1. FC Magdeburg Fußballfibel: Großartige Lesung zwischen alten Gemäuern

 
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FCMVerlorenes Landespokalfinale in Halle?! Nicht schön aus Sicht der Magdeburger Fans, doch aufgrund der grandiosen Drittligasaison (Rang vier sicherte den Einzug in den DFB-Pokal) kann diese schmerzhafte 1:2-Niederlage recht fix abgehakt werden. Eine willkommene Ablenkung bot am gestrigen Abend die Buchpräsentation beim Magdeburger Fanprojekt. Vorgestellt wurde Band sieben der Reihe „Bibliothek des Deutschen Fußballs“. Jens Knibbiche, besser bekannt als Jente, hatte sich rangesetzt und mächtig in die Tasten gehauen. Herausgekommen ist die „1. FC Magdeburg Fußballfibel“, auf welche die blau-weiße Anhängerschaft mächtig gespannt sein darf. Jente, geboren und wohnhaft in der hart umkämpften Stadt Köthen, hatte bereits mit seinem Buch „Abstiegsspiel“, in dem es um Spielsucht (und auch um Fußball) geht, für Furore gesorgt. War Jente bis dahin vor allem in Magdeburger Fankreisen bekannt, so kennt seinen Namen nun auch manch ein Fußballfreund / Leser in Nürnberg, Dresden, Berlin oder Essen.

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Die Mitarbeiter des Magdeburger Fanprojektes hatten sich gut ins Zeug gelegt und einen perfekten räumlichen Rahmen geschaffen. Die gelungene Überraschung: Gelesen wurde nicht wie üblich im Innern des Hauses, sondern in einem alten langgezogenen Innenhof des Gebäudekomplexes. Zwischen den alten Mauern waren Stühle und Bänke sowie ein Grill aufgebaut. Wurst, Steaks und Käse brutzelten, das Bier stand gekühlt bereit. Perfekt! Nach dem aufreibenden Pokalabend in Halle - für viele war die Nacht sehr kurz - fanden sich leider dann doch nicht die erhofften 100 Zuhörer ein, doch immerhin waren es am Ende zirka 65 Personen, die dem Vorgetragenen lauschten. 

FCMMit vor Ort war Frank Willmann, der als Herausgeber dieser Buchreihe das Ganze koordiniert, die passenden Autoren sucht und das passende Netzwerk knüpft. Das stramm sitzende T-Shirt zeigte: Der letzte Derby-Besuch in Belgrad muss ihm außerordentlich gut gefallen haben. „Navijači Partisana“ war in kyrillischen Buchstaben zu lesen. Darüber das Logo der Totengräber. Vor dem alten Gemäuer mit den vergitterten Fenstern, die einen leicht morbiden Charme versprühen, kam Willmanns Shirt prima zur Geltung. Perfekt eingekleidet war auch Jente Knibbiche, der eine alte NVA-Jacke angelegt hatte. Und ja, auch die Kopfbedeckung war 1a. Nicht jeder kann solche eine Mütze tragen - bei Jente sitzt sie maßgeschneidert. Auf der Rückseite der NVA-Jacke wurde ein großes FCM-Emblem genäht. Die passende Ausgehkleidung in der Heimatstadt Köthen, die auch von der HFC-Szene beansprucht wird.

Jente und Frank sorgten für einen unterhaltsamen Abend. So hatte Frank einige Fragen parat, Jente hatte eine gemischte Auswahl an Kapiteln bereitgelegt, die von ihm gelesen wurden. Wie er den Zuhörern mitteilte, war er anfangs skeptisch, als ihm das Angebot unterbreitet wurde, die FCM-Fußballfibel zu schreiben. Fibel? Auf ein Nachschlagewerk hatte Jente wahrlich keine Lust. Allerdings wurde ihm schnell klar, dass es kein eng geschnürtes Korsett gibt. Sämtliche Autoren haben freie Hand und können ihr eigenes Grundgerüst kreieren. Somit hat jede Fußballfibel in der Tat ihren völlig eigenen Stil. 

In Jentes Buch bildet die Auswärtsfahrt nach Dresden den Rahmen. Während dieser Tour gehen die Gedanken zurück. Gekonnt werden dem Leser tiefe Einblicke gewährt. So erfährt der Leser einiges zur Historie des 1. FC Magdeburg, aber Schwerpunkt ist vor allem das Fantechnische. Dass genau dieser Punkt die große Stärke des Buches ist, hat einen guten Grund. Jente, Jahrgang 1975, ist seit frühester Kindheit Anhänger des 1. FCM. Er durchlebte mit dem Club die verschiedensten Phasen. Von der DDR-Oberliga bis hin zu den harten Zeiten in den Niederungen des deutschen Fußballs. Als ins Grube-Stadion nur ein paar hundert Zuschauer kamen. Als die Stadt ganz plötzlich auf den aufstrebenden Verein Fortuna Magdeburg setzte und manch ein FCM-Fan plötzlich die Farben wechselte. Nach dem tiefen Fall der Aufschwung. Zu berichten gibt es in der Magdeburger Fußballfibel einiges. Von der aufkommenden Ultra-Bewegung, von den Feindschaften und Freundschaften, von der blau-weißen Einheitsfront.

Wie kam eigentlich Jente dazu, FCM-Fan zu werden? Wurde ihm die Vereinszugehörigkeit in die Wiege gelegt? Sein Vater hatte keine festen Verein und somit konnte sich Jente seinen Verein selber aussuchen. Das Schlüsselerlebnis war die Wimpelsammlung des Papas. Als kleiner Bub hatte ihm das Emblem des 1. FCM Magdeburg schlichtweg am besten gefallen. Und dann: Einmal FCM, immer FCM. Seit dem ersten Spiel gab es kein Zurück mehr. Aufleben ließ Jente bei der gestrigen Lesung einige Höhepunkte des Vereins. Allen voran das grandiose DFB-Pokalspiel gegen den FC Bayern München, das der 1. FCM vor ausverkauften Rängen im Elfmeterschießen gewonnen hatte. Wer erinnert sich nicht an den 01. November 2000, als der Magdeburger Keeper Miroslaw Dreszer der Held des Tages wurde?!

FibelnEin Späßchen hatte sich Jente zu Beginn der Lesung auch erlaubt. „… Ende der 1960er Jahre wurde das Ostseestadion … mit der Flutlicht … Nelly, irgendwas stimmt hier nicht! Hier ist ein Hansa-Text dazwischen! Irgendwas passt hier nicht! …“ Erheiterung beim Publikum, doch die anwesende Lektorin, die derzeit in der Tat die Hansa-Fußballfibel am Wickel hat, ließ sich nicht reinlegen. Jente hatte auf ein bleiches Gesicht gehofft, doch lächelnd erklärte Nelly, dass sie das FCM-Buch mehrfach gelesen habe. Zur lockeren Atmosphäre trug der Scherz auf alle Fälle bei. Richtig in Schwung kamen die Anwesenden, als Jente zum Schluss der Lesung das „Sieben Tränen muss ein Club-Fan weinen …“ anstimmte. Der Applaus war ihm sicher und nicht wenige ließen sich sogleich ein Buchexemplar signieren.

Wie bereits erwähnt ist die „1. FC Magdeburg Fußballfibel“ bereits Band 7 der Reihe. Zuvor auf den Markt kamen die Fußballfibeln 1. FC Union Berlin (Jörn Luther), SV Babelsberg 03 (Rico Noack), BFC Dynamo (Marco Bertram), FC Energie Cottbus (Jens Batzdorf), 1. FC Lokomotive Leipzig (Freundeskreis Probstheida) und BSG Chemie Leipzig (Alexander Mennicke). Ende Juni dieses Jahres kommt die „F.C. Hansa Rostock Fußballfibel“ (von mir verfasst) auf den Markt, bereits in Arbeit ist die „1. FC Nürnberg Fußballfibel“, die von Benjamin Wolf geschrieben wird.

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: Lesung / 1. FC Magdeburg

 

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Artikel wurde veröffentlicht am
20 Mai 2016

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Kommentare
Nürnberg, Hansa und Chemie? Ich befürchte, an diesem Büchern führt für mich kein Weg vorbei...
J
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Das Buch glänzt mit Informationen über die Fanszene, welche vorher in noch keinem anderen FCM-Buch zu finden waren. Astrein!
I
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Das Buch ist der Hit!
P
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J
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