Das Spiel neigte sich dem Ende entgegen. Ich überlegte mir, wie ich es wohl am besten zusammenfassen sollte. Den Fokus legen auf die stabilen und sehr aufmerksamen Abwehrreihen oder doch lieber auf die schlampigen und hektischen Pässe der Angreifer? Spielte sich hier gerade das ab, was gerne euphemistisch als ein "0:0 der besseren Art" bezeichnet wird? Und welche Auswirkungen hätte das Ergebnis auf die beiden Teams? Ich war geneigt, es als glücklichen Punkt für Union zu werten, denn St. Pauli spielte stark: in der ersten Halbzeit wurden den Hamburgern ein Elfmeter und ein Tor durch Abseits verweigert und im zweiten Durchgang hatten sie einige Großchancen. Union hingegen ließ Präzision in den letzten Pässen vermissen, viele der Offensivbemühungen waren zu offensichtlich. In der ersten Hälfte wurde es nur kurz in der 16. Minute gefährlich als erst Sebastian Polter einen Pass von Akaki Gogia im Strafraum verpasste und Robin Himmelmann den darauf folgenden Schuss von Marcel Hartel parierte.
Als Notizblock und Kamera (fast) eingepackt waren: Union mit Last-Minute-Sieg gegen den FC St. Pauli
Die jeweiligen Fangruppen im ausverkauften Stadion sangen ihre üblichen Lieder, die Stimmung war entspannt und das Publikum genoss die herbstlichen Sonnenstrahlen. Hektisch wurde es erst, als Sami Allagui in der 34. Minute im Strafraum fiel und Elfmeter forderte. Stattdessen bekam er eine gelbe Karte und wurde fortan vom Unmut der heimischen Fans begleitet sobald er in der Nähe des Balles gesichtet wurde. Der ehemalige Hertha-Angreifer versenkte dann auch den Ball im Netz nur fünf Minuten später, doch dem Schiedsrichtergespann war die vorausgehende Abseitsstellung nicht entgangen.
Die zweite Hälfte begann ausgeglichen und ohne besondere Höhepunkte. St. Pauli übernahm dann schrittweise das Ruder - Allagui wurde zunächst drei weitere Male aus dem Abseits zurück gepfiffen, in der 60. Minute hatte er dann aber zwei dicke Gelegenheiten: zunächst tauchte er frei vor Jakob Busk auf, der seinen Schuss aber parieren konnte. Kurz darauf köpfte er das Leder an den Querbalken.
Jens Keller reagierte und schöpfte innerhalb weniger Minuten sein Wechselkontingent aus, brachte mit Steven Skrzybski, Dennis Daube und Damir Kreilach frische Kräfte. Das verbesserte zwar nicht die Passgenauigkeit, aber Union erkämpfte sich doch ein wenig mehr Spielanteile. Die daraus resultierenden Fernschüsse oder Kopfbälle bereiteten dem St. Pauli Block aber keine großen Sorgen.
Union versuchte es mit der Brechstange und schien ungeduldig. Die Hamburger eroberten dadurch leicht Bälle aus Fehlpässen oder misslungenen Dribblings. Konnten damit aber auch wenig anfangen, denn es fiel ihnen selber nicht mehr viel offensiv ein und die zahlreichen hohen Bälle fanden in Unions Toni Leistner einen verlässlichen Abnehmer.
Zwei Minuten Nachspielzeit waren angezeigt. Es deutete also alles auf ein torloses Spiel hin. Ich tippte Notizen rund um einen glücklichen Punkt für Union ins Telefon, nahm dann aber doch noch mal die Kamera zur Hand. Vielleicht würde dieser letzte Freistoß ja noch etwas Torgefahr bringen. Und das tat er dann bekanntlich auch. Christopher Trimmel war während des Spiels einer der Aktivposten auf Unions rechter Außenbahn. Seine Pässe und Flanken landeten bisher aber tendenziell im Nirvana. Nicht so dieser letzte Freistoß: punktgenau landete dieser auf Sebastian Polters Kopf, der ihn aus sechs Metern wuchtig ins Hamburger Tor beförderte.
Es war also ein 0:0 der besseren Art, allerdings mit einem Sieger. Union sackt statt eines glücklichen Punktes gleich drei ein und ist weiterhin gut im Aufstiegsrennen dabei. Nach der Länderspielpause treten die Köpenicker beim FC Heidenheim an. Für St. Pauli hieß es: "Und täglich grüßt das Murmeltier", denn eine 0:1 Niederlage durch ein Sebastian Polter Tor in der letzten Minute erlebten die Hamburger bereits im März 2015 an der Alten Försterei. Für Unions bisherigen Tabellennachbarn hat sich der Abstand auf die Aufstiegsränge nun deutlich erhöht. Die nächste Gelegenheit, am Punktekonto zu arbeiten bietet sich daheim gegen Regensburg.
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Ligen
Benutzer-Kommentare
Stimmung war nicht übel. Auch wenn von der Waldseite ja hauptsächlich das lautstarke "Scheiß St. Pauli" zu vernehmen war. Aber diese Aversion hat offenbar Kräfte freigesetzt. Speziell nach dem Siegtreffer kamen die ja nochmal extrem laut.
Die Gegengerade hat sich daran weniger beteiligt und war insgesamt eher passiv, aber auch das ist ja nichts Neues in letzter Zeit. Gerade bei den gehypteren Spielen geht es dort ja eher gemächlich zu, nicht unbedingt wie auf Stehplätzen. Einzig bei den "Eisern Union"-Wechselrufen wurde dort gut mitgezogen.
Für den neutralen Zuschauer war es jedenfalls ein unterhaltsamer Nachmittag.