9.357 Zuschauer wollten die Begegnung LASK Linz vs. Austria Salzburg in der zweithöchsten österreichischen Spielklasse am Freitagabend beiwohnen. Die Tragweite dieser Zahl wird einem vor allem bewusst, wenn man sich vor Augen führt, dass beim letzten Heimspiel des amtierenden Österreichischen Meisters Red Bull Salzburg gegen Altach 2.693 Fußballfreunde weniger (!) im Stadion waren. Es ist ja schon etwas skurril, dass die 150.000-Einwohner-Stadt an der Salzach sowohl den wohl unbeliebtesten Verein in der Geschichte des Klubfußballs beherbergt als auch Heimat einer der romantischsten Episoden selbiger ist. Oder doch die logische Schlussfolge?
LASK Linz vs. Austria Salzburg: Großes Traditionsduell auf der Linzer Gugl
HotEs nötigt mir immer wieder von neuem unendlichen Respekt ab, wenn ich mir abermals bewusst mache, wie viel Liebe und Herzblut in diesem Verein steckt, dass diese Burschen in der untersten Liga neu angefangen haben, teilweise mit mehr Leuten zu Auswärtsspielen gefahren sind als der gastgebende Ort Einwohner hat, und es der Verein allen Widerständen zum Trotz doch geschafft hat in den Profifußball zurückzukehren. Und auch dieses Mal bekam ich Gänsehaut, als 2.500 Mozartstädter "Wir haben Austria Salzburg im Herzen" durch das Linzer Stadion schmetterten. Warum? Weil es authentisch ist.
Die Gäste sammelten sich zuvor am Linzer Hauptbahnhof und marschierten gemeinsam zum Stadion auf der Gugl. Dass auch Linz richtig heiß auf dieses Spiel war, wurde spätestens auf dem Weg zur Spielstätte überdeutlich. In regelmäßigen Abständen sah man kleine "Willkommensbotschaften" an Mauern, Stromkästen und der gleichen. Auf einer Mauer gegenüber des Eingangs zum Gästeblock folgte dann ein unübersehbares Graffiti mit der Aufschrift "EGAL WO EGAL WANN IHR KOMMT ALLE DRAN“, unterzeichnet mit Szene Linz 1908. Klar, die Vorfreude auf das Aufeinandertreffen mit dem Salzburger Original war riesig.
Linz startete mit einer kleinen, aber feinen und vor allem kreativen Choreographie in die Partie. Vor schwarzen und weißen Fahnen hing ein Transparent mit der Aufschrift "Vom Sandler bis zum hohen Tier - Wir stehen alle hinter dir". Passend dazu wurde vier große Pappfiguren gezeigt. Ein Sandler (österreichisches Wort für Penner), ein LASK-Fan mit Schal, einer in Sturmhaube und mit einem Brecheisen in der Hand und schließlich einen älteren, gutbetuchten Fan mit Gehstock. Das Ganze war hübsch anzusehen. Die Jungs aus der Mozartstadt starteten mit ihrer ersten Pyro-Aktion in dieser Saison in die Begegnung. Die Mannschaft der Austria konnte diese Anfeuerung nicht ganz umsetzen und kam gegen die Kicker des LASK ein ums andere mal arg in Bedrängnis. So kam es dann auch wie es kommen musste, mit einen Doppelschlag durch Gartler und Hinum gingen die Linzer mit 2:0 in Führung.
Salzburg war mit dem Resultat noch gut bedingt und hätte sich auch über einen weit höheren Spielstand zur Pause nicht beklagen dürfen. Nicht beklagen konnte man sich an diesem Tag auch über die beiden Fanszenen, welche beide ein gute Leistung zeigten. Nachdem man sich zuletzt vor 15 Jahren auf der Gugl duellierte, wurde diesmal auch fleißig gepöbelt. So konnte man vom Linzer Anhang einen Spruchband sehen, dass sich kritisch"mit den Fanfreundschaften der Salzburger Austria auseinander setzte. Und auch sonst wurden allerlei Nettigkeiten zwischen den beiden Fanlagern ausgetauscht, doch zwischen "Salzburg verrecke" und "Olle Linzer san Orschlecher" Sprechchören gab es eben auch dieses Spruchband der Linzer mit der Aufschrift "RESPEKT FÜR EUREN WEG - GEGEN DEN MODERNEN FU$$BALL“.
Genau das macht Fankultur im Endeffekt auch aus. Leidenschaft, Kreativität, Rivalität und eben doch auch der Respekt und die Wertschätzung gegenüber den Kontrahenten. Es ist wohl genau diese Symbiose aus abgrundtiefer Ablehnung und Solidarität, die für Außenstehende so schwer zu verstehen ist. Spielerisch passierte in der zweiten Hälfte nichts besonderes mehr und so endete ein würdiges Fußballfest verdient mit 2:0 für den Linzer Athletik-Sport-Klub.
Fotos: Tim Seidenberg (Flickr-Seite des Fotografen)