Musik, Bier und Sieg: Die Freiburger Wohlfühl-Tour nach Sandhausen

SandhausenDer SV Sandhausen wird inzwischen als etablierter Zweitligist betrachtet. Woran man das bei sich selbst festmachen kann? An der Tatsache, dass man überrascht ist, dass der SC Freiburg am vergangenen Wochenende zum ersten Mal nach Sandhausen reiste. Zwar spielten die Breisgauer während der vergangenen 23 Jahre meist im Fußballoberhaus, doch einige Spielzeiten absolvierten sie zwischendurch in der 2. Bundesliga. So zum Beispiel von 2005 bis 2009. Zu jener Zeit war der SV Sandhausen jedoch noch ein, zwei Etagen tiefer anzutreffen. Von 1957 bis 1978 spielten die Kurpfälzer in der Amateurliga Nordbaden, von 1978 bis 1995 war der Verein durchgängig in der Oberliga Baden-Württemberg anzutreffen. Nach einem ersten Regionalliga-Schnupperkurs 1995/96 sollte der endgültige Sprung nach oben 2007 gelingen. Dann ging es rasant bergauf. Nach einem Jahr Regionalliga Süd folgten vier Jahre in der 3. Liga, seit 2012 ist der SV Sandhausen in der 2. Bundesliga anzutreffen. Da sich das Hardtwaldstadion inzwischen zu einer richtig schmucken Spielstätte gemausert hat, dürfte kaum jemand die Zweitligatauglichkeit dieses Vereins in Frage stellen. Zumal auch die Zuschauerzahlen langsam steigen. Dass nicht dauerhaft fünfstellige Werte zu erwarten sind, ist klar. Schließlich befinden sich Karlsruhe, Stuttgart, Kaiserslautern, Mannheim und Darmstadt nicht wirklich weit entfernt.

SonderzugFür Freude dürften die Touren nach Sandhausen bei den jeweiligen Gästefans sorgen. Während man früher auf einer niedrigen unüberdachten Tribüne hinter dem Tor verweilen musste, kann nun quasi aus dem Vollen geschöpft werden. Rund 3.500 Freiburger hatten sich am Sonntag auf den Weg gemacht. Die aktiven Fans standen im Block auf der Hintertortribüne, die restlichen SCF-Fans standen und saßen auf der Gegengerade des Hardtwaldstadions. Weit gereist werden musste nicht. Immer den Rhein entlang gen Norden. Kurz vor Heidelberg und Mannheim liegt schließlich Sandhausen. Auf dem Straßenweg sind das knapp 180 Kilometer. Ein Teil der Freiburger Fans reiste mit dem Sonderzug an, der in St. Ilgen - Sandhausen ankam. Von dort aus ging es mit Shuttle-Bussen gen Stadion. Irgendwelche besonderen Vorkommnisse? Nein, keine! Highlight der Bahnfahrt war ganz klar der Bierverkauf im Zug. Da alles völlig reibungslos vonstatten ging, erreichte der Sonderzug sogar etwas früher den Zielbahnhof. 

SCFUnd vor Ort? Die totale Entspannung. Am Gästeeingang stand ein Polizeifahrzeug und über die Laustprecher wurde laut Musik abgespielt. Erheiterung bei den Fußballfreunden. Ja, es kann auch mal so gehen. Warum nicht öfters so? Ein Polizist mit Mikro in der Hand plauderte mit den Fans. Ein Video davon kursiert im Netz. Logisch, nicht jedes Spiel ist fantechnisch so entspannt wie Sandhausen vs. Freiburg, doch statt grimmiger Gesichtszüge, von vornherein aufgesetzten Helmen und bereitgehaltenen Knüppeln und Pfefferspraydosen könnte es öfters mal eine Portion Musik geben. Mit mehr Witz und Lockerheit würde sich manch ein Problem ganz einfach in Luft auflösen. 

SVSApropos, Entspannung. Was die sportliche Situation angeht, so konnte der SV Sandhausen ohne übergroßen Druck in die Partie gegen den Tabellenzweiten gehen. Man wollte gut spielen und nach Möglichkeit Punkte einfahren - das dürfte klar sein, doch das Abstiegsgespenst ist derzeit drei Ecken weiter. Mit 30 eingefahrenen Punkten ist man bereits ganz gut dabei. Von solch einer Punktezahl können derzeit der MSV Duisburg, der TSV 1860 München und auch der SC Paderborn 07 nur träumen. Mit einem Sieg gegen Freiburg hätte der SV Sandhausen sogar ganz zaghaft an den oberen Tabellenzone geschnuppert. 

SCFAus einem Punktgewinn wurde jedoch nichts. Feiern konnten die 3.500 Gästefans. Auch wenn Sandhausen prima mitgespielt hatte, so zeigten die Freiburger, dass sie nicht ohne Grund dort oben stehen. Bereits nach fünf Minuten versuchte es Guedé mit der Hacke, SVS-Keeper Knaller ließ sich nicht überraschen. In der 19. Minute brachte auf der anderen Seite Thomas Pledl einen Freistoß auf den Kasten der Freiburger. Schwolow faustete den Ball weg, den Nachschuss setzte Zillner über das Gehäuse. Die bislang größte Chance der Freiburger gab es in der 37. Minute zu sehen. Nachdem Grifo einen Freistoß hereingebracht hatte, kam am rechten Pfosten der frei stehende Torrejon aus der Drehung nicht mehr optimal an den Ball. Das hätte die Führung der Gäste sein können. Nach einem strammen Schuss von Niederlechner ging es schließlich zum Pausentee.

SCFIm zweiten Spielabschnitt waren fünf Minuten gespielt, als Grifo wieder einen Freistoß vorn hereinbrachte. Halb im Sitzen konnte der in die Mannschaft zurückgekehrte Maximilian Philipp den Ball zum 1:0 für Freiburg unterbringen. Nun kam richtig Schwung in die Partie. Nach etwas über einer Stunde gelangte der Ball ganz fix in die Spitze, Roßbach berührte den heranstürmenden Niederlechner. Elfmeter für Freiburg und die Rote Karte für Roßbach. Eine richtig bittere Pille für Sandhausen. Kein böser Tritt, sondern nur beim Vorbeirennen ein Zupfer am rechten Arm. Dieser genügte jedoch, um Niederlechner aus dem Tritt zu bringen. Keine Frage, dieser Strafstoß war berechtigt. Grifo trat nun zum Punkt und übernahm Verantwortung. Dieser wollte es jedoch zu genau machen. Der Ball traf den Innenpfosten und prallte zurück ins Spielfeld. 

SCFDies sollte sich jedoch aus Sicht der Gäste nicht rächen. In der 84. Minute konnten die Freiburger den Sack zu machen. Schön wurde der Ball rüber zu Christian Günter gespielt, dieser brachte den Ball scharf vor das Tor, Nils Petersen stand bereit und verwandelte gekonnt zum 2:0 für den SCF. Allerdings sollte sich herausstellen, dass Petersen sich im Abseits befand, wenn auch denkbar knapp. Sei es drum, die Fußballwelt hat bereits krassere Fehlentscheidungen gesehen. Unter dem Strich konnten die Freiburger verdient die drei Punkte einfahren. Ausgelassen wurde der Sieg von Mannschaft und Fans gefeiert. Ohne Zwischenfälle ging es wieder zurück in die Heimat. Am kommenden Wochenende empfangen die Breisgauer den 1. FC Kaiserslautern, eine Woche später geht es auf die Alm nach Bielefeld. Mal schauen, ob dort die polizeilichen Einsatzkräfte auch ein Liedchen abdudeln. 

Fotos: Arne Amberg

> zur turus-Fotostrecke: SV Sandhausen

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Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
23 Februar 2016
Spielergebnis:
0:2
Zuschauerzahl:
10.096
Gästefans
3500

Ligen

Inhalt über Liga
2. Bundesliga

Benutzer-Kommentare

4 Kommentare
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Kommentare
Toller Bericht, sehr sympathisch geschrieben. Freut mich, dass es euch bei uns gefallen hat. Glückwünsch zu eurem Sieg.
Viele Grüße aus Sandhausen
G
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G
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Fußballnabel der Kurpfalz
Wo liegt... Wie ist... Kennst d u Sandhausen?
Fußball- und Geografiebanausen
stell'n verblüfft in diesen Tagen
immer wieder diese Fragen.

Wer von Nord' nach Süden fährt
oder aber umgekehrt,
ob Auto, Zug, 's is' einerlei,
kommt an Sandhausen stets vorbei.

Im warmen Tal des Oberrheines
liegt als kleines aber feines
kurpfälzisches Fußballnest,
der Ort Sandhausen at its best.

Man wird von ihm, ich könnt's beschwören,
in Zukunft noch 'ne Menge hören.
M
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G
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