RB Leipzig vs. Hertha BSC: Die alte Dame verkaufte sich unter Wert

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Mal abgesehen von der Auftritten der U23 von Hertha BSC bei der ersten und zweiten Mannschaft von RasenBallsport Leipzig und dem 1. FC Lok Leipzig - wann hatte eigentlich die „Alte Dame“ das letzte Mal einen Auftritt in der Messestadt? Man muss in der Zeit ein wenig zurück gehen, um zum entsprechenden Spiel zu kommen. Am 16. März 1997 (also in Herthas Aufstiegssaison) trat Hertha BSC zum Zweitliga-Auswärtsspiel beim VfB Leipzig an. Vor 9.300 Zuschauern konnten die Berliner einen 3:0-Sieg einfahren. Die Treffer fielen allesamt in der Schlussphase. Marcel Rath (70. Min.), Michael Hartmann (86. Min.) und Andreas Schmidt (90. Min.) waren die Torschützen. Damals mit in der Startelf stand der heutige Hertha-Trainer Pal Dardai. Ein in der Schlussphase eingefahrener Sieg? Das hätte den Berliner auch am vergangenen Samstag verdammt gut geschmeckt. Rund 4.000 Hertha-Fans hatten ihre Mannschaft in die Messestadt zum Auftritt beim Tabellenzweiten RasenBallsport Leipzig begleitet. Am Ende fuhr man jedoch mit leeren Händen nach Hause. Mit 0:2 ging das Spitzenspiel aus Sicht der Berliner verloren. Unter dem Strich war der Sieg von RB Leipzig völlig verdient. Nach dem 2:0 waren die Gastgeber dem 3:0 weitaus näher, als die Berlin dem Anschlusstreffer. Und auf den Rängen?

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Frohen Mutes hatten sich die Hertha-Fans am Samstagmorgen auf den Weg gemacht. Etliche Zugverbindungen standen glücklicherweise zur Auswahl. Doch trotz der verschiedenen Möglichkeiten war bereits um 9:30 Uhr der Regionalzug von Berlin nach Dessau überaus gut gefüllt. Stand man als in Berlin-Charlottenburg Zugestiegener anfangs noch eingequetscht im Türraum, so lockerte es sich nach und nach etwas auf. Etliche ältere Herrschaften machten glücklicherweise hier und dort einen Vorweihnachts-Ausflug ins Potsdamer / Beelitzer Umland, so dass die Fahrt nach Dessau zu einer nicht allzu großen Qual wurde. Nachdem mit der silberfarbenen S-Bahn von Dessau kommend am unteren Bahnsteig des Leipziger Bahnhofs eingefahren wurde, versuchten die polizeilichen Einsatzkräfte sogleich die Berliner Fußballfans zu sammeln und über einen hinteren Aufgang zu den Shuttle-Bussen zu bringen. Bei 4.000 anreisenden Fans, die teilweise auch einen ICE nahmen, blieb es jedoch nicht aus, dass etliche Herthaner sich frei bewegen, hier und dort einkehren und zu Fuß zum Stadion pilgern konnten.

Hertha

Eine Gruppe aktiver Fans, die ebenfalls zu Fuß einen Stadtrundgang machen wollte, wurde jedoch später auf der Hauptstraße von der Polizei abgefangen und in Shuttle-Busse verfrachtet. Rund um das Stadion blieb es ruhig, nachdem sich der Gästeblock nach und nach gefüllt hatte, wurde sich 45 Minuten vor Anpfiff schon mal warm gesungen. Auf dem Oberrang hatte die aktive Szene ihren Platz am Geländer eingenommen, im Unterrang waren „normale“ Fans / Zuschauer anzutreffen. „Hertha nur echt in Blau-Weiß seit 1892“ war Weiß auf Blau bzw. Blau auf Weiß oben und unten zu lesen. Während auf dem Oberrang blaue Überzieher getragen wurden, waren es im Unterrang Weiße. Ein schmucker Anblick, der Lust auf mehr machte. Zumal die ersten Schlachtrufe ordentlich durch das weite Rund geschmettert wurden. 

RBL

Auf Heimseite gab es bei dieser Partie keine Choreo zu sehen. Vor dem Spiel verteilt wurden tausende Nikolausmützen, die zum größten Teil auch getragen wurden. Während der Blick über die Ränge schweifte, gab es selbstverständlich das eine oder andere Detail zu finden. So war oberhalb des L.E. Bulls-Banner vor der Trommel ein „ARAB - All Rats Are Beautiful“ zu sehen. Die meisten Banner sahen indes so aus, als wenn sie zentral von einer Firma professionell angefertigt werden. Wasserfest, die Schlaufen zum Befestigen gleich inklusive. Vorschlag einreichen, anschließend genehmigen und anfertigen lassen. Fertig zum Befestigen. „Le Young Red Bulls 2016“, „RBL KULTras“, „Leipzig Schollen Bullen“, „Hornochs`n“, „De Middlsaxn“, usw. Allerdings gibt es auch ein paar wenige selbst bemalte Stoffe. „Wipperdorf Thüringen grüßt RB Leipzig“ und sogar Herne ist bei RasenBallsport mit einem selbst angefertigten Stück Stoff präsent. Dass alles sehr brav wirkt, dürfte kaum überraschen. Gleiches gilt auch beim Verhalten Zuschauer. Mal eine ernsthafte Provokation in Richtung Gästekurve? Fehlanzeige. So genau man auch die Zuschauer beobachtete, sie saßen auf den Plätzen und erfreuten sich allein am Spiel ihrer Mannschaft.

Bulls

Und auf Gästeseite? Ein paar Spruchbänder hatten den Weg in die Gästekurve gefunden. So waren im Laufe des Spiels folgende Botschaften zu lesen: „Unsere Anerkennung bekommt Ihr nie - in Leipzig nur Lok und Chemie!“, „Unsere Werte interessieren Euch einen Scheiß - Fußball ohne Red Bull, Hertha in Blau-Weiß!“, „Ey Ralf, wir warten sehnlichst auf deinen nächsten Burnout!“, „… und dafür seid Ihr 1989 auf die Straße gegangen?“ sowie ein in der zweiten Halbzeit dauerhaftes hängendes Banner mit der Aufschrift „Hertha BSC Bullenhass“. 

Hertha

Ausgerechnet bei RasenBallsport Leipzig musste die Mannschaft von Hertha BSC auf ihre dritte Trikot-Garnitur zurückgreifen. So wurde im grellen Pink, das selbst ein wenig an eine Limonade erinnert, gespielt. Aus Sicht der Fans definitiv desaströs! Zwar nicht desaströs, aber dann doch ein wenig enttäuschend, war die Berliner Leistung auf dem Rasen. Herthas genereller Einsatz stimmte halbwegs, doch nach 90 Minuten war einem völlig klar, weshalb sich die RasenBallsport Leipzig an der Tabellenspitze einen Zweikampf mit dem FC Bayern München liefert. Der Ball rollt bei RasenBallsport. Kein Wunder, dass das Publikum beim Heimspiel gegen Hertha BSC hoch zufrieden, ja geradezu euphorisch war. Die Berliner waren überfordert, der Gastgeber machte das Spiel. 

Hertha

Die Fakten sprechen ganz klar für RBL. 64 Prozent Ballbesitz. 58 Prozent Zweikampfquote. 488:208 angekommene Pässe, 9:1 Ecken. 16:3 Torschüsse. Was will man da noch sagen? Zumal Hertha keine einzige wirklich echte Möglichkeit hatte. Kurz vor der Pause machte Timo Werner aus zirka sieben Metern das hochverdiente 1:0, nach einer Stunde köpfte Willi Orban nach einer Ecke zum 2:0 ein. Zwar agierten die Berliner in der Schlussphase etwas mutiger, doch Zählbares wollte an diesem Nachmittag nicht herausspringen.

Hertha

Kein Wunder also, dass im Gästebereich kein Rock´n Roll getanzt wurde. Auf dem Oberrang zeigten sich die Fans überaus motiviert, doch die Mitmachquote sank besonders im Unterrang im Laufe des Spiels rapide. Zum Schluss wurden in Form der hochgehaltenen Überzieher noch einmal blau-weiße Farben gezeigt, und es glimmte dreimal an zwei verschiedenen Stellen, doch unter dem Strich zeigte sich der eine oder andere neutraler Besucher enttäuscht. Was einfach fehlte, waren richtig gute Torchancen der Berliner, die die Anhängerschaft in Wallung bringen. Ganz zu Schweigen von einem Treffer der Hertha. Ja, den Torjubel hätte man mal sehen wollen. So aber flutschte das Spiel irgendwie durch. Dass indes die RB-Fans rundum zufrieden waren, dürfte sich von selbst erklären.

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: RB Leipzig

> zur turus-Fotostrecke: Hertha BSC

 

Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
20 Dezember 2016
Spielergebnis:
2:0
Zuschauerzahl:
4.000
Gästefans
43000

Ligen

Inhalt über Liga
1. Bundesliga

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3 Kommentare
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G
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Guter, objektiver und sachlicher
Artikel.
Viele Banner sind nach Vorlage industriell gefertigt. Die Fahnen dagegen sehr oft selbst gemalt.
Auch richtig, der größte Teil der RBL-Fans fokussiert sich auf ihre Mannschaft bzw. den Club. Wobei es auch 1-2 erlebnisorientierte Gruppierungen gibt, aber die haben immer noch Pickel im Gesicht.;-)
Hertha: ganz guter Support...in der Buli war nur Schalke besser...die aber auch nicht an Hansa rankamen. Das eine unsägliche Spruchband...na ja...es gibt überall Idioten
R
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G
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