Tropische Temperaturen in der Hussitenstadt. In den Gassen der Bernauer Altstadt lief alles noch gemütlicher ab als sonst. So gemütlich, dass im Restaurant der Wahl die zur Witterung passende Rote Grütze mit Vanillesoße noch nicht fertig war. Sie köchelte noch auf dem Herd. Als Entschädigung gab es den Cappuccino gratis dazu. Willkommen im beschaulichen Bernau! Zwei Vereine kämpfen derzeit in der Brandenburger Landesliga Nord um die Vorherrschaft. Der einstige Platzhirsch FSV Bernau und die aufstrebende TSG Einheit Bernau, die am Wasserturm ihren idyllisch Sportplatz hat. Im Schatten des Wasserturms, was allerdings (leider) nur sprichwörtlich zu nehmen ist, empfing Einheit Bernau am Samstagnachmittag bei bester Gluthitze den Sechstligisten FC Stahl Brandenburg, der zuletzt in unteren Gefilden der Tabelle sein Dasein fristete und berechtigterweise besseren Zeiten hinterher trauert.
Einheit Bernau vs. Stahl Brandenburg: Das Stahlfeuer erlischt am Wasserturm
Es war angerichtet auf dem Sportplatz am Wasserturm. Zwei wohl funktionierende Bierstände waren aufgebaut. Von solchen Zuständen träumt sogar manch ein Oberligist. Für die 101 zahlenden Zuschauer standen somit zwei Zapfhähne und fünf diensttuende Personen zur Verfügung. Eine hervorragende Quote. Da hätte der kühle Hopfensaft im Jahn-Sportpark beim DFB-Pokalspiel BFC Dynamo vs. FSV Frankfurt doch glatt aus über hundert Hähnen laufen müssen, um solch paradiesische Zustände zu schaffen. Das nur am Rande, weil das Catering im JSP von manchen BFC-Fans so harsch kritisiert wurde. Also wer allein des Bieres wegen zum Fußball geht, ist am Bernauer Wasserturm besser aufgehoben als in der Spielstätte nahe des Berliner Mauerparks.
Am gestrigen Samstagnachmittag richtig kuschelig angezogen war auch wieder die „Katze“. Dunkler Jogginganzug und als i-Punkt eine Mütze. Und das bei gefühlten 50 Grad Celsius in der Sonne. Aber die „Katze“ ist ja nicht blöd. Auch die Tuareg wissen den Vorteil von schwarzer Kleidung in der Wüste zu nutzen. Denn schwarze Kleidung schützt besser vor UV-Strahlung als weiße Kleidung. Wer die „Katze“ ist? Und wieder ein Querverweis zum BFC Dynamo. Dort wurde der jetzige Einheit-Trainer Nico Thomaschewski in all den Jahren im Tor als „Motche“ und „Katze“ bekannt. Nach einer sehenswerten Tat riefen die Fans immer fröhlich: „Motche, duuuuu Kaaatze!“ So viel dazu. Fakt ist, dass Nico Thomaschewski vor dem Pokalspiel wie eben eine Katze mit grimmigem Blick umher tigerte und genau schaute, was auf und neben dem Platz alles passiert.
Nicht allzu doll war zu Beginn der Partie das Geschehen auf dem Rasen. Kein Wunder, dass nach 25 Minuten der Stahl-Trainer laut rief: „Los, los, wie müssen alle besser werden!“ Sommerkick auf mit dunklem Granulat belegtem Kunstrasen. „Sieht gut aus, Dicker!“, rief indes Bernau-Keeper Niklaas Seifarth seinen Mitspielern zu. In der Viertelstunde vor dem wohl verdienten Pausengetränk hatte Stahl die besseren Möglichkeiten, auch wenn es nicht viele waren. Nach einer Ecke ergab sich für die einstige BSG die größte Chance. Anfangs nicht ernst genommen hatte man direkt vor der Pause einen Schuss vom Stahl-Spieler mit dem klangvollen Namen Guilherme Esteves Lima. Die Kamera blieb unten, der Griff ging zum Bierbecher. Hups, der Ball ist ja drin. Unten rechts. 1:0 für den FC Stahl Brandenburg in der 45. Minute. „Stahl-Feuer brennt!“ Support bei dem kleinen, aber feinen Grüppchen Stahl-Fans, die Banner und eine große Fahne mitgebracht hatten.
In der zweiten Halbzeit taten die Gastgeber mehr. Mussten sie ja auch. Nach einer Ecke verfehlte Julian Wienbreyer (auch einst beim BFC Dynamo) knapp den Ball. wenig später spitzelte Ricky Ziegler den Ball in Richtung Gehäuse. Noch blieb es beim 0:1, doch in der 74. Minute war es schließlich soweit. Eben jener Ricky Ziegler machte den verdienten Ausgleich klar. Emotionaler Ausbruch bei Einheit Bernau. „Lasst Euch doch nicht einlullen“, war vom Platz zu vernehmen. „Schon passiert …“, gab ein Bernauer Zuschauer als Antwort. Stahl Brandenburg fand an diesem Nachmittag keine Antwort mehr. Als man bereits mit der Verlängerung gerechnet hatte, machte in der hektischen Schlussphase Vladimir Pestov den 2:1-Siegtreffer für die TSG Einheit Bernau klar. Groß der Jubel. „Na, wer seid ihr denn?“, rief ein Bernauer aus der Emotion heraus.
Mächtiges Grummeln auf Stahl-Seite, doch es blieb alles friedlich. Am Ende verdient zog Einheit Bernau - wie auch der Stadtrivale FSV Bernau (1:0 gegen FC 98 Hennigsdorf) - in die zweite Pokalrunde ein. Vielleicht gibt es ja ein gutes Los. Kommen der SV Babelsberg 03 oder der FC Energie Cottbus, oder auch Union Fürstenwalde oder der FSV 63 Luckenwalde, gibt es bei uns den nächsten Spielbericht! Versprochen!
Fotos: Marco Bertram
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