Novi Pazar! Novi Pazar! Hitziger Pokalfight auf dem Jubiläumssportplatz in Berlin-Neukölln

Nur wenige Kilometer von der serbisch-kosovarischen Grenze entfernt liegt die 67.000-Einwohnerstadt Novi Pazar. Der dortige Bezirk wird Raszien (Raška) genannt, dieser gehört wiederum zur historischen Region Sandschak Novi Pazar. In der Gesamtgemeinde Novi Pazar leben zirka 100.500 Menschen, von denen sich 77 Prozent als Bosniaken und nur knapp über 16 Prozent als Serben bezeichnen. Weitere 4 Prozent gehören der Bevölkerungsgruppe der „slawischen Muslimen“ an. Den meisten Lesern dürfte der Name Novi Pazar vor allem vom Fußball her bekannt sein. Der FK Novi Pazar wurde 1928 als FK Sandžak ins Leben gerufen und hieß später FK Deževa. Im Jahr 1962 erfolgte eine Fusion mit dem FK Ras, in der Folge entstand der FK Novi Pazar, der zu jugoslawischen Zeiten einmal Amateurmeister wurde und zweimal die Play-offs für die 1. Liga erreichte, jedoch beide Male als Verlierer vom Platz ging. Der Sprung nach ganz oben gelang erst viel später, genauer gesagt am Ende der Saison 2010/11, als der Aufstieg in die erste serbische Liga gefeiert werden durfte. 2014/15 schloss der FK Novi Pazar die Saison mit Rang fünf ab - der größte sportliche Erfolg der Vereinshistorie. Die Qualifikation für den Europapokal wurde recht knapp verpasst. Nur Partizan, Roter Stern, Cukaricki Belgrad und Vojvodina Novi Sad standen in jener Spielzeit besser dar. Am Ende der Saison 2016/17 musste sich Novi Pazar allerdings als Vorletzter gemeinsam mit Borac Cacak aus dem Fußballoberhaus verabschieden. Fünf Siege in 30 Spielen waren definitiv zu wenig. Kleinere Brötchen müssen nun in der zweiten serbischen Liga gebacken werden, und auch in dieser Spielklasse hängen die Trauben recht weit oben. Rang neun ist der Stand der Dinge, zuletzt musste man sich in Belgrad im Stadion kraj Bežanijske crkve bei Bežanija mit 0:2 geschlagen geben. Bei Heimspielen im schmucken Gradski Stadion schauten zuletzt zwischen 500 und 1.000 Zuschauer vorbei.

Novi Pazar

Um den Bogen nach Berlin zu schlagen: Beim Blick auf die aktuelle Runde des Berliner Pokals fiel der Blick auf die Begegnung 1.FC Novi Pazar Neukölln 95 vs. SC Charlottenburg. Klang interessant. Kurze Überlegung. Weshalb fiel der 1.FC Novi Pazar in den letzten Jahren nie ins Auge? Und ja, dann dämmerte es. Ein kurzer Blick ins Web, und richtig, erst im vergangenen Sommer wurde der Verein in 1.FC Novi Pazar Neukölln 95 umbenannt. Zuvor spielte man als 1. FC Neukölln in der Berliner Landesliga. „Auf kurz oder lang wollen wir in den bezahlten Fußball“, ließ sich Danny Northagen im Juli 2017 in der Berliner Zeitung zitieren. Alter Schwede! Wer möchte das nicht in Berlin?! Der Club Italia! Die SpVg Blau-Weiß 90 Berlin! Und natürlich die Regionalligisten Berliner AK 07, der FC Viktoria 1889 und der BFC Dynamo. Beim Club Italia geht scheinbar schon jetzt die Puste aus, beim Berliner AK 07 werden die Brötchen auch schon etwas kleiner gebacken. Wie soll das der 1.FC Novi Pazar Neukölln 95 packen?

Pazar

Klar, mit dem richtigen Mann, der die Zügel straff hält und finanziell das Projekt unterstützt. In diesem Fall heißt dieser Mann Ismet Bisevac. Er wuchs im serbischen Novi Pazar auf, spielte einst beim FK Novi Pazar und unterstützt als Bauunternehmer auch jetzt seinen Heimatverein. In Berlin-Neukölln möchte er nun ein Stück Heimat etablieren. Dass, wenn man richtig anpackt und den Rubel ein wenig rollen lässt, zumindest die Regionalliga drin wäre, ist beim Berliner AK 07 zu sehen. Und beim Besuch des Berliner Pokalspiels am vergangenen Sonntag wurde schnell klar, hier könnte weitaus rascher eine größere Fangemeinde wachsen als es beim BAK der Fall ist. Zwar kamen „nur“ geschätzte 60 Zuschauer auf den Jubiläumssportplatz in der Bergiusstraße, doch der mitunter angestimmte Support konnte sich hören lassen.

Neukölln

Die Vorzeichen für das zurückliegende Pokalspiel waren nicht die besten. Beide Vereine spielen in der gleichen Staffel der Landesliga. Der SC Charlottenburg führt ohne Niederlage (neun Siege, ein Remis) die Tabelle an. Der 1.FC Novi Pazar Neukölln 95 ist indes aktuell auf Rang zehn zu finden. Aufgrund der zahlreichen Neuzugänge musste sich die Mannschaft erst einmal finden und einspielen. Im Ligabetrieb traf man vor einer Woche am gleichen Ort aufeinander. Bis zur Halbzeit führte der Gastgeber mit 1:0, am Ende musste man sich mit 1:3 geschlagen geben. Den Treffer zum 1:0 erzielte in der zehnten Minute der Spieler mit der Nummer 7 Arafa El-Moghrabi, der am vergangenen Sonntag für Furore sorgte.

Pazar

Zwar wollten gleich die Gäste aus Charlottenburg zeigen, wer Herr auf dem Kunstrasenplatz ist, doch nach einer knappen Viertelstunde brachte Arafa El-Moghrabi den in türkisblau gekleideten 1.FC Novi Pazar Neukölln 95 mit 1:0 in Führung. Brillant wurde sieben Minuten später das 2:0 herausgespielt. Eine tolle Kombination, die von Arafa El-Moghrabi zum 2:0 abgeschlossen wurde. Der ungeschlagene Landesliga-Tabellenführer ließ sich jedoch nicht lumpen und kam Dank Bieders Treffer in der 27. Minute auf 1:2 ran. In der 34. Minute lagen dann (berechtigterweise) die Nerven blank. Der SCC im Angriff, der Schiedsrichterassistenz hob die Fahne, es folgte dann noch ein Foul, doch es wurde einfach gespielt, und der Ball rollte letztendlich ins leere Gehäuse. Das konnte doch jetzt kein Treffer gewesen sein, oder?! Aber doch, der Schiedsrichter gab das Tor, und es folgten wütende Proteste. Gefühlt drohte der Spielabbruch. „Ach, lasst den doch pfeifen! Weiter spielen!“, ertönte es von der anderen Seite, wo sich Trainerstab und Auswechselspieler befanden. Nach einem längeren Hin und Her ging es schließlich weiter. Und die Würze war drin. Immer wieder feuerten die Zuschauer mit „Novi Pazar!“ ihre Spieler an.

Pazar

Es blieb spannend. In der 58. Minute ging der SC Charlottenburg in Führung. Beim direkten Freistoß von Gries sah der Torhüter der Neuköllner denkbar schlecht aus. Und es blieb nicht der einzige Ausrutscher von Djigou im wahrsten Sinne des Wortes. Hatte er für den rutschigen Kunstrasenplatz auch wirklich das richtige Schuhwerk ausgewählt? Wohl kaum! Immer wieder gab es Schrecksekunden, doch weitere Gegentreffer waren nicht zu beklagen. Ganz im Gegenteil. In der 77. Minute fiel der frenetisch umjubelte Ausgleich zum 3:3! Nach einer Flanke war es wieder der grandios aufspielende Arafa El-Moghrabi, der den Treffer erzielte.

Novi Pazar

In der folgenden Verlängerung hatte er weitere Tore auf dem Fuß, in der 107. Minute ging der Ball nur an den Pfosten. Am Ende musste das Elfmeterschießen her. Bei diesem mussten insgesamt 16 Schützen ran. Arafa El-Moghrabi legte mit 1:0 vor, beim SCC schoss Bieder über das Gehäuse. Nachdem Fehratovic im weiteren Verlauf nur die Latte traf, musste auch das Elfmeterschießen in die Verlängerung gehen. Nachdem Barz für die Gäste am Kasten vorbei schoss, gewann der 1.FC Novi Pazar Neukölln 95 insgesamt mit 10:9 diese packende Pokalpartie. Nun gilt es abzuwarten, welch ein hübsches Los für das Achtelfinale gezogen wird. SV Tasmania Berlin? SV Lichtenberg 47? Tennis Borussia Berlin? Oder gar der Pokalverteidiger BFC Dynamo? So oder so, wir werden mit Interesse dran bleiben am Geschehen.

Pazar

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: Berliner Pokal

Artikel wurde veröffentlicht am
14 November 2017
Spielergebnis:
10:9
Zuschauerzahl:
60

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