Hilfe, Hilfe, ein Düsseldorfer Spruchband! Ganz NRW in heller Aufregung

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EssenDie Angst steht den beiden Fortuna-Spielern ins Gesicht geschrieben. Nicht nur geschrieben, die grenzenlose Furcht ist ihnen ins Gesicht gemeißelt. Totales Entsetzen. Bellinghausen und Bodzek auf der Bank. Dass Bodzek auf dem Foto bereits seine linke Hand bandagiert hat, spricht Bände. Man weiß ja nie! Schlimmer hätte es nämlich nicht kommen können. Das muss man sich mal vorstellen! Direkt hinter den beiden Spielern, sozusagen auf Tuchfühlung, hängt eines von zwei „Randale-Plakaten“. Diese „Randale-Plakate“ sind berühmt berüchtigt dafür, die ganze Fußballwelt aus den Angeln zu heben. Nichts ist nun mehr, wie es war. Grässlich! „Alle nach Essen!“ Das muss man sich mal vorstellen. Wer konnte nur solch ein „Randale-Plakat“ in die Nähe dieser beiden armen Spieler bringen?! Wie sollen sich diese beiden Menschen noch auf ihren Job konzentrieren können?! Nicht nur, dass alle nach Essen sollen, was schon schlimm genug ist. Nein, es kommt noch bitterer: „Auch ohne Karte!“ Das Ganze gipfelt noch tatsächlich darin, dass es ein Mottoshirt für 10 Euro gibt.

Nein, nein, nein. Und ich brülle noch einmal in die virtuelle Welt ein brachiales „Nein!“ hinaus. Das darf alles nicht wahr sein. Wen interessiert in Angesicht dieses „Randale-Plakates“ der allerschlimmsten Güte die hunderte vermissten Flüchtlinge im Mittelmeer, die Eroberung der syrischen Ortschaft Karadschatain durch die IS, der Konflikt in der Ostukraine oder die Propaganda-Videos auf deutscher Sprache?! Deutschland hat andere Probleme. Denn wir sind NRW! In diesem beschaulichen Bundesland droht die Eskalation der allerhöchsten Stufe. 

Es blieb ja nicht bei den beiden „Randale-Plakaten“. Für Aufsehen weit, weit, weit über die Düsseldorfer Stadtgrenzen hinaus sorgte ein beim Heimspiel von Fortuna Düsseldorf gegen den SC Paderborn hochgehaltenes Spruchband der Ultras Düsseldorf in einem leeren, abgesperrten Bereich des Stadions. „Alle nach Essen! Auch ohne Karte! 12 Uhr Hbf! Alle im Mottoshirt!“ Fürchterlich. Wer kann da noch ruhig schlafen oder gar von etwas anderem reden? Ganz ehrlich, wer hat so was grässliches schon einmal in einem Fußballstadion gesehen? Allein beim Begriff „Spruchband“ bekommt man doch glatt Gänsehaut, die einem die Rolex vom Handgelenk sprengt. Zehn Minuten lang wurde das Spruchband von den Ultras hochgehalten. Nicht neun, nicht elf - nein, exakt zehn Minuten. Schlimmer kann kein zehnminütiges Propaganda-Video auf youtube sein. 

Was soll ich euch sagen? Um zurück auf diese beiden „Randale-Plakate“ zu kommen. Auf diesen sind doch wahrlich Fotos mit eingebunden, auf denen Fans zu sehen sind, die Bengalos im Block hochhalten und sogar brennend auf den Rasen werfen. Nein halt. Ich habe mich verlesen. Dort steht was anderes: „ … und sogar brennend auf den Rasen werden.“ Hm. „werden“ statt „werfen“. Das macht es ja noch gruseliger. Fans, die auf dem Rasen brennen? Sich verbrennen? Sich anzünden? Ich habe es doch gesagt. Abgrundtief abartiger und bestialischer als jede Horrormeldung aus dem Hindukusch. Dort werden die deutschen Grenzen, die deutsche Sicherheit, die deutsche Freiheit bekanntlich verteidigt. In NRW geht es beim kommenden DFB-Pokalspiel zwischen Rot-Weiss Essen und Fortuna Düsseldorf um mehr. Einfach um alles. 

Doch es gibt auch gute Nachrichten! Ich hätte, man hätte - ja vielleicht wir alle hätten nicht von diesem grausigen Szenario im Düsseldorfer Stadion erfahren, hätten uns nicht die Kollegen von der „Bild“ drauf aufmerksam gemacht. Todesmutig wurde kein Blatt vor den Mund genommen. Mit brachialer Ehrlichkeit wurde alles auf den Punkt gebracht. Beim nächtlichen Surfgang durch die große digitale Welt mit der Flasche polnischem Piwo in der Hand blieb mir jenes fast im Halse stecken. Ja, bei solchen erschütternden Nachrichten kann auch Bier in der Kehle stecken bleiben, denn es gefriert in Sekundenschnelle aufgrund der geschilderten Gänsehaut und der ausströmenden inneren schockartigen Kälte zu Eis. Zu Piwo-Lody. Klingt schmackhaft, ist es aber nicht.

Nichts wollte da noch zu mitternächtlicher Stunde mehr munden. Ganz ehrlich, ich habe mit der Fortuna aus der Rheinmetropole nichts weiter am Hut. Dass jedoch solch ein Traditionsverein von den Ultras - allein dieser Begriff löst bei Millionen Menschen Angst und Schrecken aus - vorgeführt wird, ließ auch mir keine ruhige Nacht. Stundenlang wälzte ich bei nächtlicher Schwüle im aufgewühltem Bett und griff immer wieder zum Smartphone. In der Hoffnung, dass alles nur ein böser Traum war. Vielleicht hatte mich doch nur verklickt? War ich doch beim „Postillon“ gelandet? Am Morgen dann wirklich noch einmal die Gewissheit. Es war ein Bericht bei der „Bild“. Ich scrolle auf der mobilen Ansicht noch einmal runter. Nachdem mir weiß auf rot 300 MB Highspeed angeboten wurden, erscheint auch schon das Foto mit dem Spruchband. Friedlich liegt das riesige Trikot auf den leeren bunten Klappsitzen. Darüber die Düsseldorfer Ultras mit der Schreckensbotschaft.

Und die Kollegen von „Bild“ berichten ja nicht nur. Vielmehr sprechen sie den Verein direkt an: „Selber Schuld, Fortuna!“ und „Das habt ihr jetzt von eurer Gutmütigkeit!“. Der Verein werde am Nasenring durch die Arena gezogen. Die Fortuna sei einfach nur hilflos und müsse tatenlos zuschauen, wie die Ultras immer mehr Einfluss und Macht im Verein gewinnen. 

So, jetzt mal ernst. Meine heutige Tube Sarkasmus mit Witz ist ausgedrückt. Ja, man könnte einfach nur lachen und das Ganze seitenweise ins Lächerliche ziehen. Einfach ignorieren und abhaken. Ja, könnte man. Ich könnte mir ein angesprochenes Bierchen aus dem Kühlschrank ziehen und eine nette Rezension zum „Zeitspiel“ schreiben. Kommt noch, kommt noch! Ich könnte den auf „Bild“ publizierten Bericht einfach nicht beachten. Jedoch gibt es ein Problem, das mich dann doch aus der Reserve lockt und an den Rechner zwingt. Dieses Problem lautet: Es gibt immer noch zig tausende Leser, die solch einen Artikel bei „Bild“ für bare Münze nehmen. Und das ist das eigentliche Desaster. Nicht nur bei der Bild-Redaktion werden doch die Stifte schon gespitzt, die ersten Zeilen schon vorbereitet sein. Eins ist klar: Auch beim leisesten Pups in einem der beiden Fanblöcke werden die Schlagzeilen bereits stehen. Das Duell Rot-Weiss Essen vs. Fortuna Düsseldorf kann aus Sicht zahlreicher Schreiberlinge gar nicht friedlich über die Bühne ausgehen. Sobald ein Wölkchen Rauch aufsteigt, wird es die große Randale sein. Eigentlich winkt man nur noch müde ab, wenn es nicht immer im Nachhinein solch gravierende Folgen für Vereine und aktive Fußballfans haben würde.

Darum stelle ich nur die eine Frage in den Raum: Was soll solch ein Bild-Bericht bewirken? Geht es allein um die Quote, so kann man es einfach nur wie die Kollegen von der „Express“ vor über 20 Jahren vor dem Rheinländischen Duell 1. FC Köln vs. Bayer 04 Leverkusen handhaben. Die damalige Titelseite lautete: „Heute knallt´s!“ Jeder hat beim Anblick der in den Metallkisten liegenden „Express“ geschmunzelt. Und gut war´s. 

PS: Alles Weitere zum mit Spannung und Freude erwarteten Pokalduell in Essen gibt es dann auf turus.net von unserem Kollegen aus genau jener Stadt.

Fotos: Felix, Karsten Höft

> zur turus-Fotostrecke: Fortuna Düsseldorf

> zur turus-Fotostrecke: Rot-Weiss Essen

> Link zum BILD Artikel (auf eigene Gefahr)

Artikel wurde veröffentlicht am
06 August 2015

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(Aktualisiert: 06 August 2015)
Piwo wurde korrigiert, Marco war wohl gedanklich in Tschechien oder Serbiern ;-)
KV
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G
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