Breustedt, Pröger und die Fans lassen es krachen! Der BFC Dynamo holt den Pokal!

Die arme, hübsch für die ARD zentral aufgestellte Werbebande hatte arg zu leiden. Immer wieder wurde die grüne Bande von Berliner Pilsner vor lauter Freude demoliert, immer wieder musste das Team im Zwirn anrücken und gerade rücken, was gerade zu rücken war. Was war das aber auch ein frenetischer Jubel der Spieler des BFC Dynamo! In jüngerer Vergangenheit wurde alle zwei Jahre - sprich 2011, 2013 und 2015 - der Berliner Landespokal geholt, und jedes Mal gab es auf dem Rasen und den Rängen mächtige Gefühlsausbrüche. Was die Spieler betraf, so waren die Gefühlsausbrüche beim gestrigen Pokalendspiel rekordverdächtig. Das hatte mehrere Gründe. Nach passabler Hinrunde wurde die Rückrunde vermurkst, zuletzt musste man sich dem Staffelsieger FC Carl Zeiss Jena mit 0:4 geschlagen geben. Die Zuschauer blieben allzu häufig aus, die Zukunft des Vereins schien nicht wirklich rosig. Auch wenn die Karten in einem Pokalfight stets neu gemischt werden, so ging der FC Viktoria 1889 Berlin aufgrund der Abschlussplatzierung in der Regionalliga Nordost als leichter Favorit ins Rennen. Zum ersten Mal seit 17 Jahren standen sich am gestrigen späten Nachmittag / frühen Abend zwei Regionalligisten in einem Finale gegenüber. Umso größer die Freude, wenn die harte Nuss geknackt wird. Mit 3:1 konnte der BFC Dynamo in der Verlängerung den FC Viktoria 1889 schlagen, und für das absolute Sahnehäubchen sorgte jemand, der nun in den tiefen Westen zu Rot-Weiss Essen wechseln wird. Die Rede ist von Kai Pröger, der nach dem Rückschlag zum 1:1 in der 111. Minute zwei sehenswerte Treffer in der 118. und 120. Minute erzielte! Dass Weinrot vor lauter Freude kollektiv durchdrehte, versteht sich von selbst. Doch der Reihe nach.

Vor dem Spiel sprach nicht allzu viel dafür, dass es wieder eine ähnlich große Kulisse wie zuletzt bei den Endspielen 2013 und 2015 gegen den SV Lichtenberg 47 und den SV Tasmania Berlin geben würde. Nach der mächtig durchwachsenen Rückrunde war auf Seiten des BFC Dynamo wenig Euphorie bei den Fans zu spüren. Heiß war der FC Viktoria 1889, doch dieser kann vielleicht 1.000 bis 2.000 Anhänger mobilisieren. Am Ende wurde die Gesamtkulisse von 2013 (6.381 Zuschauer) mit 6.690 Zuschauern sogar übertroffen. Allein 2015 (6.914) waren es mehr Zuschauer beim Endspiel des Berliner Pilsner Pokals. Somit war es am gestrigen Abend die zweitgrößte Kulisse bei einem Berliner Endspiel seit 1992, als nach der Zeit der Teilung wieder der Gesamtberliner Landespokal eingeführt wurde.

BFC

Im Umfeld des Jahn-Sportparks wurde am gestrigen Nachmittag mächtig gespeist und getrunken. Einige BFCer schauten sich am frühen Nachmittag im kleinen Stadion auch das Finale der zweiten Herren an. Etwas überraschend konnte Eintracht Mahlsdorf II gegen den BFC Dynamo II mit 3:2 gewinnen. Im Anschluss wurde in den anliegenden Lokalitäten kräftig aufgetischt. Manch einer beließ es beim Gerstensaft, viele orderten jedoch Schnitzel & Co. Kein Wunder, liegt der Altersdurchschnitt bei der weinroten Anhängerschaft etwas höher als anderswo. Die meisten sind Familienpapas und stehen mehr als mitten im Leben. Das Bierchen vor dem Spätkauf überließ man eher der jüngeren aktiven Anhängerschaft. Und da Schnitzel und Würzfleisch mit Genuss gegessen wurden, pilgerten nicht wenige BFC-Fans auf den letzten Drücker zum Stadioneinlass. Die Partie wurde mit zehnminütiger Verspätung angepfiffen, weil draußen vor den Toren noch hunderte Fußballfreunde warteten.

BFC

Block M der Gegengerade war jedoch beim Einlaufen der Mannschaften bereits gut gefüllt, der Fähnchen-Choreo stand somit nichts im Wege. "Weinrot-weiße Leidenschaft" war auf einem Banner zu lesen, dazu gab es eine Portion Nebel. Auf Seite der Viktoria-Fans wurde im späteren Verlauf noch einmal ein Spruchband gezeigt, das bereits beim 2014er Finale gegen Tasmania Berlin zum Einsatz kam: „FC Viktoria 1889 - holt den Pokal!“ in großen hellblauen, rot eingerahmten Lettern. Und es sah wahrlich gut aus für Viktoria. Gleich zu Beginn wurde mächtig Dampf gemacht, die erste gute Möglichkeit ergab sich bereits nach zwei Minuten, nach einer folgenden Ecke brannte es sogleich im Strafraum der Weinroten. Als nach vier Minuten auch der BFC zum ersten Sturmlauf ansetzte, ertönte lautstark das „Hurra, hurra, der BFC ist da!“ von den Rängen. Wenig später hallte ein kraftvolles „Ost-, Ost-, Ostberlin!“ über den Platz.

Viktoria

Sich mächtig was vorgenommen hatte sich Kai Pröger. Nach einer Viertelstunde eilte er fix über die linke Seite nach vorn, wurde dann aber von seinem Gegenspieler rustikal, jedoch fair vom Ball getrennt. Die Parte war fortan ausgeglichen. Die Weinroten versuchten es über die Flügel, Viktoria wurde vor allem bei Freistößen und Ecken gefährlich. Nachdem beide Seiten unmittelbar vor der Pause noch einmal eine gute Möglichkeit hatten, ging es mit dem 0:0 zur den Kabinenansprachen. Während der Pause drehte der Bär von Berliner Pilsner eine Runde auf der Tartanbahn, doch nicht jeder war von seinem Spaziergang entlang der Gegengerade erfreut. Wenngleich sein Pelz weinrot ist, so wird diese Biermarke mit dem 1. FC Union Berlin in Zusammenhang gebracht. „Scheiß Union! Scheiß Union!“, ertönte es, dann detonierten zwei Böller vor den Füßen des pelzigen Genossen. Seine Begleitung führte ihn fix weiter, bevor das Ganze komplett zu eskalieren drohte.

BFC

Zu Beginn der zweiten Halbzeit mussten zum ersten Mal Reparaturarbeiten an der eingangs erwähnten Werbebande vorgenommen werden. „Reißt die Schei** ab!“ wurde den Männern im Anzug zugerufen. Auf dem Platz ging es flott weiter, ab der 60. Minute hatte der BFC ein leichtes Übergewicht. So wurde in der 61. Minute nach einer guten Chance über die Torlatte gelenkt, zwei Minuten später folgte die nächste fette Möglichkeit. Während ab der 66. Minute eine weitere Choreo auf der Gegengerade im Block M folgte - die Ultras BFC feierten den 6. Geburtstag -, machten die Weinroten jetzt richtig Druck. Allzu oft wurde jedoch wegen abseits abgepfiffen. Etwas Aufregung gab es in der 77. Minute, als ein roter Rauchtopf gezündet und später in den Innenraum geworfen wurde. In der Folge gab es auf den Rängen eine kleine handfeste Auseinandersetzung. Aus welcher Motivation heraus der Rauchtopf auf die Bahn geworfen wurde, ist nicht geklärt. Entweder ohne Hirn und Verstand, oder aber jemand war einfach nur vom Qualm genervt und entsorgte das Teil kurzerhand im weiten Bogen.

UBFC

Auf dem Rasen blieb es spannend. Nach drei Minuten Nachspielzeit ging es schließlich in die Verlängerung. Und diese sollte es in sich haben! In der 96. Minute kam Otis Breustedt nach schnellem Vorstoß an den Ball und legte sich von schräg rechts das Spielgerät zurecht. Manch einer dachte bereits, er würde die Möglichkeit wohl versieben. Doch denkste! Kurz geschaut und dann mit links den Ball ins Netz gezirkelt. Es brachen nun alle Dämme! In der Folge lag die mittlere Werbebande komplett flach. Es sah aus wie auf dem Schlachtfeld. Frenetisch hatten die Spieler gemeinsam mit den Fans feiern wollen. Nun war jedoch das Alu-Gestell für sportliche Sprünge über die Bande nicht ausgelegt. Es gab einiges zu tun. Für die Herren im Anzug, die sich nicht beirren ließen. Für die Männer in Hellblau, die nun in der Verlängerung einem Rückstand hinterherrennen mussten.

JSP

Und Viktoria kam! In der 104. Minute brannte es lichterloh im Strafraum der Weinroten. Wieder einmal eine Rettungstat von BFC-Keeper Bernhard Hendl, gemeinschaftlich wurde der Ball aus der Gefahrenzone gebracht. Der Ausgleich sollte dann sieben Minuten später tatsächlich gelingen. Nach weitem Abschlag wurde der Ball von der linken Seite nach rechts rübergebracht, mit dem Kopf prima vorgelegt und dann von Ümit Ergirdi im Gehäuse sehenswert untergebracht. Freude bei den Hellblauen, Entsetzen bei den Weinroten. In der Folge schaute es gut aus für Viktoria, die nun beflügelt war.

Pröger

Doch dann kam die Sternstunde des Kai Pröger! Zwei Minuten vor Schluss wurde der Ball mustergültig auf den nach vorn eilenden Pröger gespielt, dieser legte sich das Spielgerät routiniert vor und schob flach unten links zum 2:1 für den BFC ein. Nun brachen alle Dämme. Geknuddel vor der Gegengerade auf Höhe der Mittellinie. Mittendrin in der Traube das Maskottchen des BFC und einige Fotografen. Der Jubel erinnerte an das legendäre Achtelfinal-Pokalspiel vor einigen Jahren, als in der letzten Minute gegen den Berliner AK der Ausgleich erzielt wurde.

BFC

Und noch war nicht Schluss! Logisch, dass der FC Viktoria 1889 nun komplett öffnen musste. In der Nachspielzeit war es noch einmal Kai Pröger, der zuschlug und somit den Sack zumachen konnte. Allein vor dem gegnerischen Keeper lupfte er den Ball in die Maschen und ließ noch einmal die Weinroten in freudige Wallung bringen. Abpfiff - und der Rest war einfach nur noch eine dynamische Dauerparty…

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: BFC Dynamo

Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
26 Mai 2017
Spielergebnis:
3:1
Zuschauerzahl:
6.690

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5 Kommentare
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Spitzenmäßig!
G
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Einfach nur geil! Erste Runde gegen Hertha im vollen Olympiastadion...
W
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Gute Sache! Und nun ein geiler Gegner im DFB-Pokal!!!
J
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O
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G
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