Der Duft der Nostalgie: Bald wieder Oberligafußball in Frankfurt an der Oder?

VorwärtsNicht wenige waren enttäuscht darüber, als im Sommer 2012 nach der Fusion mit einem anderen Verein der neue Name bekanntgegeben wurde: 1. FC Frankfurt (Oder) E.V. e.V. Die Möglichkeit, sich wieder den alten Vereinsnamen FC Vorwärts Frankfurt zuzulegen, wurde verpasst. Dass so etwas wunderbar funktionieren kann, darf in Gera, Riesa und Leipzig bestaunt werden. Nicht dass es sportlich sogleich in die Vollen geht, doch der Grad der Akzeptanz ist jeweils sehr hoch. „Chemie“, „Lokomotive“, „BSG“, „Wismut“. Das riecht nach Tradition und Geschichte. Dass es sich hierbei um Fußballgeschichte der DDR handelt, hat keinen faden Beigeschmack mehr. Ein „FC Vorwärts“ hätte der Oderstadt sicherlich auch gut zu Gesicht gestanden. Die Frage ist natürlich, wer konkret Namens- und Logorechte des einstigen FC Vorwärts besitzt. Lässt man indes das etwas merkwürdig klingende „E.V. e.V.“ weg, so bleibt ein durchaus rudimentäres 1. FC Frankfurt. Schade nur, dass man nicht die alten Vereinsfarben Rot und Gelb gewählt hatte. 

FrankfurtSei es, wie es sei. Im Zuge der Fusion der Nachwende-Vereine FC Viktoria 1991 und MSV Eintracht Frankfurt (zuvor MSV Hanse Frankfurt) wurde von einer Bündelung der Kräfte gesprochen. Diese Floskel hört man jedoch vielerorts, wenn es um die teils völlig sinnlosen Fusionen in den Niederungen des deutschen Fußballs geht. Beim TuS Celle FC kann man derzeit ein Liedchen davon trällern. In Frankfurt/Oder war man skeptisch. Ein sportlicher Aufschwung? Über 20 Jahre lang stand Fußball im Stadion der Freundschaft für Tristesse und Herumgedümpel in der Brandenburg-Liga. Die zwischenzeitlichen Ausflüge in der NOFV-Oberliga Nord gestalteten sich nicht wirklich erfolgreich. 2004 ging es letztmalig abwärts, eine Rückkehr in die Oberliga gelang seitdem nicht mehr. Bitter für eine Stadt wie Frankfurt an der Oder, die einst in den 70ern und 80ern durchaus erfolgreichen Fußball zu sehen bekam. So wurde der FC Vorwärts 1982/83 Vizemeister. Unvergessen die Auftritte im UEFA-Cup Anfang der 80er Jahre. Der VfB Stuttgart, der SV Werder Bremen, Nottingham Forest und der PSV Eindhoven gaben im Stadion der Freundschaft ihre Visitenkarten ab.

FrankfurtSeit Juli 2012 geriet der 1. FC Frankfurt wieder in Vergessenheit. Bei der wöchentliche Recherche wurde sicherlich auch ein Blick auf die Brandenburg-Liga geworfen. Wer steht oben? Was macht der FC Stahl Brandenburg? Mal wieder akute Abstiegsnot?! Der 1. FC Frankfurt fiel eher kaum ins Auge. Am vergangenen Wochenende jedoch die große Überraschung beim Blick auf die Tabelle. Der 1. FC Frankfurt befindet sich auf dem Platz an der Sonne. Auf der Vereins-Webseite heißt es: „Spitzenreiter, jetzt ist alles möglich“. Das ist doch mal eine schöne Neuigkeit! Am Samstag hatten die Frankfurter beim Tabellenletzten FC 98 Hennigsdorf mit 4:0 gewonnen. Da zeitgleich der RSV Waltersdorf 1909 beim MSV 1919 Neuruppin mit 1:2 verloren hatte, kletterte der 1. FC Frankfurt auf Rang eins. Zu absolvieren sind noch drei Spiele, der Aufstieg in die Oberliga ist in greifbarer Nähe. Duelle gegen Lichtenberg 47, den Brandenburger SC Süd 05, Union Fürstenwalde, Optik Rathenow, den 1. FC Neubrandenburg und den Malchower SV locken. Und auch ein Wiedersehen mit Tennis Borussia Berlin könnte es in der kommenden Saison eventuell geben. 

FrankfurtEs ist angerichtet. Der Gästeblock ist bereits vor geraumer Zeit mit neuen Betonstufen und Zäunen versehen worden. Zum Einsatz kam dieser unter anderen beim Landespokalspiel gegen den SV Babelsberg 03 im Jahr 2011 (2:4 n.V.). Die kurz nach dem Mauerfall errichtete Haupttribüne wurde abgerissen, stattdessen wurden ab Herbst 2012 die Planungen für einen neuen, knapp 1,9 Millionen teuren Neubau umgesetzt. Hierbei handelte es sich um ein zweistöckiges Funktionsgebäude mit Außentribüne. Eröffnet wurde dieses beim Ligaspiel am 13. September 2014. Gegner war der Eisenhüttenstädter FC Stahl. Zum Duell der einstigen DDR-Oberligisten fanden sich knapp 1.000 Zuschauer auf den Rängen des altehrwürdigen Stadions der Freundschaft ein. Und die ins Stadion gepilgerten Fußballfreunde werden jenen Tag nicht vergessen. Zu sehen gab es elf Tore, der EFC Stahl konnte diese Partie mit 7:4 für sich entscheiden! Zwischenzeitlich hatte Frankfurt mit 3:2 geführt, am Ende drehten die Jungs aus „Hütte“ nochmal richtig am Rad. 

Der 1. FC Frankfurt hatte die Saison furios begonnen. Dem 5:0 in Oranienburg folgte ein 5:1 bei Victoria Seelow vor 565 Zuschauern. Das 4:7 gegen Eisenhüttenstadt war indes schnell verdaut, am vierten Spieltag wurde 3:2 in Hohenleipisch gesiegt. Das Torverhältnis nach vier Spielen: 17:10. Und es blieb unterhaltsam. So wurde am 04. Oktober 2014 daheim vor 240 Zuschauern der FC Stahl Brandenburg mit 5:3 geschlagen. Einen echten Dämpfer gab es jedoch einen Monat später. Vor 252 Zuschauern setzte es gegen den MSV 1919 Neuruppin eine empfindliche 0:4-Niederlage. Manch ein Frankfurter Zuschauer wird abgewunken haben. Nein, das wird wieder nichts. Kein Wunder also, dass zwei Wochen darauf nur noch 105 Zuschauer zum Heimspiel gegen Hennigsdorf kamen. Schade, denn zu sehen gab es einen klaren 3:0-Erfolg. Es nutzte nichts. Gegen Falkensee-Finkenkrug kamen nur noch 81 zahlende Fußballfreunde - und diese mussten eine 0:1-Niederlage verkraften.

FrankfurtNach der Winterpause ging es wieder aufwärts, doch der Abstand zu Tabellenführer Neuruppin betrug nach dem 17. Spieltag immerhin neun Punkte. Zum Duell gegen die Jungs aus „Zicken-Seelow“ kamen Ende Februar immerhin 270 Zuschauer, die am Ende einen 2:1-Sieg feiern durften. Es folgten ein Auswärtssieg beim EFC Stahl, ein 3:3 gegen Hohenleipisch und ein klares 4:0 gegen den RSV Eintracht 1949. Da Neuruppin sportlich einbrach, war die Tabellenspitze wieder in Sichtweite. Allerdings gab es am 11. April gegen den Mitkonkurrenten RSV Waltersdorf eine knappe 2:3-Niederlage. 280 Zuschauer sorgten eine für Sechstligaverhältnisse überaus ordentliche Kulisse. 

Aber dann! Es folgten fünf Siege am Stück, unter anderen in Neuruppin. Mit diesem Schwung kann es in die letzten drei Partien gehen. An der Tagesordnung stehen noch das Heimspiel gegen Preussen Eberswalde, das Auswärtsspiel in Falkensee-Finkenkrug und am 13. Juni das Heimspiel gegen den SC Eintracht Miersdorf/Zeuthen. Allesamt lösbare Aufgaben. Also dann: Auf geht´s in die Schlussoffensive. Eine Rückkehr der Frankfurter wäre ganz gewiss überaus erfreulich. So könnten in der Region Nordost gleich drei namenhafte Klubs in die Oberligen zurückkehren: Die BSG Wismut Gera, die BSG Chemie Leipzig und der 1. FC Frankfurt. Allesamt haben es selbst in der Hand. Im Juni wissen wir mehr - und nach Möglichkeit schauen wir bei allen drei Vereinen persönlich vorbei. 

Anmerkung: Aktuelle Impressionen folgen in Kürze!

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: Stadion der Freundschaft in Frankfurt/Oder

Artikel wurde veröffentlicht am
19 Mai 2015

Ligen

Inhalt über Liga
Verbandsliga

Benutzer-Kommentare

12 Kommentare
 
67%
 
17%
3 Sterne
 
0%
2 Sterne
 
0%
 
17%
Alle Benutzer-Kommentare ansehen View most helpful
Hast du schon ein Konto?
Datenschutz
Durch das Anhaken der folgenden Checkbox und des Buttons "Absenden" erlaube ich turus.net die Speicherung meiner oben eingegeben Daten:
Um eine Übersicht über die Kommentare / Bewertungen zu erhalten und Missbrauch zu vermeiden wird auf turus.net der Inhalt der Felder "Name", "Titel" "Kommentartext" (alles keine Pflichtfelder / also nur wenn angegeben), die Bewertung sowie Deine IP-Adresse und Zeitstempel Deines Kommentars gespeichert. Du kannst die Speicherung Deines Kommentars jederzeit widerrufen. Schreibe uns einfach eine E-Mail: "kommentar / at / turus.net". Mehr Informationen welche personenbezogenen Daten gespeichert werden, findest Du in unserer Datenschutzerklärung.
Ich stimme der Speicherung meiner personenbezogenen Daten zu:
Kommentare
Eisenhüttenstadt
Hmm...interessant wird auch der FC Eisenhüttenstadt als Fusion von EFC Stahl,SG Aufbau und Fürstenberg...sportlich sinnvoll aber fantechnisch?Warum vereinigt man sich nicht unter dem Flaggschiff EFC Stahl?Dies ist doch der größte Name...aber gut bei 100 Zuschauern...Kennt sich jemand dort besser aus?
R
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 0 0
C
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 1 0
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 2 0
Vorwärts!!! :-))))
V
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 2 1
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 2 0
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 3 0
Das eine Frankfurt von 2004 hat mit dem anderen Frankfurt von 2015 nicht mehr viel zu tun. Zwischendurch gab's auch mal ein hallen-Turnier, an dem TeBe teilnahm.

Der 1.FC wird auch scheitern, wie der Rest der Fusionen der letzten 15 Jahre. Sportlicher Erfolg ist durch finanzielle Mittel realisierbar - Ansehen jedoch nicht.

1.FC Frankfurt, SV Wehen-Wiesbaden, VFC Anklam, CfR Pforzheim, FC Mecklenburg Schwerin, FC Ingolstadt

Die Liste lässt sich weiterführen. Überall ein ähnliches, billiges, herzloses Konzept zu erkennen. So macht Fußball keinen Spaß mehr.

Viktoria Berlin hat es richtig gemacht. Fusioniert, den prägnanten Teil des Namens behalten, der Rest wird aufgrund der Länge zu 99% weggelassen und von Lichterfelde spricht heut keine Sau mehr.

Hütte wird's vermutlich auch treffen.
FN
Kommentar melden Kommentare (1) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 2 3
G
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 3 0
In der letzten Oberliga-Saison 2003/04 trafen Frankfurt und Tennis Borussia Berlin sehr wohl aufeinander. Ansonsten hätte ich auch nicht von einem "Wiedersehen" geschrieben:

http://www.fussballdaten.de/vereine/tennisborussiaberlin/viktoriafrankfurt/

Zur anderen Problematik hatte ich bereits mehrfach in Berichten was zu geschrieben. Die Überschrift lautet ja auch "Bald wieder Oberligafußball in Frankfurt an der Oder?" Also allgemein am Standort Frankfurt/Oder bzw. im Stadion der Freundschaft. Ja, überaus schade, dass nicht gemeinsam angepackt werden konnte.

Zur Oberliga: Die gleiche Diskussion gibt es bei der BSG Wismut Gera auch. Ich war vor wenigen Wochen im Rahmen einer Lesung / Podiumsdiskussion vor Ort. Ja, die Oberliga ist nicht allzu lukrativ. Doch möchte man eines Tages in der Regionalliga spielen, führt der Weg nun mal über die Oberliga. Hat man keine Ambitionen, kann man indes in der Tat auf den Aufstieg verzichten. Davon ganz abgesehen, werden Spiele gegen TeBe, Neubrandenburg und Hansa Amateure durchaus mehr Zuschauer ziehen als manch ein Sechstliga-Kick. Mag sein, dass die einstige FCV-Fanszene den jetzigen Verein meidet. Aber irgendwie sollte es voran gehen in der Oderstadt. Einen Versuch ist es wert.

Mit besten Grüßen
Marco Bertram (turus.net)
MB
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 4 0
[Und auch ein Wiedersehen mit Tennis Borussia Berlin] Was soll das???
Sie trafen noch nie aufeinander. Den 1.FC Frankfurt nimmt kein Vertreter des FCV bzw. Viktoria für voll. FCV existiert weiterhin als Fanszene ohne Verein. Mit dem 1.FC will man nichts zu tun haben.

Hätten sich die Ultras damals etwas zusammengerissen und hätten mitangepackt, hätte es nicht zu dieser Fusion kommen müssen. Das ist der große Unterschied zu Leipzig und Gera.

Was bringt die Oberliga in Frankfurt oder allgemein? Hängst du zu lange in der Oberliga herum, dann gehst du kaputt. Erst mit der Regionalliga wird es interessant.
FN
Kommentar melden Kommentare (0) | War dieser Kommentar hilfreich für dich? 0 5
Alle Benutzer-Kommentare ansehen