf…“, „Aufgrund einer technischen Störung…“ und dann hieß es sogar noch „Aufgrund eines Polizeieinsatzes…“ Ja, was denn nun? Mit dem Nachwuchs an der Hand stand ich am Mittwochabend auf dem S-Bahnsteig Sonnenallee. Zeitlich war eh alles schon arg auf Kante, pünktlich würden wir eh nicht zum Spiel ankommen. Als dann aber die Anzeige ständig zwischen 14 und 9 und dann wieder auf 13 Minuten schwankte, wurde ich echt muffig. Die Berliner Ringbahn ist eh meine große „Liebe“ - nur die proppenvollen Busse der Linie M41 liebe ich noch mehr -, aber am gestrigen Abend musste ich erst einmal tief durchatmen. Logisch, es gibt schlimmeres als ein verpasstes Fußballspiel. Doch mit dem Sohn an der Seite, der sich den gestrickten Schal umgelegt und schon die ganze Woche drauf gefreut hatte und nun enttäuscht auf die digitale Anzeige schaut („Papa, das kann doch nicht sein, eben waren es doch noch 8 Minuten…“), war es schwer Haltung zu bewahren. Im Kopf rechnete ich immer wieder durch. Wenn, ja wenn diese scheiß Bahn endlich mal kommt, dann könnte es mit dem Anpfiff der zweiten Halbzeit klappen. Im Vorfeld hatte ich eine private „Mobilizacja!“ angeleiert und geschaut, wer im privaten Umfeld Bock auf das Oberligaspiel SV Lichtenberg 47 vs. F.C. Hansa Rostock II hat. Wenn schon die Partie Tennis Borussia Berlin vs. Hansa II auf Samstag vorverlegt wurde und nun zeitgleich zum Spiel der ersten Mannschaft gegen den Halleschen FC stattfindet, so sollte das Nachholspiel unter der Woche die Gelegenheit bieten, ein paar bekannte Gesichter zu treffen.

L47

Los jetzt hier! Und dann, tatsächlich, die Ringbahn rollte ein. Hineingeschoben, an der Frankfurter Allee umgestiegen, Magdalenenstraße hinausgeeilt, den Achtjährigen auf die Schulter gesetzt und die Ruschestraße entlang geeilt. Geschafft! Noch vor Wiederanpfiff fanden wir uns im Zoschke-Stadion wieder. Mit Schweißperlen auf der Stirn stellte ich mich an und orderte Cola, Bier und Wurst. „1:0! Elfmeter…“, erklärte mir ein Bekannter. In der 40. Minute hatte Christian Flath die Kogge-Bubis in Führung gebracht. Auf dem Platz empfing der Tabellendritte, der auch noch Vizemeister der NOFV-Oberliga (theoretisch sogar Meister) werden kann, die auf einem Mittelfeldplatz stehenden Hansa-Amateure. Somit war die Pausenführung durchaus eine kleine Überraschung.

Hansa

Mit den Getränken in der Hand drehten wir eine Runde und stellten uns dann auf oberste Stufe der Gegengerade. Hinter uns wedelte ein Jugendlicher (das Alter war aufgrund der Entfernung aber schwer einzuschätzen) am Fenster eines Wohnhauses mit einer Bayern-Fahne. Mein Sohn rief gleich mal rüber: „Ey, Bayern spielt heute nicht!“ Kurze Stille. „Noch nicht…“, fügte ein älterer Zuschauer hinzu. Gelächter bei den Umstehenden. „Na und, Bayern hat auch Rot und Weiß!“, blökte der Jugendliche zurück. Ich hätte da auch gar nicht groß weiter geschaut, wenn mein Sohn mir nicht erklärt hätte: „Der hat nen Feuerzeug in der Hand!“ Quatsch. Glaubte ich nicht. Das sei bestimmt ein Handy.

Feuer frei

Und dann! Kaum hatte in der 65. Minute Philipp Grüneberg den Ausgleich für Lichtenberg 47 erzielt, da hieß es hinter uns Feuer frei! Hammer, da schoss der Bengel wirklich eine ordentliche Ladung Pyro vom Fenster aus ab. Sachen gibt´s! Für meinen Sohn war der Abend eh schon gerettet. Stolz erklärte er: „Siehste, hab ich dir doch gesagt!“ Wohl wahr. Nun hatte auch er Lust auf Action. Beim nächsten Tor für Hansa machen wir Bambule! Er pflückte Pusteblumen und stapelte diese auf die Stufen. Beim Tor würde er diese dann durch die Luft wirbeln. Der Effekt wäre doch einem kleinen Rauchtopf ähnlich. Ich gab grünes Licht und konzentrierte mich auf das Spiel.

Hansa

Nur zehn Minuten nach dem Ausgleich machte Philipp Grüneberg gleich noch ein Tor. 2:1 für den Gastgeber. Sehr ärgerlich für die Rostocker, denn kurz zuvor hatten diese eine richtig fette Dreifach-Möglichkeit. 285 Zuschauer hatten sich auf den Rängen eingefunden, schätzungsweise rund 100 von ihnen drückten Hansa II die Daumen. In kleinen Grüppchen verteilt standen die Hansa-Fans an den verschiedensten Ecken des Stadions. Auch wenn es „nur“ ein Spiel der Amateure war, verlieren wollte keiner. Zumal aus Sicht der Gästefans der Schiedsrichter nicht gerade einen Glanztag hatte. Und auch mit manch einem Lichtenberger Spieler durften die Rostocker nicht zufrieden sein. „Hinfallen und Schreien gibt es wohl als Training!“, brüllte einer wütend.

Hansa

Es dämmerte bereits, die Partie näherte sich dem Ende. Hansa drückte, ein Ball ging knapp links vorbei. In der 86. Minute gab es schließlich eine Ecke für Rostock. „Mach mal richtig hoch rein!“, rief einer der Hansa-Spieler. Ha, denkste! Von der Eckfahne wurde der Ball flach nach hinten gespielt, Sekunden später konnte Stefan Geers den Ball im Kasten unterbringen. Ausgleich für Hansa II. Lauter Jubel. Pusteblumen-Alarm. Rostock drückte weiter, wollte nun den Sieg. Es gab noch eine weitere Ecke, und dieses Mal wurde das Spielgerät wirklich hoch hereingebracht, der anschließende Kopfball segelte knapp über die Latte. Wenig später war Schluss. Die Gästefans verließen größtenteils auf der Anzeigetafel-Seite das Stadion, somit durfte mein Nachwuchs als Einziger die Hände zum Abklatschen reichen. „Papa, noch eine Cola?“ - „Nee, für heute reicht das Programm! Ab nach Hause! Das nächste Spiel kommt bestimmt…“

Hansa

Hansa

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: F.C. Hansa Rostock

Artikel wurde veröffentlicht am
03 Mai 2018
Spielergebnis:
2:2
Zuschauerzahl:
285
Gästefans
100

Ligen

Inhalt über Liga
Oberliga

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Alarm!! :-)
G
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Unfaire Aktion vor dem 1:1 von 47!
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