F.C. Hansa Rostock vs. 1. FC Magdeburg: Historischer Sieg im blau-weiß-roten Freudenmeer

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„Passen Sie gut auf Ihr Fischbrötchen auf!“ Diesen Rat gab die Verkäuferin des Fischstands des Vertrauens am Alten Strom mit auf den Weg. Die beachtlich großen Möwen schielten von den Dächern der Büdchen. Noch zwei-, dreimal kam von Umstehenden der gut gemeinte Rat. 10 Uhr morgens in Warnemünde. Zwar hatte die sibirische Kälte auch die Ostseeküste gut im Griff, doch die Sonne machte das Ganze dann sehr erträglich. Es hatte sich wahrlich gelohnt, um 4 Uhr in der Frühe sich in Berlin aus der warmen Koje zu pellen und den ersten Zug gen Küste zu nehmen. Ein Spitzenspiel in Rostock - dieses sollte seinen passenden Rahmen bekommen. Und was bietet sich dafür besser an, als in Warnemünde Fisch zu futtern, einen Spaziergang zur Mole und zum alten Leuchtturm zu machen und etwas frische Seeluft zu schnuppern?! Da damit zu rechnen war, dass auch der eine oder andere FCM-Fan ein wenig Bock auf eine salzige Brise hatte, streiften bereits am Morgen kleine Gruppen Rostocker durch Warnemünde. Erinnerungsfotos mit FCM-Bannern an markanten Punkten? Dies sollte verhindert werden. Solch ein Aufmarsch, wie 2014 die Ultras Dynamo veranstaltet hatten, soll in Zukunft bereits im Ansatz verhindert werden. Es blieb jedoch alles komplett entspannt an Mole und Altem Strom.

Hansa

Ganz Mecklenburg-Vorpommern schien auf den Beinen gewesen zu sein. So erschien es, als es gegen 12 Uhr in Richtung Ostseestadion ging. Die Ränge waren ausverkauft. Zieht man den Gästeblock ab, so waren am gestrigen Nachmittag immer noch doppelt so viele Zuschauer vor Ort als beim Heimspiel zuvor. 20.000 Hansa-Fans im Ostseestadion - das hatte es eine ganze Weile nicht mehr gegeben. Und eins wurde auf den Straßen auch auf Anhieb ersichtlich: Ein Nachwuchsproblem hat die Fanszene des F.C. Hansa Rostock wahrlich nicht. Unglaublich, wie viele Jugendliche (und auch Kinder) unterwegs waren und es den Älteren gleich taten. Vertreter der jüngeren und ältere Generation trafen sich vor dem Spiel am Sportplatz „Rote Erde“, um Erinnerungsfotos anzufertigen.

Hansa

Bereits beim Abschlusstraining hatte man sich und die Mannschaft auf das wichtige Spitzenspiel eingeschworen. „Zusammen nach vorne, gemeinsam nach oben“, steht auf einem Banner geschrieben, das beim Training und auch beim Spiel auf der Südtribüne präsentiert wurde. In einzelnen Gruppen ging es von der „Roten Erde“ aus gen Ostseestadion. Im überaus gemütlichen Vereinsheim herrschte gute Laune, das Bier floss, Gespräche wurden geführt.

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Überaus erfreulich: Wer ein Ticket übrig hatte (manch einen hatte ja die Grippewelle umgehauen), verkaufte es vor dem Stadion. Und das ohne Aufpreis. Zu sehen war sogar, dass Leute ein Ticket verschenkten - und zwar an Hansa-Fans, die sich keine Eintrittskarte leisten können. Im Stadion selbst blieb es bis kurz vor Anpfiff relativ ruhig. Die große Aufregung wie beim ersten Aufeinandertreffen in der 3. Liga gab es nicht. Es war zu spüren, dass sich Rostock und Magdeburg zuletzt bereits einige Male begegnet waren. Zehn Minuten vor Anpfiff machte sich die Südtribüne schließlich mit einem „Auf geht´s Hansa, kämpfen und siegen!“ warm. Beim Einlaufen der Mannschaften wurde auf Heimseite auf spezielle Stilmittel verzichtet. Die tausenden hochgehaltenen Schals auf sämtlichen Rängen beim „Hansa forever“ waren auch beeindruckend genug.

hansa

Im Gästeblock wurde versucht, mit einfachen Mitteln (Choreos in dem Sinne sind ja nicht erlaubt) möglichst viel Wirkung zu erzielen. Hochgehalten wurden weiße und blaue Plastikstreifen, an einigen Stellen stieg weißer Rauch auf, zudem wurden ein paar Fackeln angezündet. Zwar war schon bald der gesamte Gästeblock komplett eingenebelt, doch konnte die Partie pünktlich angepfiffen werden. Richtig laut wurde es, als auf Heimseite das „Hansa!“ „Rostock!“ gestartet wurde, und der Magdeburger Block kraftvoll mit einem „Schweine!“ antwortete.

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Auf dem Rasen wurde auch nicht lange gefackelt. Bereits nach fünf Minuten hatte der Tabellenführer aus Magdeburg die erste hochkarätige Möglichkeit. Von schräg links haute Tobias Schwede den Ball an die Latte. Nachdem in den ersten Minuten der 1. FCM das Geschehen bestimmte, kam Hansa Rostock langsam aber sicher ins Spiel. Nach einer weiten Flanke von Evseev drehte sich das Spielgerät in Richtung Tor und FCM-Keeper Jan Glinker musste eingreifen. Nicht verhindern konnte Glinker nach knapp einer halben Stunde den Gegentreffer. Der Ball wurde von Evseev zentral zu Bryan Henning gespielt, dieser legte sich den Ball fix zurecht, ließ gleich zwei Gegenspieler stehen und brachte dann links unten die Kugel im Magdeburger Gehäuse unter. 1:0 für den F.C. Hansa!

Hansa

Was für ein Jubel bei den 20.000 Hansa-Fans! Das Ostseestadion stand Kopf. Sollte der erste Sieg gegen die Magdeburger seit dem 25. November 1990 gelingen? Damals wurde am 12. Spieltag der letzten DDR-Oberligasaison (ab Oktober 1990 NOFV-Oberliga) vor 9.500 Zuschauern der 1. FCM mit 2:0 bezwungen. Die Treffer des Tages erzielten in der Schlussphase Andreas Babendererde und Henri Fuchs. Wir erinnern uns: Am Ende der Saison 1990/91 wurde der F.C. Hansa Rostock Meister und durfte in der Folge-Saison gemeinsam mit Dynamo Dresden in der 1. Bundesliga spielen.

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Kurz nach dem gestrigen Führungstreffer wurde auf der Südtribüne ein Spruchband mit der Aufschrift „Kennzeichnungspflicht für André Holst!!!“ hochgehalten. Im späteren Spielverlauf folgte eine weitere Botschaft der Baltic Boyz Rostock: „Du bist nie einem Kampf aus dem Weg gegangen und auch diesen gewinnen wir zusammen“. Im unteren der Süd wurde zudem das große Banner mit der Aufschrift „All Cops are Bastards“ angebracht. Dieses blieb auch bis zum Abpfiff am Geländer hängen.

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Mit der 1:0-Führung ging es zum Pausentee in die Kabinen, auf der Nordtribüne waren inzwischen sämtliche Fischbrötchen aufgefuttert worden, und hinter der Südtribüne hörte man es mehrere Male dumpf böllern. Etliche Magdeburger stürmten nun aus dem Block. Es schien ein Startsignal gewesen zu sein, wieder einmal ging es am Rolltor zwischen Südtribüne und und Gästeblock mächtig zur Sache. Mehrere Magdeburger machten sich am Tor zu schaffen, von außen verteilten die behelmten Einsatzkräfte der Polizei Pfefferspray en masse. Im satten Strahl wurde weiterhin das Reizgas verteilt als sei man mit dem Pestizid-Sprühgerät auf einer Bananenplantage unterwegs. Die Tanks schienen gut gefüllt zu sein, das Reizgas nahm gar kein Ende. „Kommt doch mal rüber!“, rief einer von oben. „Können froh sein, dass da nen Zaun ist, Junge!“ Zu Beginn der zweiten Halbzeit beruhigte sich das Ganze wieder und die Anhänger kehrten nach und nach in den Block zurück.

FCM

Nach Wiederanpfiff waren es die Magdeburger, die auf dem grünen Rasen Druck ausübten. Ei der Daus! Allein vor Hansa-Keeper Blaswich scheiterte Düker. Das hätte der Ausgleich sein können, ja müssen. Allerdings war es auch ein wenig ausgleichende Gerechtigkeit, denn kurz vor der Pause hätte es nach einem Foul an Benyamina Strafstoß für Hansa geben müssen. Mit der linken Hand am Trikot wurde er im Strafraum ganz klar umgerissen. Es blieb spannend. Möglichkeiten ergaben sich auf beiden Seiten. Bei Hansa vergaben Evseev und Väyrynen gute Möglichkeiten, kurz vor Schluss verhinderte FCH-Keeper Blaswich mit einer tollen Parade den Magdeburger Ausgleich.

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Am Ende konnten die Rostocker die knappe Führung über die Runden bringen. Der achte Sieg im zehnten Spiel - nur gegen Lotte und Münster mussten zuletzt Niederlagen verschmerzt werden - war in trockenen Tüchern. Ausgiebig wurde der immens wichtige Dreier im Spitzenspiel von Spielern und Fans gefeiert. Der Rückstand auf Rang drei beträgt nur ein Pünktchen, und noch nachgeholt werden muss das Auswärtsspiel in Großaspach. Zuvor geht es allerdings am kommenden Freitag nach Bremen, wo es den Magdeburgern gleichgemacht und der Oberrang im Weserstadion gefüllt werden soll. Der 1. FC Magdeburg empfängt indes daheim am Samstag den FSV Zwickau, der gestern daheim gegen den SC Preußen Münster drei wichtige Punkte einfahren konnte. Es bleibt eng in der 3. Liga - wir sind gespannt - wir bleiben dran!

Hansa

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Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: F.C. Hansa Rostock

> zur turus-Fotostrecke: 1. FC Magdeburg

Artikel wurde veröffentlicht am
25 Februar 2018
Spielergebnis:
1:0
Zuschauerzahl:
23.000
Gästefans
2500

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Inhalt über Liga
3. Liga

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Kommentare
@Andre
Ich weiß es nicht, würde aber denken, dass es sich dabei um Namen von Cops handelt. Schließlich wird seit Ewigkeiten die Kennzeichnungspflicht gefordert und in (Straf-)Verfahren tauchen die Namen ja auf, sodass man die veröffentlichen könnte.

Sonst wieder n toller Bericht, danke Marco!
F
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Andre Holst?
Jemand ne Ahnung, was es mit dem Namen und den Plakaten auf sich hat?
Im Netz findet man relativ wenig dazu und den Namen habe ich das erste Mal im Stadion gehört/gelesen.
S
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1a!!
G
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Super
Vielen Dank für den klasse Artikel. Es ist immer wieder eine Freude hier zu lesen :-)

Gruß
AG
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G
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U
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G
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Sauber!!!
G
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Klasse Spiel gewesen! Zwei starke Fanszenen!
G
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A
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