Der BFC Dynamo hat den Juri, der FSV Budissa Bautzen hat den Weihnachtsmann. Beide geben derzeit mit den Ton auf den Rängen an. Am Samstagnachmittag nach dem Spiel im Sportforum Berlin-Hohenschönhausen lachen durfte indes der inzwischen heiser gewordene Weihnachtsmann. Etwas überraschend konnten die Jungs aus der Senf-Metropole den ersten Auswärtssieg der laufenden Saison einfahren. Die Weinroten konnten dagegen nicht die Gunst der Stunde nutzen und zum Spitzenreiter FC Carl Zeiss Jena, der am Freitagabend nur ein glückliches 2:2 beim FC Viktoria 1889 Berlin einfahren konnte, etwas Boden gut machen. Gemeinsam mit sechs Kumpels (zwei von ihnen hatten gemischte Fan-Utensilien an) fand sich der Bautzener Weihnachtsmann im äußeren Bereich der Haupttribüne ein. Begleitet von einem Ordner ging der Weihnachtsmann mit Sonnenbrille vor Anpfiff erst einmal Bier tanken, um die Stimme für die kommenden 90 Minuten gut zu ölen. Was fürs Auge wurde auch mitgebracht, so wurden immerhin sechs Fahnen und Banner an den Zaun geknüpft. „Legion Ost“, „Budissa Bautzen 1904. Frei. Stolz. Verbunden. Tradition ist Leidenschaft und keine Pflicht.“ Nach den ersten zwei, drei Bierchen wurde der Weihnachtsmann schließlich richtig warm und feuerte die Mannschaft auf dem Rasen lautstark an.
BFC Dynamo vs. Budissa Bautzen: Weihnachtsmann stibitzt drei Punkte im Sportforum
Auf Heimseite wurde mit einem von der Mannschaft aufs Spielfeld getragenen Spruchband dem schwer erkrankten Pawal (Kind aus der Nachwuchsabteilung des BFC Dynamo) weiter Mut gemacht. „Hawal bleib stark!“ Dazu wurde eine schwarze 13 auf weinrotem Grund mit aufs Spielfeld gebracht. Seit geraumer Zeit engagieren sich zahlreiche Fans in Form von Spendenaktionen, etc. für den an Knochenkrebs erkrankten Jungen. Und nicht nur moralisch wird Unterstützung gegeben, so haben sich bereits zahlreiche Fans (allen voran die Fraktion H) bei der DKMS (Deutsche Knochenmark Spende) registrieren lassen. Ein Info-Bus der DKMS stand auch beim Heimspiel gegen Bautzen auf der Freifläche vor der Haupttribüne. Ebenso vor Ort im Sportforum war auch wieder der Suppen-Mann. Erbsen-Eintopf aus der Kanone. Dazu eine Bocki. Zahlreiche Zuschauer waren heiß drauf. Warum die Gulasch- bzw. Erbsensuppen-Kanone nicht auch im Jahn-Sportpark zu finden sei, fragten nicht wenige. Ja, warum eigentlich nicht?
Das Wetter war prima, die Sonne schien, und die Laune war auf den Rängen entspannt. Apropos entspannt. Weniger entspannt war das Geschehen eine Woche zuvor in Auerbach. Das Spiel ging verloren, zwei BFC-Spieler mussten vom Platz. Tätlichkeiten von Seiten der Auerbacher blieben indes ungeahndet. Dann halt nun das Kellerkind aus Bautzen vom Platz semmeln und die nötigen Punkte einfahren, um unter den Top drei der Regionalliga Nordost zu bleiben. Und es sah zu Beginn der Partie wirklich ordentlich aus. Während der Weihnachtsmann mit seinen zwei, drei Kumpanen in der Gästeecke mächtig verbal Radau machte, ließ der BFC es munter laufen. Bereits in der siebten Spielminute arbeitete sich Pröger hübsch über die rechte Seite vor. Der Ball wurde hereingebracht und Dennis Srbeny köpfte locker flockig zum 1:0 ein. Jubel auf den Rängen, fröhliches Stelldichein an der Eckfahne. Als Musikkapelle wurde die frühe Führung gefeiert. Was sollte mit einem 1:0 im Rücken gegen das Kellerkind noch groß anbrennen?
Eine Menge! Nachdem Rockenbach per Freistoß fast das 2:0 gemacht hatte, legte Budissa Bautzen ein Schippchen drauf. Nach flottem Gegenstoß über die linke Seite wurde im Sturmzentrum der Ball knapp verpasst. Kurz vor der Pause brachte Bautzen einen Freistoß vorn herein, Nemec stieg hoch und wollte doch glatt den Ball mit der Hand im Gehäuse unterbringen. Da der Ball noch ins Aus gerettet wurde, gab es eine Ecke - eine völlig unberechtigte, versteht sich. Nach der Ecke nahm Tobias Heppner einfach mal Maß und haute das Ding aus der Distanz zum 1:1 rein. Manch ein Zuschauer stand zu jenem Zeitpunkt bereits am Bierstand und bekam den überraschenden Ausgleich gar nicht mit.
In der Pause wurde auf dem Rasen schließlich einer der ganz großen BFC-Spieler geehrt. Frank Terletzki, in der Zeit von 1969 bis 1986 absolvierte er ganze 373 DDR-Oberliga-Partien im weinroten Trikot und erzielte dabei als Mittelfeldspieler satte 91 Treffer. Nun wurde er als Ehrenspielführer ausgezeichnet. Neben den Blumen und einem persönlichen Trikot bekam er völlig zurecht eine VIP-Dauerkarte auf Lebenszeit. Auf die Frage, was denn sein schlimmster Moment in seiner aktiven Laufbahn gewesen sei, kam die wenig überraschende Antwort: Belgrad. Belgrad sei wirklich hart gewesen. Allerdings wurmte ihn auch etwas, dass er in fünf Pokalendspielen nicht einmal den Pott holen konnte. Und seine schönsten Momente? Ganz klar die Siege gegen den 1. FC Union Berlin!
Zurück in die Gegenwart, auf in die zweite Halbzeit gegen Budissa Bautzen! In dieser bekam Terletzki von der Tribüne aus wenig gutes zu sehen. Nach 65 Minuten spielte Bautzen mit wenigen Stationen vom Torwart aus nach vorn, plötzlich stand Daniel Barth allein vor BFC-Keeper Hendl und machte die 2:1-Führung für Budissa klar. Der Weihnachtsmann verschluckte fast vor Freude sein Bier, die bis dato auswärts sieglosen Spieler bejubelten den zweiten Treffer des Tages. Vor knapp 1.000 Zuschauern war in der Folgezeit der BFC Dynamo logischerweise bemüht, die Karre wieder aus dem Dreck zu ziehen, doch fehlten die nötige Konsequenz und das Quentchen Glück. Bautzen war an diesem Tag absolut ebenbürtig und hätte zum Ende hin noch fast das 3:1 machen können.
Auf Heimseite sah Rockenbach nach einer mutmaßlichen Schwalbe die fünfte gelbe Karte und wird demzufolge beim kommenden Auswärtsspiel in Jena fehlen. Kurzum: Bautzen hatte die drei Punkte eingesackt und kletterte in der Tabelle auf Rang 16. Am kommenden Freitag könnte mit einem Heimsieg gegen den Tabellennachbarn Meuselwitz weiter Boden gut gemacht werden. Die Berliner reisen am Sonntag nach Jena und kämpfen daran, den Anschluss an Rang drei zu halten. Nicht mehr, nicht weniger. Zumindest die Jung-Bullen aus Leipzig möchte man weiterhin hinter sich lassen. Kurz vor Weihnachten geht es dann zum Kellerkind Union Fürstenwalde. Bautzen hat indes gleich noch ein Heimspiel und empfängt wiederum an einem Freitagabend den VfB Auerbach.
Fotos: Marco Bertram
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