Was haben die Anhänger des Schweizer Erstligisten FC St. Gallen und des einstigen DDR-Zweitligisten BSG Aktivist Schwarze Pumpe gemeinsam? Sie lieben den exzessiven Gebrauch von Pyrotechnik! Sowohl beim Auswärtsauftritt im Basler St. Jakob-Park als auch im Jahn-Stadion in Hoyerswerda brannte und rauchte es mehrfach, als würde es kein Morgen geben. Durchaus ist die Fanszene des FC St. Gallen dafür bekannt, dass sie es mag, wenn es in der Dunkelheit mal ein bisschen hell wird, doch solch einen feurigen Auftritt in Basel hatte man nicht erwartet. Die Botschaft per Spruchband war indes klar und deutlich: "Heute machen wir euch Feuer unter´m Arsch!" Und die Jungs von Green Power 04 hielten Wort, gleich dreimal wurde im oben gelegenen Gästeblock massiv Pyrotechnik gezündet. Zu Beginn rot leuchtend mit Böllern und Raketen, später noch zweimal in den Farbtönen Grün und Weiß.
Gigantische Rauchwolken im Gästeblock: Pyro-Festival in Basel und Hoyerswerda
HotFür Aufsehen in europäischen Ultrà-Kreisen hatte Green Power im Oktober 2014 gesorgt, als beim Heimspiel gegen den FC Basel der 10. Geburtstag der Gruppierung mit großem Aufwand gefeiert wurde. Inmitten eines Meeres aus glitzernden grünen Folien loderte es rings um das gespannte Gruppen-Logo. Im späteren Verlauf des Spiels wurde noch eine riesige Blockfahne hochgezogen, unten drunter stand geschrieben: „Im Zeichen von Wille, Stolz und Euphorie“. Zwischen wehenden Fahnen brannte es im Anschluss noch einmal in verschiedenen Ecken der Heimtribüne. Auswärts in Basel wurde nun noch ein Schippchen draufgelegt, so dass die nach den Treffern des FC Basel im Heimbereich gezündete Pyro im Vergleich dazu wirkte wie ein Strohfeuerchen.
Okay, in der Schweizer Liga ist man Pyrotechnik gewohnt und bekanntlich ist im Gästeblock der Basler Spielstätte quasi jeder mal dran. Nicht allzu oft kommt es jedoch in den deutschen Kreisligen zum exzessiven Einsatz von Bengalos, Rauchtöpfen und Blinkern. Mal ein Portiönchen bei einem Aufstieg - das gibt es hierzulande durchaus zu sehen, doch Wolkenschwaden, die sich meterhoch auftürmen und den halben Sportplatz verdunkeln? Eher selten in der 9. Liga. Umso mehr überraschen die Bilder vom Derby in Hoyerswerda. In der Ewag-Kamenz-Liga Staffel 2 (Kreisliga) trafen am gestrigen Sonntag im Jahn-Stadion der Hoyerswerdaer SV 1919 und der FC Lausitz Hoyerswerda aufeinander. Achselzucken. Wer soll das sein?
Den Aha-Effekt gibt es, wenn klar wird, um wen es sich beim belanglos klingenden FC Lausitz Hoyerswerda eigentlich handelt. Beim Namen BSG Aktivist Schwarze Pumpe klingelt es. War da nicht mal was? „Drücken Pumpe, drücken!“ Dazu ein Zischen. War dies nicht einer der damaligen Schlachtrufe? Immerhin spielte die BSG Aktivist Schwarze Pumpe lange Zeit in der DDR-Liga, der zweithöchsten Spielklasse. In der Staffel D der DDR-Liga wurde Schwarze Pumpe in den Spielzeiten 1981/82 und 1983/84 jeweils am Ende Zweiter. In der Ewigen Tabelle der DDR-Liga, die von der BSG Wismut Gera angeführt wird, ist die BSG Aktivist Schwarze Pumpe auf Rang 16 zu finden. 1981/82 kamen immerhin im Schnitt 1.800 Zuschauer zu den Heimspielen, nur die BSG Stahl Riesa hatte in der Staffel D mehr Zuspruch (knapp 4.000). Zwei Jahre später, als hinter der BSG Sachsenring Zwickau der Sprung in die Oberliga verpasst wurden, waren es im Schnitt sogar über 2.000 Fußballfreunde, die der Schwarzen Pumpe feste die Daumen drückten.
Nach dem Fall der Mauer spaltete man sich von der eigentlichen Betriebssportgemeinschaft ab und trat nun als BSG Aktivist Pumpe Hoyerswerda an. In der NOFV-Oberliga wurde in den 1990ern eine ordentliche Rolle gespielt, immer wieder wurde versucht, in höhere Gefilde zu gelangen. Zwei vielversprechende Anläufe zur Regionalliga endeten jedoch nicht erfolgreich. Besonders bitter war hierbei das Aus in der Relegation gegen den FC Schönberg 95 zur Jahrtausendwende. Nach einem 2:2 vor über 4.000 Zuschauern unterlag Hoyerswerda auswärts knapp mit 1:2. In der Folgezeit ging es sportlich rapide abwärts. Die Idee als FC Lausitz Hoyerswerda neue Sponsoren zu finden, ging nicht auf. Am Ende landete der FC Lausitz in der Kreisliga und muss nun kleine Brötchen backen. Vielleicht hätte das sich Berufen auf alte Tradition im Namen des Aktivisten Schwarze Pumpe vor zehn Jahren vielleicht doch mehr Früchte eingebracht. So aber verschwand der Verein in der sportlichen Bedeutungslosigkeit.
Dass das alte Logo und der alte Name bei der Anhängerschaft noch nicht vergessen sind, durfte beim gestrigen Derby bestaunt werden. Während der Gastgeber Hoyerswerdaer SV 1919, zu DDR-Zeiten in der Bezirksliga Cottbus beheimatet (erst nach der Wende schloss sich die Stadt Hoyerswerda nach einem Volksentscheid dem Freistaat Sachsen an), keine aktiven Fans zum Derby brachte, ließ man es im Gästeblock richtig krachen. „Alles geben 1919 zerlegen!“, wurde gefordert. Im Stil der Großen gab es zu Beginn eine Choreo zu sehen. In der Mitte das alte Logo der BSG. Das Motto: „Tradition verbindet“. Links und rechts schwarz-gelbe Folie und dazu einige Rauchtöpfe. An der Bande war zudem „Black Devils & die OSL - Hoyerswerda ist Schwarz Gelb“ zu lesen. Der aktive Kern der Black Devils Hoyerswerda trug zudem weiße Motto-Shirts mit der Aufschrift „Hoyerswerda hat ein Rotlichtmilieu“. Darunter das Logo des Stadtrivalen.
Auf dem Platz konnte vor knapp 400 Zuschauern ein 2:1-Sieg eingefahren werden. Felix Weichert hatte den FC Lausitz in der 23. Minute mit 1:0 in Führung gebracht. Nachdem Marcel Quander in der 69. Minute per Strafstoß zum 1:1 ausgleichen konnte, gab es beim von Marco Groß erzielten 2:1-Siegtreffer in der 79. Minute kein Halten mehr. Die drei Punkte waren gesichert und die Party konnte noch einmal richtig beginnen. Mit der Mannschaft wurde ausgiebig gefeiert, bis über die Baumkronen hinweg stieg der dichte Rauch. Dazwischen wurden etliche Bengalos gezündet. Ein Anblick, der Ultras landesweit ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Ist das der viel zitierte „Wilde Osten“? Ja, das ist er wohl …
Fotos: Arne Amberg, Los Misenas