Energie Cottbus vs. 1. FC Magdeburg: Der verpasste Sprung auf Rang drei

FCMEs ist ein Vierteljahrhundert her, als die Magdeburger zuletzt zu einem Punktspiel bei der ersten Mannschaft des FC Energie Cottbus antraten. Was Rostocker und Dresdener inzwischen mit einem müden Lächeln mitnehmen, war für die Fans des 1. FC Magdeburg durchaus eine willkommene Abwechslung. Gute Anfahrtsmöglichkeiten und ein Gästebereich, bei dem man aus dem Vollen schöpfen kann. Hinein in den Regionalexpress, in Berlin umgestiegen und ab in die Lausitz! „Flutet den Tagebau!“, teilte ein Magdeburger auf einem kompakten Spruchband mit. Bei einem Sieg beim abstiegsbedrohten FC Energie winkte der Sprung auf Rang drei, vorausgesetzt die Konkurrenz würde Remis spielen. Das waren für den Aufsteiger selbstverständlich blendende Aussichten. Der Klassenerhalt ist längst in trockenen Tüchern. Nun kann geschaut werden, ob diese erfolgreiche Saison womöglich sogar vergoldet werden kann. Ohne Druck kann es in die Partien gehen. Mitnehmen, was möglich ist. Zu einer möglichen Relegation zur 2. Bundesliga würde man ganz gewiss nicht Nein sagen.

FCEMit dem Rücken zur Wand steht dagegen der FC Energie Cottbus. Der Abstieg in die Regionalliga Nordost wäre eine absolute Katastrophe. In dieser wäre es für den einstigen Bundesligisten verdammt schwer, wieder rauszukommen. Zum einen hätte man mit dem FC Carl Zeiss Jena, dem BFC Dynamo, Wacker Nordhausen und FSV Zwickau harte Konkurrenz um den Aufstieg in die 3. Liga, zum anderen birgt die Aufstiegsrunde immense Risiken. Man denke nur an das Beispiel TSG Neustrelitz. Frischer Wind wurde unter Trainer Vasile Miriuta bereits seit Beginn seiner Amtszeit verspürt, doch allzu oft wurde nur Remis gespielt. Nach den drei Pleiten gegen die Stuttgarter Kickers, VfR Aalen und Hansa Rostock schien dann allerdings endgültig die Luft raus zu sein. Plötzlich schien Energie Cottbus ein heißer Anwärter auf den Abstieg zu sein. Manch einer machte gedanklich schon mal ein Kreuz. 

FCMDas 0:0 gegen den Tabellenzeiten Erzgebirge Aue ließ ein wenig aufhorchen, der Sieg bei Holstein Kiel ließ Hoffnung aufkeimen. Nun also das Heimspiel gegen 1. FC Magdeburg. Beim Hinspiel musste in letzter Minute noch das 2:2 durch einen diskussionswürdigen Strafstoß verschmerzt werden. Dieses Mal sollten drei Punkte eingefahren werden. Und ja, Cottbus war motiviert. In allen Bereichen. Als sich vor dem Spiel herumsprach, dass Magdeburger Fans in Kolkwitz die Notbremse zogen, machten sich etliche Cottbuser auf die Beine, um Ausschau zu halten. Zu ernsthaften Zusammenstößen kam es jedoch nicht. Auf dem Platz zeigte die Mannschaft sogleich, was sie an diesem Tag vorhat. Während die zahlreichen Magdeburger Fußballfreunde als Auftakt das „Heja, heja, wir sind vom FCM …“ und das „Fußballclub Magdeburg!“ anstimmten, hatte Cottbus sogleich die erste Tormöglichkeit. Bereits nach einer Minute hatte Sven Michel das 1:0 auf dem Fuß, doch FCM-Keeper Jan Glinker war auf dem Posten. 

CBOha, welch einer flotter Beginn! Das Heimpublikum traute kaum seinen Augen. Energie blieb am Drücker und kam nach vier Minuten zu einer weiteren guten Möglichkeit. Der Plan ging auf, der frühe Führungstreffer konnte erzielt werden. In der achten Minute konnte Michel nach Zuspiel von Fabio Kaufmann sehenswert zum 1:0 abschließen. Nur zwei Minuten später hatte Christian Beck die Möglichkeit zum Ausgleich. Munter ging es weiter, so hätte nach einer Viertelstunde Richard Sukuta Pasu auf 2:0 erhöhen können, doch im letzten Moment wurde zur Ecke geklärt. „Schießt ein Tor für uns, denn wir wollen siegen!“, ertönte es in beeindruckender Lautstärke im Gästebereich. Auf Heimseite probierte man sich mit einem „FCE!“-Wechselgesang. Die Energie-Fans waren durchaus bemüht, doch wurde auch dieses Mal mehr als deutlich, dass in den letzten Jahren zuschauer- bzw. fantechnisch einiges weggebrochen ist. Von der Lausitzer Hölle ist leider nichts mehr zu spüren. Wenn man dran denkt, wie einst selbst auf der alten Haupttribüne Alarm gemacht wurde! 

FCMIm Gästebereich spulten die FCM-Fans indes wieder ihr lautstarkes, facettenreiches Programm ab. Man betonte es ja in der laufenden Saison allzu oft, doch wenn man bedenkt, dass der Verein 25 Jahre lang nur in Oberliga und Regionalliga gespielt hatte, so ist es wahrlich erstaunlich, mit welcher Routine rund 2.000 Fans auswärts mal eben zu Werke gehen. Mitte der ersten Halbzeit wurde das „Vorwärts Magdeburger Jungs!“ angestimmt. Erst im äußeren unüberdachten Block, dann im zentralen Stehblock, dann im Sitzplatzbereich. Und dann - wieder von vorn das Ganze. Und ja, hätte in der 24. Minute FCM-Verteidiger Michel Niemeyer das Gehäuse nicht verfehlt. wäre es wohl völlig abgegangen. Nachdem nach einer knappen Halbstunde Jan Glinker mit einer Parade das 0:2 verhindert hatte, erhöhte Magdeburg zwischenzeitlich den Druck. Nach guter Hereingabe von der linken Seite setzte Christian Beck aus kurzer Distanz den Ball auf den Kasten, doch Energie-Towart Daniel Lück holte den Ball aus dem Eck. Nur eine Minute später konnte sich Lück nach einer Magdeburger Ecke und dem Abschlussversuch von Jan Löhmannsröbe nochmals auszeichnen. Der Ball wurde auf (oder war es doch knapp dahinter?) der Linie geklärt. 

CBDas war wohl ein Weckruf für die Lausitzer. Diese taten wieder mehr, und die Sturm- und Drangphase der Blau-Weißen ebbte wieder ab. In der 37. Minute kam Joni Kauko an den Ball, doch dieser schien zu überrascht und setzte das Spielgerät überhastet über das Tor. Aber dann! Unmittelbar vor dem Pausentee köpfte Kauko nach einer Ecke zum 2:0 für den FC Energie ein. Jubel, Trubel, Heiterkeit auf den Rängen. Trainer Vasilie Miriuta machte ein Freudentänzchen. Tiefes Durchatmen indes im Gästeblock. Nur kurz flaute der Support ab, nach der Pause ging es unvermindert weiter. Nun hing auch eine Koethen-Fahne an der Plexiglaswand und anwesende Anhänger des BFC Dynamo (in gewissen Fankreisen gibt es recht gute Verknüpfungen) wurden in der unteren Ecke des Blockes plötzlich mobil. Der Grund: Torsten Mattuschka machte sich unten für eine mögliche Einwechslung warm. Ein paar eindeutige Gesten, ein paar Schmähgesänge - dann wurde es in dieser Ecke wieder ruhiger. Noch bereits vor Abpfiff wurde das dort hängende Freundschaftsbanner abgenommen, der Regionalexpress um 16 Uhr sollte wohl genommen werden. 

KoethenNach einer Stunde war es Sebastian Ernst, der den Anschlusstreffer auf dem Kopf hatte. Generell jedoch war es für Magdeburg schwer, durch die kämpfenden Cottbuser Reihen zu kommen. Im Gästeblock beschäftigte man sich derweil phasenweise mit sich selbst. Heiteres Pogen unter den Jüngeren. Das Spiel schien bereits abgehakt zu sein. Es schnupperte nicht nach einem Magdeburger Punktgewinn. Eine Viertelstunde wurde sich in gewohnter FCM-Manier eingehakt und das „Ooooh, ohooo…“ angestimmt. Sowislo probierte es noch einmal aus der Distanz, der eingewechselte Razeek dribbelte sich sehenswert nach vorn und schoss dann jedoch in Richtung Lausitzer Himmel. In der 85. Minute kam bei Cottbus schließlich „Tusche“ auf den Platz. Mit dem nötigen Einsatz wurde das 2:0 über die Runden gebracht. „Oooh wie ist das schön!“, sangen die Cottbuser Fans. Die Erleichterung war dem Heimpublikum wahrlich in den Gesichtern abzulesen. Und wenn man sich die anderen Ergebnisse anschaute, wurde erst einmal deutlich, wie wichtig diese drei Punkte sind.

FCMEin Blick auf die anderen Spielstände lohnte sich auch für die Magdeburger. Aue hatte 0:3 verloren, Osnabrück und Großaspach hatten sich 2:2 getrennt. Viel verändert hat sich oben nicht. Noch ist alles möglich. So fuhren zahlreiche FCM-Fans recht entspannt mit dem Regionalexpress nach Berlin, um dort am Ostbahnhof umzusteigen und erst einmal unten in den Supermärkten fröhlich einzukaufen. Anschließend wurde sich auf dem Bahnsteig gesammelt und auf den Anschlusszug gewartet. Ein Magdeburger ließ einen Song lautstark über ein Megaphon dudeln. Erheiterung bei den anderen. Dass indes nicht jeder viel von der von einigen getragenen Freundschaft zwischen dem 1. FC Magdeburg und dem BFC Dynamo halten, wurde einen Augenblick später deutlich. Auf dem Nachbarbahnsteig stiegen kurzerhand zwei ältere BFCer, die vom RL-Heimspiel gegen Meuselwitz kamen, aus der S-Bahn und pöbelten munter drauf los. Fix waren etliche Magdeburger auf 180. Zwei gegen 100. Voll gegen die Wand. Ein erstaunlicher Anblick. Wie es weiterging? Das entzog sich leider meiner Kenntnis.

CottbusWie es im Fußballbetrieb weitergeht, steht indes fest. Während der FC Energie Cottbus zum ebenfalls arg abstiegsbedrohten SV Wehen Wiesbaden reisen muss, empfängt der 1. FC Magdeburg im heimischen Stadion Holstein Kiel. Das Nachholspiel zwischen dem Chemnitzer FC und Energie Cottbus wird am 24. März ausgetragen. Interessant wird es am 01. bzw. 02. April, wenn Magdeburg den FC Erzgebirge Aue empfängt und die SG Dynamo Dresden in der Lausitz zu Gast ist.

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: FC Energie Cottbus

> zur turus-Fotostrecke: 1. FC Magdeburg

Artikel wurde veröffentlicht am
14 März 2016
Spielergebnis:
2:0
Zuschauerzahl:
8.404
Gästefans
2000

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3. Liga

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Für mich als Dynamo-Anhänger waren die Spiele gegen Energie - aufgrund der räumlichen Nähe und der damit einhergehenden Überschneidung der Einzugsgebiete - immer DAS Derby. Mittlerweile kommt dieses Gefühl bei mir jedoch immer weniger auf, wenn die beiden Vereine aufeinandertreffen. Es fällt mir schwer das zu sagen, aber es ist zu schade, dass der Zuschauerzuspruch in der Lausitz in den letzten Jahren so stark nachgelassen hat, dass bei Heimspielen nicht mal mehr der Stehplatzbereich voll wird...Viel Erfolg im Abstiegskampf, Mädels!
J
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G
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Wieder eine tolle Zusammenfassung des Spiels, danke. Weiter so!
T
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