SV Babelsberg 03 vs. BFC Dynamo: Ein weinroter Sieg, der völlig aus der Kalten kam

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Gästefans bekommen im Karl-Liebknecht-Stadion vor Anpfiff in der Regel stets ein Lied zu hören. Und somit ertönte am gestrigen Nachmittag das „Mit 66 Jahren fahr´n wir zum BFC…“ aus den Lautsprecherboxen. Einst im Sportforum - vor dem Umzug in den Jahn-Sportpark - war es vor den Oberligaspielen gegen Greifswald, Rathenow, Fürstenwalde & Co Gang und Gebe, dass dieser Song zwischen Vereinsheim und Würstchenbude zu hören war. „Mit 66 Jahren ist lange noch nicht Schluss, mit 66 fahr´n wa auswärts mit nem Bus…“ Und dieses abgespielte Lied war nicht der einzige Grund, dass man sich am gestrigen Nachmittag im KarLi ein wenig an alte Zeiten erinnert fühlte. Eine eher rudimentäre Beflaggung im Gästeblock, wo sich rund 500 Fans eingefunden hatten. Schätzungsweise zirka 100 BFCer hatten sich mit einer Eintrittskarte für die Haupttribüne versorgt. Im eigentlichen Gästeblock ergab sich ein Anblick wie vor 10 oder 15 Jahren. Es fehlten die Banner von den „Ultras BFC“ und der „Fraktion H“ und auch das vom "Sonderzug Pankow". Im Vorfeld wurde sich darauf verständigt, stattdessen das bekannte Banner "Kategorie D Ostberlin" anzubringen. Organisierten Support gab es dieses Mal nicht - und wenn, dann nur in Ansätzen. Unterstützt wurde die eigene Mannschaft nur punktuell, je nach Spielsituation halt. Da auch im Heimbereich in der anliegenden Nordkurve allein auf akustische Unterstützung gesetzt wurde (kein Choreo, Spruchbänder und Pyro), ergab sich eine Gesamtatmosphäre, die an weit zurückliegende Zeiten erinnerte. 

Insgesamt 2.851 hatten den Weg ins Karl-Liebknecht-Stadion gefunden. Diese Zahl ist durchaus okay. Viel mehr waren es auch bei früheren Duellen nicht. Fast exakt 3.000 waren es, als am letzten Spieltag der Saison 2006/07 die Weinroten Dank des Last-Minute-Treffers von Jörn Lenz mit 1:0 gewinnen konnten und im Gästeblock eine beeindruckende Jubel-Orgie zeigten. Ja, die Duelle Babelsberg gegen BFC Dynamo hatten in der Vergangenheit durchaus Pfeffer drin, inzwischen ist allerdings einiges an Brisanz raus. Zumal es einzelne Kontakte zwischen älteren Babelsbergern und älteren BFCern gibt. Sagen wir es so: Gegen den 1. FC Union Berlin oder gar Hertha BSC dürfte die dunkelblau-weiße Volksseele mehr kochen. Um so erstaunlicher, dass gestern in der Nordkurve ein Mann mit Babelsberg- und Union-Schal herumturnte.

Unioner

Nicht irgendwo in der Mitte oder in Richtung Block O, sondern direkt am Pufferbereich zwischen Nordkurve und Gästeblock. Dort, wo direkter Blickkontakt besteht. Kein Nulldrei-Fan interessierte sich für diesen Mann. Erstaunlich, denn immer wieder „grüßte“ er die BFC-Fans mit der einen oder anderen Geste. Ja, ein Einziger kann durchaus die Gästemeute in Wallung bringen. Eine ähnliche Diskussion gab es nach dem Heimspiel des BFC Dynamo gegen den 1. FC Lokomotive Leipzig, nachdem ein Magdeburger am Zwischenzaun der Haupttribüne mit einer Lok-Mütze in Richtung Gästekurve wedelte. Die einen mögen abwinken, weil es zu banal erscheint. Die anderen sind ganz klar der Meinung, dass solche Faxen eines Einzelnen mehr als affig und unnötig sind.

BFC

Im Gästeblock waren ein paar BFC-Fans schon recht bald auf Achse, sprich auf dem Zaun und pöbelten in Richtung Nordkurve. Gut möglich, dass im Bereich des „Filmstadtinferno ´99“ niemand so recht wusste, worum es eigentlich ging. Im späteren Verlauf des Spiels wurde jedoch weniger Notiz vom Mann mit Union-Schal genommen. Hitzig wurde es jedoch, als Matthias Steinborn (er hatte einst selbst beim BFC Dynamo gespielt) in der 22. Minute das 1:0 für Nulldrei erzielte und der besagte Union-Schal-Träger wie ein Rumpelstilzchen hüpfte. Die Führung des Gastgebers war völlig verdient. Nach einem satten Distanzschuss von Erdal Akdari klatschte der Ball an die Latte, im Nachgang konnte Steinborn mit dem Kopf zum 1:0 einnicken. Bereits vor der Führung hatten die Babelsberger zwei hochkarätige Möglichkeiten. Nachdem die letzten beiden Aufeinandertreffen im KarLi torlos endeten, gab es nun endlich einen Treffer zu sehen. Logisch, dass nun der BFC etwas mehr für die Offensive tun musste. Gesagt, getan. Kai Pröger versuchte sich mal gleich von schräg links und prüfte 03-Keeper Marvin Gladrow, der zur Ecke klären konnte. 

03

Kurz vor der Pause dann der nächste Aufreger des Tages. Nach weiter Hereingabe von der rechten Seite köpfte Mike Eglseder den Ball fast in das eigene Tor. Das Spielgerät traf die Unterkante der Latte und kam anschließend - wie es Fotos beweisen - hinter der Linie auf. Allerdings schnappte sich Gladrow fix das Spielgerät, und Schiedsrichter Felix-Benjamin Schwermer ließ weiter spielen. Verständlich die Aufregung im Gästebereich. Im direkten Gegenzug stießen Offensivspieler Andis Shala und BFC-Torwart Bernhard Hendl böse zusammen. Shala blieb liegen. Geistesgegenwärtig eilten aus zwei Ecken die Sanitäter heran. Von der Tribüne aus vermutete man, dass er womöglich die Zunge verschluckt hatte. Wenig später konnte er wieder aufstehen. Benommen wurde er vom Spielfeld geführt, kurz nach Wiederanpfiff wurde er schließlich ausgewechselt. 

03 - BFC

Im zweiten Spielabschnitt gab es zunächst wenig Berauschendes zu sehen. Babelsberg verwaltete gekonnt die knappe Führung, die Berliner fanden nicht die rechten Mittel, um sich vielversprechende Möglichkeiten herauszuspielen. Eher fade Kost bis zur 80. Minute. Das Spiel schien aus Sicht der Gäste gelaufen. Vermutlich würde das Spiel weiter dahin plätschern und letztendlich 1:0 enden. Ein Treffer des BFC? Schien nicht in Sichtweite zu sein. Den Weckruf gab es wohl in der 81. Minute. In dieser traf Matthias Steinborn allein von schräg rechts kommend nur den rechten Pfosten. Das hätte die Entscheidung sein müssen! Haareraufen auf Babelsberger Seite. Und es kam ja noch viel dicker für Nulldrei. Wie aus dem Nichts der Ausgleich in der 83. Minute! Der zuvor in der 70. Minute eingewechselte Otis Breustedt machte aus rund 18 Metern - Dank der verdeckten Sicht für 03-Keeper Gladrow - das 1:1. Was für ein Jubel im Gästebereich. War es bislang ziemlich ruhig, so stimmte nun jeder weinrote Fan mit die Schlachtrufe an. 

BFC

Zwei Minuten später trauten die Spieler und Fans des BFC Dynamo kaum ihren Augen. Von der rechten Seite wurde der Ball hereingebracht, Dennis Srbeny stand bereit und machte das 2:1 für den BFC klar. Kollektives freudiges Getümmel im Gästeblock. Und auch am äußeren Bereich der Haupttribüne drehten ein paar BFCer fast vor Freude durch - genau in jenem Bereich, wo unten die Sportlich-Eleganten des SV Babelsberg 03 sitzen. Manch einer bekam eine Prise Bier ab, zu Auseinandersetzungen kam es jedoch nicht. Auch nach Abpfiff blieb es friedlich. Die Mannschaft wurde ausgiebig gefeiert, dann ging es für die meisten zurück nach Berlin. Strahlende Gesichter in der S-Bahn. Da konnte man fragen, wen man wollte. Auf BFC-Seite hatten zur 80. Minute die meisten keinen Pfifferling auf einen Sieg gegeben. Und ja, somit erinnerte dieser Sieg ein wenig an das legendäre 1:0 im Jahr 2007, als „Lenzer“ in der 90. Minute den Treffer des Tages erzielt hatte… Und in Babelsberg? Mund abwischen und sich voll und ganz auf das in zwei Wochen steigende Duell beim FC Energie Cottbus konzentrieren. Wie bereits vor dem Landespokalspiel gegen die Lausitzer wurde in der Nordkurve ein großes Banner hochgehalten: "Holt den Derbysieg!"

Derbysieg

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: SV Babelsberg 03

> zur turus-Fotostrecke: BFC Dynamo

Video:

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Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
07 November 2016
Spielergebnis:
1:2
Zuschauerzahl:
2.851
Gästefans
600

Ligen

Inhalt über Liga
Regionalliga

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