Familiäre Atmosphäre im Bruno: Auch gegen Schiebock hielt die Serie der Loksche

Lok3.304 Zuschauer strömten bei herrlichem Sommerwetter ins Bruno-Plache-Stadion, um die Oberligapartie 1. FC Lokomotive Leipzig vs. Bischofswerdaer FV zu sehen. Zwar stand die Loksche bereits vor der Partie als Meister und Aufsteiger fest, doch gab es mehrere Gründe, auch zu dieser sportlich nicht mehr allzu relevanten Partie zu gehen. Zum einen wurde vor dem Spiel der 1. FC Lok vom NOFV offiziell als Meister geehrt, zum anderen sollte unbedingt die Serie halten. Als einzige Mannschaft in den ersten fünf oberen Ligen sind die Blau-Gelben aus Probstheida in der laufenden Saison noch ungeschlagen! Somit sollte auch gegen „Schiebock“ volle Pulle gespielt werden. Und nicht zuletzt wollten sich die Lok-Fans mit ihrem Kommen für die klasse sportliche Leistung bedanken. Es war also angerichtet, und nach dem Konsumieren einer Schweinshaxe oder eines Schnitzels in einer der nahen Lokalitäten konnte es zur altehrwürdigen Spielstätte gehen.

LokDort hatten die einzelnen Gruppierungen ihre Tische aufgebaut. Die einen verkauften extra angefertigte schmucke T-Shirts mit der Aufschrift „Aufsteiger 2016“, die anderen hatten vor allem Hefte und Aufkleber im Angebot. Nimmt man noch den offiziellen Fanartikelstand dazu, so kann man zurecht behaupten, dass diesbezüglich der 1. FC Lokomotive bereits locker Drittliga-Niveau erreicht hat. Es hat sich die letzten Jahre wahrlich einiges getan, und wird die Kapazität des Stadions noch etwas erweitert (Verlegung des Gästeblocks in Richtung Anzeigetafel, Ausbau der Gegengerade), so ist man in Leipzig-Probstheida durchaus gewappnet für kommende Aufgaben in der Regionalliga Nordost. 

LokNachdem die Mannschaft auf dem Rasen von Vertretern des NOFV den Pokal und die Urkunde erhielt und zum obligatorischen Gruppenfoto Aufstellung genommen hatte, wurde auf dem Oberrang der alten hölzernen Haupttribüne an die Historie des VfB Leipzig gedacht - und zwar an den Zeitraum von 1991 bis 2004: „Zwei Logos - ein Verein. Aus Lok wird VfB. - VfB Leipzig Aufstieg und tiefer Fall. Von der 1. Bundesliga bis zur Auflösung.“ Oben rechts war der Pleitegeier zu sehen. Sicherlich auch eine Mahnung an die jetzigen Verantwortlichen des 1. FC Lokomotive Leipzig. Wirtschaftlich solide arbeiten. Finanziell nicht überheben. Stets an die Zukunft des Vereins denken. Die Vergangenheit als mahnendes Beispiel im Hinterkopf haben.

LokIn der „Fankurve 1966“ erinnerte man an ein anderes Ereignis. „Hurra, der 1. FC Lok holt den Intercup!“ Im Mai 1966 hatte sich der 1. FC Lok im Finale gegen IFK Norrköping durchsetzen können. Nach dem 0:1 in Schweden folgte ein grandioser 4:0-Sieg vor 18.000 begeisterten Zuschauern im Bruno-Plache-Stadion. Henning Fenzel erzielte am 30. Mai 1966 drei Treffer, das vierte Tor des Tages schoss Volker Franke. Interessant: In den Wettbewerb wurde noch als SC Leipzig gestartet, im Halbfinale ging es dann als 1. FC Lokomotive Leipzig ran an den Speck - und das gegen keinen Geringeren als den Stadtrivalen BSG Chemie Leipzig! Knapp mit 1:1 und 1:0 konnte man sich gegen die Chemiker durchsetzen. Am gestrigen Nachmittag wurde in der „Fankurve 1966“ im zweiten Spielabschnitt noch mit einem Spruchband nachgelegt: „Als andere noch kickten gegen Stendal, triumphiert der FC Lok schon international!“ Der Hintergrund: Im FDGB-Pokal-Finale traf die BSG Chemie Leipzig am 30. April 1966 im Stadion Müllerwiese in Bautzen auf die BSG Lok Stendal. Die Chemiker holten mit einem 1:0-Sieg den Pott, und während dieser Triumph im allgemeinen Gedächtnis blieb, geriet der Triumph der Loksche etwas in Vergessenheit. Deshalb wohl auch gestern die Spruchbänder.

schiebockUnd was den aktuellen Erfolg betrifft: Die Mannschaft aus Bischofswerda machte es den Leipzigern wahrlich schwer. Unterstützt von immerhin rund 40 Fans, die auch ein paar Zaunfahnen (unter anderen auch eine Fortschritt-Fahne) mitgebracht hatten, machten die Gäste ordentlich Alarm. In der ersten Halbzeit traf Marc Böttger die Latte, und auch Frank Zille ließ das Gebälk erschüttern. Aus fünf Metern schoss zudem Ralf Marrack den Ball in die Arme des Lok-Keepers Julien Latendresse-Levesque. Auf der Heimseite hatte Daniel Becker die Möglichkeit, die Loksche in Führung zu bringen, doch den Elfmeterschuss setzte er über das Schiebock-Gehäuse.

LokIm zweiten Spielabschnitt legte der 1. FC Lok ein Schippchen drauf, auf keinen Fall wollte man verlieren, doch den ersten Treffer des Tages erzielten die Gäste. Eine Viertelstunde vor Schluss drehte sich Marc Böttger im Strafraum und brachte den Ball in sehenswerter Manier unter. 1:0 für den Bischofswerdaer FV. „Schiebock! Schiebock!“, ertönte es im Gästeblock. Sturm und Drang nun beim Gastgeber. Nachdem die Gäste noch einmal eine fette Möglichkeit hatten, schlug Robert Zickert in der 89. Minute zu. Nach Hereingabe von Becker haute er das Ding aus kurzer Distanz in die Maschen. Bamm! Großer Jubel bei den Spielern, den Fans und nicht zuletzt bei Lok-Trainer Heiko Scholz. Kurz danach war Abpfiff und die Mannschaft wurde gefeiert. Die Kinder mussten dafür erst gar nicht auf den Zaun klettern, denn diese saßen bereits das gesamte Spiel über auf der Zaunkrone zu Fuße der Haupttribüne. Ein schöner Anblick! Totale Entspannung auf den Rängen.

LokUnd diese setzte sich nach dem Spiel fort. Freibier im Casino. Zahlreiche gefüllte Plastikbecher standen bereits auf den Tischen. Woanders hätte die Nachricht von gratis Hopfensaft für Chaos gesorgt und Fans hätten gleich zehn Becher auf einmal nach draußen geschleppt. Nicht so gestern bei den Lok-Fans. Seelenruhig wurde sich ein Becher gegriffen, der Vorrat reichte eine ganze Weile. Im Casino und vor der Haupttribüne wurde noch in alten Erinnerungen geschwelgt und in die Zukunft geschaut. Am letzten Spieltag noch das Heimspiel gegen den FSV Barleben 1911 schadlos überstehen, dann kann sich mit der Vorbereitung auf die kommende Regionalliga-Saison beschäftigt werden. Mit dem FC Energie Cottbus, dem FC Carl Zeiss Jena, dem SV Babelsberg 03 und dem BFC Dynamo wird es einige sportliche und fantechnisch Höhepunkte geben. Schade nur, dass der FSV Zwickau (Aufstieg in die 3. Liga) nicht mehr vorbeischaut, meinte ein Lok-Fan. Und klar, eine Frage musste immer wieder gestellt werden: Gönnt man den Chemikern aus Leutzsch den (möglichen) Aufstieg in die Oberliga? Die Antwort lautete in der Regel: „Definitiv nein!“ Interessant aber auch: Auf die Frage, ob man denn die BSG Chemie sportlich und finanziell total am Boden liegen sehen möchte, meinten die meisten: „Nein, das auch nicht! Der Rivale soll am Leben bleiben, doch er darf dort weiterspielen, wo er gerade spielt. Und vielleicht sieht man sich ja mal im Landespokal…“

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: 1. FC Lokomotive Leipzig

Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
06 Juni 2016
Spielergebnis:
1:1
Zuschauerzahl:
3.304
Gästefans
40

Ligen

Inhalt über Liga
Oberliga

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3 Kommentare
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Kommentare
Erstmal schön zu sehen, dass es beim mitgliederstärksten und klassenhöchsten Leipziger Verein wieder bergauf geht. Ich hoffe, man nutzt diesen Trend und kann sich in der RL etablieren und in ein paar Jahren vielleicht sogar in Richtung Profifußball schielen.

Die Antwort auf die Frage nach der BSG kann ich jedoch nicht nachvollziehen...
J
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L
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G
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