Wichtiges Signal bei Wismut Gera: Gespräch zwischen Vorstand und Fans

R Updated 30 September 2018
Wichtiges Signal bei Wismut Gera: Gespräch zwischen Vorstand und Fans

Müsste man im sozialen Netzwerk einen Beziehungsstatus für das Verhältnis zwischen den Fans der BSG Wismut Gera und dem Vereinsvorstand wählen, dann träfe es wohl "Es ist kompliziert" am besten. Auf der einen Seite haben Fans das Gefühl, dass sie nun bei der "neuen" BSG nicht mehr gebraucht werden und die Familienatmosphäre stören. Auf der anderen Seite steht ein Vorstand, der durch großes Engagement zahlreiche Sponsoren gewinnen konnte und ein durch die Umbaumaßnahmen am Steg nicht einfaches Vereinsleben koordinieren muss.

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Hinzu kommt ein neuer Trainer, der die Aufgabe hat, höherklassigen Fußball in Gera zu etablieren und somit ein neues Team aufbaute, was auch mit dem Weggang von Identifikationsfiguren verbunden war. Alles andere als eine einfache Situation, schließlich gab es Ähnliches schon einmal in der BSG-Geschichte. Neuzugänge wie Frank Baum sollten beim 1. SV Gera in der Saison 1994/95 den Traum vom höherklassigen Fußball in Gera bewahren. Doch das Gegenteil war der Fall, es folgten ein sportlicher und wirtschaftlicher Abstieg der BSG. Damit einher ging der Aufstieg des TSV 1880 Gera-Zwötzen verbunden mit der Zweiteilung des der Fußballlandschaft in Gera, deren Auswirkungen noch bis heute spür- und sichtbar ist. Auch der durch personelle und wirtschaftliche Fehlentscheidungen bedingte Niedergang des Ex-Oberligisten VfB 09 Pößneck ist vielen Beteiligten im Bewusstsein.

Zwangsläufig entsteht die Sorge, dass die bemerkenswerte Geschichte des 1. SV Gera/FV Gera-Süd/BSG Wismut Gera seit 2003 nun ein jähes Ende finden könnte. Diese Zweifel - verbunden mit der Enttäuschung über den sportlichen Verlauf der 1. Halbserie; dem Weggang von Jegor, Lippo und Ronsen sowie den als unverhältnismäßig empfundenen Sanktionen nach den Spielen gegen Lok und Bischofswerda - sorgen für ein mehr als angespanntes Verhältnis innerhalb des Vereins. Ein leerer BSG-Fanblock zum Ende der 2. Halbserie 2015/16 sowie zum Ende der Hinrunde der aktuellen Saison ist ein Beleg für die Differenzen bei der BSG.

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Die Kommentare und Missverständnisses zwischen Spielern und Fans im bzw. rund um das Spiel gegen den BSC Süd 05 haben deutlich gemacht, dass die aktuellen Spannungen im Verein in der Lage sind, einen nicht mehr zu kittender Spalt und damit eine völlig Eskalation der Situation zu erzeugen. Um dies zu verhindern, lud Präsident Volker Fiedler und seine Vorstandskollegen in der aktuellen Woche die Fanszene zu einem Gespräch ins Stadion der Freundschaft ein. "Wir brauchen Euch und müssen wieder zu einem Miteinander finden. Wie können wir in Zukunft eine solche Situation vermeiden, was können wir besser machen", fragte der Präsident zu Beginn die ca. 20 anwesenden Fans. 150 Minuten wurden intensiv und stets sachlich die aktuellen Probleme analysiert und mögliche Lösungen diskutiert.

Dabei versicherte der Vorstand den Anwesenden mehrfach, dass die Sorgen um die finanzielle Situation unbegründet sind. Das Verein ist wirtschaftlich gut aufgestellt und führt auch aktuell Gespräche mit weiteren potentiellen Unterstützern. Trainer Carsten Hänsel und Kapitän Frank Müller warben um Unterstützung für ihr Team. "Man muss dieser Mannschaft auch eine Chance geben. Der große Umbruch im Sommer und die damit einhergehende Professionalisierung von Mannschaft und Training waren bzw. sind notwendig, um in der Oberliga eine gute Rolle spielen zu können", so Hänsel. Der Trainer machte deutlich, dass zahlreiche Spieler 2-Jahresverträge haben und in den kommenden Wochen weitere Vertragsverlängerungen geplant sind.

Ein zentrales Thema des Abends war die gegenseitige Kommunikation sowie die Vorfälle am 12. Spieltag nach dem Spiel gegen den Bischofswerdaer FV. "Kaum haben wir einen Fall abgeschlossen, müssen wir zum nächsten Vorfall Stellung nehmen. Das belastet unsere Ressourcen enorm", berichtete Jörg Pauli. Die Aufarbeitung der Geschehnisse dauert aufgrund von Nachfragen der Fußballverbände noch immer an. Vorstandsmitglied Frank Neuhaus machte deutlich, dass dieser Vorfall nicht mit seinem Verständnis von Fankultur vereinbar ist: "Ich erwarte Respekt vor Mensch und Eigentum." In der kritischen Bewertung der Vorfälle waren sich alle Beteiligten einig. Allerdings machten die anwesende Fans deutlich, dass es in Bezug auf die Kommunikation eine andere Absprache gab. "Wir hatten nach dem Lok-Spiel vereinbart, dass wir bei Vorkommnissen zunächst das Gespräch suchen. Warum ist das nach dem Bischofswerda-Spiel nicht passiert", fragte ein langjähriger BSG-Fan, der sich kritisch zur Pressearbeit nach den Vorfällen im Hofwiesenpark äußerte.

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Nein, es konnten nicht alle Punkte diskutiert und alle Missverständnisse völlig ausgeräumt werden. Das war in einem ersten Gespräch auch nicht zu erwarten. Aber Verständnis für die Positionen des Gegenübers erzeugte der Abend in jedem Fall. Über 14 Jahre waren Spieler und Fans nach guten und weniger guten Spielen eine feste Einheit. Der richtige Weg der Professionalisierung von Verein und Mannschaft darf nicht dazu führen, dass dies nicht mehr möglich sein soll. Vereine wie Union Berlin und Dynamo Dresden beweisen, dass sich professionelles Arbeiten und Fannähe nicht ausschließen müssen. Es gilt hier in den kommenden Wochen aufeinander zuzugehen. Daher war es wichtig, dass der Trainer die Fans mehrfach dazu eingeladen hat, beim Training vorbei zuschauen; genau wie die Fanszene eine Einladung an Mannschaft und Trainer in den Fantreff aussprach.

Das Wichtigste scheint allerdings zu sein, dass dieser Abend keine einmalige Angelegenheit bleibt. Es muss gelingen, in regelmäßigen Abständen zwischen Vorstand und Fans aktuelle Probleme zu besprechen, um eine derartige Belastung des Miteinanders zukünftig zu vermeiden. Dass dies möglich ist, steht nach dem leidenschaftlichen Auftritt des Präsidenten außer Frage. Mehrfach hat Volker Fiedler - auch im Namen seiner Vorstandskollegen - deutlich gemacht, dass er sich zum einen die Fortführung der Gespräche wünscht und er sich eine BSG ohne Fanszene nicht vorstellen kann bzw. will. Und damit hat er genau das Signal ausgesendet, welches sich alle beteiligten Fans in den vergangenen Wochen erwünscht hatten. Nun gilt es weiter aufeinander zuzugehen und die Worte in Taten umsetzen, um die großen Herausforderungen der kommenden Monate und Jahre gemeinsam meistern zu können.

Text: Danny Neidel

Grafik & Fotos: Danny Neidel, turus.net, sachseninformer.de

Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
26 Februar 2017

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