FC Tokyo vs. Kashima Antlers: 7.000 Gästefans und ein überraschender Heimsieg

R Updated 25 Oktober 2016
FC Tokyo vs. Kashima Antlers: 7.000 Gästefans und ein überraschender Heimsieg
Ein Beitrag von unserem Gastautor Robert Brandtner:

Japan. Dieses Land stand auf der persönlichen Liste bereits immer mit ganz oben. Nun also, in diesem Jahr konnte ich mir diesen Wunsch erfüllen. Selbstverständlich war der Besuch eines Spiels der japanischen J League Pflicht, und somit begann die Recherche bezüglich einer in Frage kommenden Partie. Meine Wahl: Das Spiel FC Tokyo vs. Kashima Antlers. Zugegeben, über die japanische Profiliga wusste ich bislang nicht allzu viel. Ein paar Mannschaften kannte ich vom Namen her. Und natürlich wusste ich, dass Guido Buchwald und Pierre Littbarski Anfang bzw. Mitte der 1990er Jahre in Japan ihren Auftritt hatten. Das war es dann aber auch schon. Ein Experte des asiatischen Fußballs bin ich weiß Gott nicht, trotzdem gebe ich an dieser Stelle eine paar Eindrücke zum Besten. 

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Japan

Auch über den japanischen Ligamodus musste ich mich erst im Internet informieren. Die wichtigste Erkenntnis gleich vorab: Der Tabellenerste (18 Teams) nach 34 Spieltagen ist nicht gleich automatisch Meister. Vielmehr läuft es in der japanischen J League so: Die Meisterschaft erfolgt in verschiedenen „Stages". Die Teams, die in den beiden Stages (Hin-und Rückrunde werden unabhängig betrachtet) die ersten beiden Plätze belegen (also insgesamt vier), nehmen am anschließenden K.o.Turnier - der Finalrunde - teil. Konkret bedeutet das: Der Erste der „First Stage“ und der Zweite der „Second Stage“ sowie der Zweite der „First Stage“ und der Erste der „Second Stage“ stehen sich in der Finalrunde gegenüber. Die Sieger spielen den Gewinner der „Super Stage“ aus. Nun denkt man, okay, das war´s. Aber weiter geht´s: Die zweite Stufe: Der Sieger der „Super Stage“ spielt in der „Championship“ in Hin- und Rückspiel gegen den Ersten der Gesamttabelle. Wer dieses Finale gewinnt, ist dann japanischer Meister. Der Verlierer ist am Ende der Zweitplatzierte der Saison.

Soweit zu den Regularien. Über solche Rechenspiele braucht sich der Fan des FC Tokyo auch in diesem Jahr keine Gedanken machen. Die Mannschaft lag vor dem 32. Spieltag auf Platz 10, und die Saison war so gut wie gelaufen. Die Kashima Antlers hingegen fanden sich zu diesem Zeitpunkt auf Rang drei wieder. Da ging also noch einiges für die Jungs aus der 70.000-Einwohner-Stadt Kashima (östlich von Tokio gelegen). Ich war gespannt, was mich bei dieser Partie erwarten würde.

Tokio

Am Sonnabend, den 22. Oktober 2016 war es soweit. Ich begab mich um 12 Uhr zur Shinjuku Station im Herzen Tokios. Von hier aus nahm ich den Zug der Keio Linie in Richtung Stadion. Andere Fußballfans waren weit und breit nicht zu sehen. Das sollte sich aber noch ändern. Am Vorabend erfuhr ich, dass australische Fußballfans freien Eintritt für dieses Spiel erhalten sollten. Eine Maßnahme, um die Zuschauerzahl noch etwas nach oben zu korrigieren. Dass der Haneda Airport in Tokio an der Last feiernder Supporter von der Insel zusammen gebrochen wäre, darf dennoch bezweifelt werden.

Der Zug näherte sich meinem Ankunftsort und war inzwischen gut gefüllt. Gegen 13 Uhr erreichte ich das Ajinomoto Stadium, welches exakt 49.970 Plätze hat. Wenn auch kein reines Fußballstadion, zählt es doch für mich zu einem der schöneren in dieser Fußballwelt. Dass sich hier gute Stimmung verbreiten lässt, sollte sich bald zeigen. Es waren nun doch mehr Leute gekommen als vielleicht im Vorfeld zu vermuten war. Der Einlass ins Stadion verlief beeindruckend reibungslos. Die Körper- und Taschen-Kontrollen fanden nur sehr oberflächlich statt, und somit betrug die Wartezeit keine zwei Minuten. Innerhalb des Stadionbereiches ist alles sehr gut organisiert. Es gab genügend Getränkebuden, und neben Nudeln, Reis und Hamburgern lockte sogar einen Taco-Stand! Auch hier musste niemand lange warten. Also her mit einem kalten Getränk und auf zum ausgewiesenen Platz! Die Eintrittskarte hatte ich mir bereits vor Monaten im Netz bestellt. 

Tokio

Es waren noch 20 Minuten bis zum Anstoß. Meine Augen schweiften über die beiden Fanlager. Schätzungsweise 6.000 bis 7.000 Antlers-Fans („Antlers“ bedeutet Geweih, und dieses ist auch auf dem Vereinslogo zu sehen) hatten die etwas über 100 Kilometer lange Wegstrecke von Kashima nach Tokio auf sich genommen. Die Gästefans sangen sich bereits hübsch warm. Ausgezeichnet! Die Tokio-Fankurve hielt sich indes noch mit dem Support zurück. Pünktlich um 14 Uhr betraten beide Mannschaften das Feld. Nun begannen auch die FC-Fans ihr Team zu unterstützen. Und somit sangen beide Fangruppen munter, laut und abwechslungsreich und erzeugten auf den Rängen eine richtig gute Atmosphäre. Und das über 90 Minuten!

Auf dem Rasen entwickelte sich eine muntere, abwechslungsreiche Partie. Entgegen meinen Erwartungen dominierte der FC Tokyo die ersten Spielminuten, hatte die ersten zwei größeren Chancen und ging in der 14. Minute vor insgesamt 37.317 Zuschauern sogar mit 1:0 in Führung. Der Torschütze: Der 1990 geborene Hiroki Kawano, der bereits seine fünfte Saison beim FC Tokyo unter Vertrag steht. Die Antlers wurden in der Folge etwas besser, und es gab nun gute Möglichkeiten auf beiden Seiten. Ab und an waren auch schöne Pass-Kombinationen zu bewundern. Mit dem 1:0 ging es schließlich in die Pause.

Tokio

In der zweiten Hälfte ergab sich folgendes Bild: Kashima drückte nun, Tokyo konterte und schoss in der 84. Minute schließlich das 2:0. Dieses Mal war es der bereits 35-jährige Ryoichi Maeda - vor seiner Zeit beim FC Tokyo hatte er etliche Jahre bei Jubilo Iwata gespielt -, der den Ball im Gästegehäuse unterbringen konnte. Der Anschlusstreffer von Shuto Yamamoto in der Nachspielzeit machte es noch einmal kurz spannend, doch am Ende blieb es beim etwas überraschenden 2:1-Sieg des FC Tokyo.

Abpfiff. Das Verlassen des Ajinomoto Stadions war genauso problemlos wie das Betreten. Auffallend war, wie fair beide Fangruppen miteinander umgingen. Friedlich wurde nebeneinander hergelaufen. Es gab keine Pöbeleien. Zumindest habe ich keine mit eigenen Augen gesehen. Abschließend kaufte ich mir noch ein Souvenir und beobachtete ein American Football Spiel, das auf einem Nebenplatz direkt vor dem Stadion ausgetragen wurde. Tatsächlich gesellten sich nun zu mir noch zwei Australier. Immerhin, es waren an diesem Tag welche gekommen.

Der Bericht wurde von unserem Gastautor Robert Brandtner verfasst.

Fotos: Robert Brandtner

> zur turus-Fotostrecke: Fußball in Japan

Artikel wurde veröffentlicht am
25 Oktober 2016
Spielergebnis:
2:1
Zuschauerzahl:
38.000
Gästefans
7000

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