1. FC Lok Leipzig vs. BFC Dynamo: Wie viel Pfeffer steckt noch im einstigen DDR-Klassiker?

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M Updated 05 April 2017
1. FC Lok Leipzig vs. BFC Dynamo: Wie viel Pfeffer steckt noch im einstigen DDR-Klassiker?

Für Lok und auch den BFC ist die Saison gelaufen. Beim Duell im Bruno-Plache-Stadion ging es nur noch um die goldene Ananas. Schon bei meinem Samstag-Spiel in Szczecin versprachen die Spieler ein Kämpfen für die Fans. Dynamos Anhang rief zur Pilgerfahrt auf, Kreuzzug wäre zu übertrieben, sodass Dynamos Spieler ausreichend Motivation für einen echten Fight auf dem Rasen haben sollten. Die Regionalliga entwickelt sich mittlerweile zu einer besseren Oberliga, sodass die „Kracher“ seltener werden. Die heutige Regionalliga ist mit der alten Regionalliga, in der sich Leipzig und Dynamo zum letzten Mal gegenüberstanden, kaum vergleichbar. Einige Vereine von damals halten sich im Profi-Geschäft, andere wie SD Croatia oder Lok Stendal dümpeln in der Verbandsliga rum, Eisenhüttenstadt und der Spandauer SV sind gar komplett verschwunden. Aus dem VfB wurde wieder Lok, sodass bis 1989 in die Geschichtskiste gegriffen wurde, um dem Spiel als Lok-BFC noch mehr Würze zu geben.

BFC

Solche Spiele werden meist heißer gekocht, als sie dann gegessen werden. Mal schauen, was so passierte. Für hintergründige Recherche ist der Marco zuständig, ich gebe nur wieder, was ich sah. Als beim Passieren des Ortseingangschilds plötzlich aus einer Seitenstraße weinrote Kanten im langsamen Dauerlauf Richtung Stadion zogen und sofort von links und rechts die Blaulichter angeschossen kamen und darüber noch der Hubschrauber kreiste, kehrte mal wieder Risikospielatmosphäre in Leipzig ein. Einen Tag zuvor trafen schon Chemie und Gera aufeinander. Der Sonderzug aus Berlin wurde per Shuttle-Service zum Gästeparkplatz gebracht. Von da aus liefen die Gästefans durch einen Park, der an diesem sonnigen Sonntag von zahlreichen Familien und Spaziergängern genutzt wurde. Die Taktik war gut durchdacht und ging auf. Stress mit den BFCern wollte sowieso keiner. Und falls doch was passierte, dann wissen es die, die es wissen müssen. Am Eingang am Südfriedhof lief es ebenso gesittet ab. Da kontrollierte übrigens der Sicherheitsdienst, der es nach dem Spiel Rasenball gegen Hamburg in die negativen Schlagzeilen schaffte. 

Lok

Unfreundlicher wurden neutrale Besucher empfangen - „Hopper geh heem“. Die Diskussion gab es bereits vor nicht so langer Zeit. Persönlich sind mir Hopper im „eigenen“ Stadion relativ egal, wenn sie ohne Gehabe auskommen. Nur einfach das Spiel zu verfolgen, überfordert aber schon anscheinend nicht wenige. Hampelt dann noch einer mit einer Kamera aus kurzer Entfernung vor einem herum und man weiß, dass die Fotos noch irgendwo landen werden, dann sieht auch die kleinste Fangruppe nicht untätig darüber hinweg. Respektvoller Umgang, keine veröffentlichten Nahaufnahmen und neutrale Kleidung hätten vermutlich den tiefen Graben nicht entstehen lassen. 

Lok

Der erste Hopper ließ nicht lange auf sich warten. Brite, vom Alter ca. 60, schaut sich den Ultra-Stand an. Das Kurvenblatt der Ultras gibt es für einen Euro. Ein umfangreiches Werk, das in kurzer Zeit geschrieben werden musste, da ja das letzte Spiel nur wenige Tage her ist. Dennoch sehr qualitativ. Interessant waren die gesammelten stumpfsinnigen Zitate aus sozialen Netzwerken – ein super Spiegelbild der Gesellschaft. Außerdem schrieben sie eine Fahnenklau-Geschichte nieder. Der Gästeblock wollte sich erst gar nicht füllen, doch kurz vor Anstoß war dann kaum noch ein Plätzchen frei. Ähnlich sah die Gegengerade aus. In der Lok-Kurve gab es Leute, die zugaben, zum ersten Mal hier zu sein und keine Hopper sind, andere waren seit dem letzten Duell mit dem BFC Dynamo nicht mehr hier und schwelgten in Erinnerungen. „Weißt du noch? Da unten war unsere Ecke. Daneben hing immer die Fahne der Weißenfelser.“ Und dann kam sie auch noch, die Fahne aus Weißenfels. 

BFC

Die Tribüne schien komplett ausverkauft zu sein. 5400 Zuschauer werden die Kasse ordentlich gefüllt haben, doch bedeuten viele Zuschauer nicht gleich eine gute Stimmung. „Dynamo, Dynamo!“ war hörbar, aber mehr auch nicht. Zwischendurch schepperte es mal von beiden Seiten „FCL“. Eine Schweigeminute während des Spiels? Nein, es war wirklich so leise, dass man die Worte aus der übernächsten Reihe noch problemlos verstehen konnte. Nachdem ich mal hören wollte, was die Ultras so singen, wurde ich schon von einem Bekannten angesprochen, ob ich bei den Fangruppen wirklich gute Unterstützung erwarten würde, da doch beide vom Erscheinungsbild doch mehr zu bieten haben. 

Lok

Wie die Unterstützung hatte auch das Spiel ein paar Pausen, in denen nichts los war. Die Statistik liest sich aber wie ein offener Schlagabtausch mit Herzschlagfinale. Lok führt, Ausgleich, BFC führt, Ausgleich, Lok führt wieder in der 90., Kirsten rettet den Sieg in letzter Sekunde. Beide Fanblöcke haben schon viele weniger interessante Spiele gesehen. Der Abmarsch verlief ebenso entspannt wie der Anreise. Die Shuttle-Busse brachten die BFCer vom Parkplatz zum Sonderzug, der Rest konnte danach mit Begleitung auf die Autobahn und war ebenso schnell wieder vom Sonntagsausflug zurück. 

Anmerkung: Die „Fanszene Lokomotive Leipzig“ gab bekannt: „Hallo Lokfans, wie heute schon gegen den BFC werden wir bis auf weiteres sämtliche Aktivitäten im Stadion einstellen. Fanszene Lok.“

Fotos: Michael, P. Schoedler, Merlin

> zur turus-Fotostrecke: 1. FC Lok Leipzig

> zur turus-Fotostrecke: BFC Dynamo

 

Artikel wurde veröffentlicht am
04 April 2017
Spielergebnis:
3:2
Zuschauerzahl:
5.401

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5 Kommentare
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Warum stellt die Lok-Fanszene alle Aktivitäten ein?
Warum gibt es Krach zwischen den Hooligangruppen und Ultras bei Energie Cottbus?
Warum ist Marco bei Zwickau nicht rein gekommen.......

Turus.net ermittelt und lasst eure Kontakte spielen, dadurch kommen mehr Leser....
S
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