Paukenschlag in der dynamischen Kathedrale: Rückblick auf Dynamo Dresdens höchste Siege

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„Heiligtum Dynamo“. Auf Kommando hoben sich die schwarzen und weißen Zettel. Von oben rollte sich wie am Schnürchen eine Blockfahne herunter. Ein Heiliger im weißen Gewand. Ob Jesus persönlich, sei dahin gestellt. Auf der Brust das Emblem der SG Dynamo. Oben drüber der Reichsapfel, der unter anderen im Heiligen Römischen Reich Verwendung fand. Im Hintergrund zierten die Logos des K Blocks und der Ultras Dynamo die hohen Fenster der angedeuteten Kathedrale. Ein Wermutstropfen: Rechts neben der Blockfahne waren wohl an einer Stelle keine weißen Zettel ausgelegt worden. Sei es drum, Blickfang war sowieso das zentrale Element der Choreo. Und eine Überraschung gab es noch. Das Gesicht wechselte sich. Plötzlich war jenes schwarz vermummt und nur die Augen blieben sichtbar. Gelächter, Erstaunen und Freude auf den Rängen. Manch einer brüllte hoch erfreut ein „Jawoll!“ Passend dazu gab es einen Heiligenschein, der aus brennenden Fackeln bestand. Es war also angerichtet in der heiligen Stätte der Sportgemeinschaft. Woanders verleiht eine Brause womöglich den Spielern Flügel. In Dresden schien die sehr osteuropäisch anmutende Choreo der Mannschaft in Gelb-Schwarz mächtig Auftrieb zu geben. Mit sage und schreibe 5:0 wurde der VfB Stuttgart vom Platz gefegt. Manch ein SGD-Fan traute seinen Augen nicht. Es war aus Sicht des heimischen Anhangs einfach zu schön um wahr zu sein!

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Der Saisonbeginn war flott. Ein Remis gegen den Glubb, ein Remis bei den Eisernen, ein Sieg im Elfmeterschießen gegen RasenBallsport Leipzig im Pokal, dann ein 1:0 gegen den FC St. Pauli und schließlich der frenetisch gefeierte 2:0-Erfolg bei Hannover 96. Dann aber der plötzliche Einbruch. 0:3 gegen Erzgebirge Aue, ein 0:3 bei den Roten Teufeln auf dem Betzenberg, ein mageres 2:2 gegen Mitaufsteiger Würzburg, und dann ein 0:2 in Sandhausen. Dass nicht mit megagroßem Optimismus in die dynamische Kathedrale marschiert wurde, schien verständlich. Aber was soll´s, vielleicht würde es ja zumindest ein dreckiger Punktgewinn werden. Ein Remis nach hartem Kampf. Oder gar ein glücklicher Sieg. Irgendwie. Und ja, in der ersten halben Stunde schien sich die Vermutung zu bestätigen. Noch keine Tore, die erste Möglichkeit der Partie hatten die Gäste erst in der 23. Minute. Beide Defensivreihen verrichteten bislang ihre Arbeit prima. 

Dynamo

Der Druck wurde Ende der ersten Halbzeit höher. Lambertz arbeitete sich in der rechten Strafraumhälfte nach vorn, wurde jedoch rechtzeitig vom Spielgerät getrennt. Fast im direkten Gegenzug das mögliche 1:0 für den VfB Stuttgart. Mané eilte nach perfektem Anspiel allein auf das Dynamo-Gehäuse zu, doch er schoss knapp rechts vorbei. Ei der Daus, das hätte der Schwaben Führung sein müssen. Aber dann! Es kamen die sechs heiligen Minuten der Sportgemeinschaft! Hereingabe von der linken Seite, Kutschke köpfte in der 38. Minute zum 1:0 ein. Hoch gestiegen, kraftvoll hereingewuchtet den Ball und dann mit Schmackes vor dem K Block ein Sprung auf die Bande. Das Stadion wurde zum Tollhaus. Nur vier Minuten später Chaos in der Stuttgarter Abwehr. Erst ein katastrophaler Pass, dann ein Katz-und-Maus-Spiel, dann machte Lambertz die Bude. 2:0. Und noch war nicht Pause! Ebenso bitter das Spiel der Stuttgarter Hintermannschaft in der 44. Minute. Im Geiste bereits beim Pausentee? Oder doch bei der heiligen Choreo? Heiliger Bimbam, inmitten des schwäbischen Hühnerhaufens behielt Akaki Gogia die Übersicht und machte das 3:0 klar. Fans und Prominenz waren auf den Rängen hoch begeistert.

VfB

Und Dynamo Dresden war weiterhin hungrig. Schwungvoll und befreit aufspielend ging es im zweiten Spielabschnitt zu Werke. Das 4:0 in der 74. Minute erfolgte wie aus dem Lehrbuch. Abschlag des Keepers, weit nach vorn den Ball, über die rechte Seite kommend wurde das gute Stück in zentrale Position hereingebracht, Gogia machte seinen zweiten Treffer des Tages. Der Drops war gelutscht, die drei Punkte waren nun endgültig in trockenen Tüchern. Und einer ging noch! Nur zwei Minuten war Testroet zur Stelle. Das 4:0 hatte er noch vorbereitet, nun ging es anders herum. Ein schneller Konter und schon brachte Testroet den Ball zum 5:0-Endstand unter. Was für ein Sieg! Der höchste Sieg von Dynamo Dresden in der 2. Bundesliga. Das ist klar. Wann gab es eigentlich vergleichbare Siege von Dynamo nach dem Fall der Mauer? Also mal einen Blick hineingeworfen in die Archive. Arbeiten wir uns chronologisch rückwärts vor:

5:0

In der zurückliegenden Aufstiegssaison feierte die SGD in der 3. Liga daheim drei 4:0-Siege. Gegen Aalen, Wehen Wiesbaden und Fortuna Köln. Die Jungs aus dem Südstadion schien der Mannschaft zu liegen, denn auch in Köln wurde mit 5:1 deutlich die Oberhand behalten. Auch in der Vorsaison 2014/15 war ein 5:1 der höchste Saisonsieg, erzielt gegen die SpVgg Unterhaching. In der Zweitligasaison 2013/14, in der am Ende abgestiegen wurde, gab es - was nicht groß verwunderlich ist - keinen Sieg mit mehr als drei Toren. 2012/13 gab es in der 2. Bundesliga einen 5:1-Sieg gegen den Karlsruher SC und einen 4:0-Sieg gegen den 1. FC Union Berlin zu feiern. Am 12. August 2011 schossen vor über 29.000 Zuschauern Martin Stoll, Marvin Knoll, Sascha Pfeffer und Robert Koch die Eisernen ab. Beim 5:1 gegen den KSC waren außer Robert Koch vier andere Spieler die Torschützen: Zlatko Dedic, Muhamed Subasic, Filip Trojan und Pavel Fort.

Union

In der Aufstiegssaison 2010/11 war das 4:0 gegen Unterhaching der höchste Sieg. Gemeinsam mit Eintracht Braunschweig und Hansa Rostock ging es am Ende der Spielzeit eine Etage höher. In der durchwachsenen Drittligasaison 2009/10 gab es gar keine haushohen Siege zu feiern. Gleiches gilt für 2008/09, welche die allererste Saison der neu eingeführten 3. Liga war. Von 2006 bis 2008 spielte die Sportgemeinschaft in der Regionalliga Nord (die RL war damals in zwei Staffeln aufgeteilt). Die höchsten Siege: Ein 4:1 gegen den Hamburger SV II sowie jeweils ein 4:1 gegen Holstein Kiel und Bayer 04 Leverkusen II. Ebenso ein 4:1 gab es in der Zweitligasaison 2005/06 gegen Kickers Offenbach. 

Ein 5:0-Sieg im Ligabetrieb? Den gab es auch nicht in der Zweitligasaison 2004/05. In jener war das 4:1 gegen Eintracht Trier der höchste Sieg. Nein, und auch nicht in der Regionalliga Nord konnte 2003/04 so hoch wie gegen den VfB Stuttgart gewonnen werden. Das 4:0 bei den Bubis des SV Werder Bremen und das 4:2 gegen die SG Wattenscheid 09 waren die größten Erfolge auf dem Papier. „Wattsche“ wurde bereits am zweiten Spieltag im Rudolf-Harbig-Stadion besiegt. Vor 4.675 Zuschauern leitete damals Christian Fröhlich in der dritten Minute per Elfmeter das Ganze ein. Nochmals Fröhlich sowie Ranisav Jovanovic und Thomas Neubert hatten nachgelegt. In der Vorsaison gab es indes keinen Sieg mit mehr als drei Treffern. 

dynamo

Geht man zeitlich zurück, muss man 2001/02 in der NOFV-Oberliga einen Blick werfen. Da dies eine Aufstiegssaison für Dynamo Dresden war, denkt man, na komm, da wird sich doch ein 5:0 oder 6.1 finden lassen!? Schließlich waren Teams wie SV Braunsbedra, SG Wacker 03 Gotha und der FSV Hoyerswerda mit von der Partie. Aber denkste, 4:1 gegen Eintracht Sondershausen und 4:0 beim FSV Zwickau waren das Höchste der Gefühle. Und 2000/01? Noch kein 5:0-Erfolg in der Liga im Neuen Jahrtausend vor dem 5:0 gegen die Stuttgarter? Doch dann der Blick auf die Kreuztabelle! 5:0 gegen den FSV Wacker 90 Nordhausen! Es war der 23. Spieltag und man schrieb den 09. Mai 2001. Die damaligen Torschützen sind auch gefunden: Laut Statistik hatten sich 920 Zuschauer auf den Rängen eingefunden. Vor dieser spärlichen Kulisse trugen sich Sebastian Hähnge, Vladislav Kosharnij, Claudio Marasa und Ben Galliers (2x) in die Liste ein. Und ja, das Logo war zu jener Zeit grün und statt dem „SG“ stand ein „1. FC“ vor dem „Dynamo Dresden“.

Da es in der Saison 1999/2000 in der Regionalliga Nordost für den 1. FC Dynamo Dresden keinen Sieg mit mehr als drei Treffern gab, ist es nun amtlich: Das 5:0 gegen den VfB Stuttgart war erst der zweite Sieg in dieser Höhe im Ligabetrieb seit dem Jahrtausendwechsel. Und wenn wir schon einmal dabei sind, werfen wir einen Blick auf die Spielzeiten von 1990 bis 1999. So gab es auch in der Regionalliga-Saison 1996/97 einen 5:0-Erfolg. Und schau an, wieder war der Gegner Wacker Nordhausen! In der Vorsaison gab es indes ein 5:2 gegen Hertha BSC Amateure zu feiern. 

Dresden

Es bleibt der Blick auf die vier Spielzeiten in der 1. Bundesliga von 1991 bis 1994. Die höchsten Siege von Dynamo Dresden: 4:2 gegen MSV Duisburg (1994/95), 3:0 gegen Borussia Dortmund (1993/94), 3:0 gegen Borussia Dortmund, 1. FC Köln und den Karlsruher SC (1992/93), 3:0 gegen den Hamburger SV und die SG Wattenscheid 09 (1991/92). Nun aber wirklich der allerletzte Blick in die Archive. Die Oberliga-Saison 1990/91, die als DDR-Oberliga begann und als NOFV-Oberliga endete. Hinter dem F.C. Hansa Rostock wurde der 1. FC Dynamo Dresden am Ende Vizemeister. Und siehe da: Neben dem 5:0 gegen den FC Victoria 91 Frankfurt (zuvor FC Vorwärts Frankfurt) gab es einen 7:0-Kantersieg gegen den FC Sachsen Leipzig (zuvor und in der Gegenwart BSG Chemie Leipzig)! Am 27. Oktober 1990 erzielten vor 6.000 Fußballfreunden im Rudolf-Harbig-Stadion Spieler mit wohl bekannten Namen die Treffer: Ralf Minge, Jörg Stübner, Torsten Gütschow (3x) und Heiko Scholz. Zudem gab es in Eigentor von Dirk Majetschak zu verzeichnen...

Fotos: Maik Demuth, Marco Bertram, Claude Rapp

> zur turus-Fotostrecke: SG Dynamo Dresden

Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
18 Oktober 2016
Spielergebnis:
5:0
Zuschauerzahl:
30.000

Ligen

Inhalt über Liga
2. Bundesliga

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