Terrorangst und Sicherheit in den Stadien: Altbekannte Pläne aus den Schubladen

PolizeiDer nächste Anschlag könnte jederzeit erfolgen. Im ICE von Berlin nach Essen, im Regionalexpress von Freiburg nach Karlsruhe. Auf einem Bürgeramt im Rathaus, in einer Einkaufsstraße, in einer Shisha-Bar, vor einer Schule, in einer U-Bahn oder während einer Sportveranstaltung. Mit Maschinenpistolen, mit einem Sprengstoffgürtel oder einer Autobombe. Wir als Bevölkerung werden dies nicht verhindern können. Das einzige, was wir tun können, ist wachsam zu sein, auf das Bauchgefühl zu hören und und auf die zuverlässige Tätigkeit der europäischen Sicherheitsbehörden zu hoffen. Letztendlich müssen - wie zuletzt in Frankreich / Belgien - nach Möglichkeit weitere terroristische Anschläge im Vorfeld verhindert werden. Zugriff, bevor potentielle Täter zuschlagen können. Mehr wird aktuell kaum möglich sein. Die Gründe, dass es zu solchen Anschlägen kommt, werden wir kaum in kurzer Zeit beheben können. Auch nicht mit übereifrigen Lufteinsätzen in Syrien oder dem Irak. Dass sich die allgemeine Situation im Nahen Osten in Zukunft bessert - das sollte das Hauptziel der Politiker (Stichwort Waffenexporte, gemeinsame Ziele, Zurückstellen von Befindlichkeiten) sein. Da wir an dieser Stelle in diesem Magazin jedoch über Fußball und die Sicherheit in den Stadien sprechen, werden wir den Bogen genau zu diesem Thema schlagen.

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PolizeiEs ist absurd, welche Themen gerade - parallel zur allgemeinen Sicherheitslage - derzeit aktuell sind. Nur mal so am Rande: Die Grünen machen geschlechtsneutrale Sprache zur Pflicht. Der Gender-Star - also Gender-* - soll ganz groß rausgebracht werden. Wenn es nach den Grünen geht, wird es in Zukunft „Fußballer*innen“ heißen. Oder halt auch „IS-Kämper*innen“. Damit kann man sich durchaus beschäftigen, wenn die Welt ins Wanken und manches aus dem Ruder gerät. Ebenso absurd wird es jedoch, wenn man manch einen Zeitungsartikel zur Sicherheit in den Fußballstadien liest. Wie schnell sich manch ein Funktionär, Polizeigewerkschaftler oder Politiker (bitte verzeiht, jetzt mal ohne den Gender-* geschrieben) zu Wort meldet und Vorschläge unterbreitet, ist beeindruckend.

PolizeiNein, nicht um sensible Anschlagsziele wie Bahnhöfe und Verkehrsmittel geht es, sondern um die Fußballstadien. Selbstverständlich ist nicht von der Hand zu weisen, dass jegliche Großveranstaltung ein potentielles Ziel von Terroristen sein kann, doch mit den Vorschlägen, die derzeit ganz groß in die Öffentlichkeit rausposaunt werden, wird man kaum etwas ausrichten. Warum wird immer wieder so exzessiv betont, dass die Sicherheitsmaßnahmen in den Stadien ausgeweitet werden müssen? Weshalb wird dies nicht bei Schulen, anderen öffentlichen Einrichtungen und Bahnhöfen so ausdrücklich gefordert? Es ist ja geradezu erschreckend, wie sich auf das Thema Stadionsicherheit gestürzt wird. Es scheint ja fast, als habe man nur auf den Moment gewartet, endlich das umzusetzen, was eh schon als fertiger Plan seit Jahren in den Schubladen liegt. 

OrdnerDer Reihe nach. Ordner sollen besser geschult werden? Soll das heißen, dass sie es bis dahin nicht waren? Heißt das, dass bislang hier und dort billige ungeschulte Kräfte an den Bundesligastadien für Sicherheit sorgen sollten? Davon ganz abgesehen, was soll ein Ordner ausrichten, wenn sich schwer bewaffnete Terroristen Zutritt verschaffen würden? Man braucht doch nur in den Nahen Osten schauen, wie im öffentlichen Raum Anschläge durchgeführt werden. Wenn man auch nur im Ansatz ein Stadion wirklich schützen möchte, müsste es ein Sicherheitssystem wie auf einem Flughafen geben. Mit allem Drum und Dran. Samt bewaffneter Einsatzkräfte, welche die Maschinenpistolen griffbereit geschultert haben. Und trotz alledem kommt es zu Bombenanschlägen wie zuletzt auf das russische Flugzeug. 

PolizeiEs ist auffällig wie sehr das Thema Pyrotechnik ins Gespräch gebracht wird. Vorsorglich wird die verbale moralische Keule dermaßen geschwungen, so dass jeder Ultra-Gruppierung klar sein müsste, dass diese beim kommenden Einsatz von Bengalos und Rauch (Böller sind eh in Fankreisen unbeliebt) ganz klar wie Aussätzige behandelt werden. Qualm und Feuer zu diesen Zeiten? Man kann sich ausmalen, was dann passieren wird. Und da das Thema Terrorismus uns wohl auf Jahre hinaus - sicherlich sogar für immer - begleiten wird, lassen sich paar von Hause aus unbequeme Dinge wie pyrofreudige und freidenkende Ultras mächtig in die Schranken weisen.

PolizeiPolizeigewerkschaftler, Innenminister - allesamt warnen sie massiv vor dem Einsatz von Pyrotechnik. Als wenn es derzeit keine größeren Probleme geben würde. Man braucht in Zukunft nur allzu oft betonen: Knall = Erinnerungen an die Detonationen in Paris. Aber ganz ehrlich, Angst würden mir nicht ein paar Bengalos in der Fankurve machen. Ich könnte tausende Dinge aufzählen, die ich in Zukunft mehr fürchten würde. Die allgemeine tief sitzende Angst in einem Zug (wie in Madrid oder London) in die Luft gesprengt zu werden. Die Angst, dass Medien komplett gleichgeschaltet werden, dass die Pressefreiheit beschnitten wird, dass man nicht mehr alles äußern darf. Dass am Ende sämtliche Freiheiten eingeschränkt werden. Dass aufgrund all der internationalen Verflechtungen, ganz Europa den Bach runter gehen wird. 

Man darf davon ausgehen, dass die meisten Ultra-Gruppierungen eh intern diskutieren werden, inwieweit der Einsatz von Pyrotechnik in den kommenden Wochen Sinn macht. Da es sich bei Ultras nicht um „die Taliban der Fußballfans“ (man denke an die Äußerungen in einer TV-Sendung vor drei Jahren) handelt, sondern um Personen, die durchaus Grips im Schädel haben, ist die plumpe Verbalkeule nicht von Nöten. 

PolizeiUnd noch ein sehr wichtiger Punkt: Personalisierte Tickets und strengere Kontrollen an den Stadioneingängen. Schön und gut, doch was sollen personalisierte Tickets bezüglich des weltweiten Terrorismus bringen? Denkt man, dass auf diesem Wege Anschläge verhindert werden können? Zumal die Maßnahmen sicherlich in erster Linie bei den Fankurven greifen werden. Schaute man sich bislang die Einlasskontrollen vor den Blöcken der aktiven Fans und der Haupttribünen an, waren mitunter deutliche Unterschiede erkennbar. Nur allzu klar wurde deutlich gemacht, dass von Zuschauern, die 40 Euro für einen Sitzplatz löhnen, eher keine Gefahr ausgeht. Genau bei diesem Punkt muss ein Umdenken erfolgen. 

PolizeiMöchte man mehr Stadionsicherheit - und an dieser Stelle meinen wir die in Bezug auf mögliche Anschläge / Attentate -, muss genau dort angesetzt werde. Wie schauen denn die Kontrollen an VIP-Eingängen aus? Wie leicht wäre es, sich eine VIP-Tageskarte zu besorgen und mit dieser in wirklich sensible Zonen eines Stadions zu gelangen? Sicherlich hat es einen bitteren Beigeschmack, genau solche verschärften Maßnahmen zu fordern. Kein VIP-Besucher soll unter Generalverdacht gestellt werden. Ein aktiver Fan jedoch auch nicht. Geht es um die Sicherheit in einem Fußballstadion, müssen Maßnahmen an jeder Ecke des Stadions mit gleicher Intensität erfolgen. Dies gilt auch für die sensiblen Zugänge für Presse und Catering. Ist dies jedoch nicht der Fall, bleibt schnell der Gedanke, dass ganz nebenbei das eine oder andere „Problem“ in den Fankurven beseitigt werden soll.

Fotos: turus.net-Archiv

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Artikel wurde veröffentlicht am
19 November 2015

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Auf den Punkt gebracht. Danke schön!
P
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G
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G
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Kann man an einer Hand abzählen, was jetzt alles auf uns zu kommen wird. Alles im Zeichen der Sicherheit. Und unser Innenminister möchte uns lieber nicht zumuten alles zu wissen. Na, kann ich mir gut vorstellen...
R
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G
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