1. FC Magdeburg vs. Hallescher FC: Stadionneubau in Köthen in Sicht

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Aller Voraussicht nach am 15. April 2015 kommt es zum nächsten Aufeinandertreffen der Erzrivalen 1. FC Magdeburg und Hallescher FC. Ausgespielt wird in der Magdeburger MDCC-Arena die Halbfinalpartie des Landespokals Sachsen-Anhalt. Probleme sind vorprogrammiert. Während die Fans - insbesondere die des HFC - heiß auf dieses spannungsgeladene Aufeinandertreffen sind (Stichwort Revanche für 2014), steht bei den Behörden und Vereinen bereits der Schweiß auf der Stirn. Nicht nur die Fans, sondern auch die Drähte laufen heiß. Wie am besten umsetzen das Ganze? Wie kann das Umfeld des Stadions besser abgesichert werden? Wie können An- und Abreise der Gästefans reibungslos über die Bühne gehen? Nach den Zwischenfällen im Rahmen des Heimspiels gegen den FSV Zwickau ist man besonders in Magdeburg aufgeschreckt. Derlei Zwischenfälle sollen keinesfalls den Aufstieg in die 3. Liga gefährden. Drakonische Strafen von Seiten des Verbandes sind derzeit das Letzte, was man benötigt. Apropos 3. Liga: Sollte der Aufstieg des 1. FCM gelingen, dürften auf längere Zeit auch Derbys im Ligabetrieb anstehen. Was Abhilfe schaffen könnte: Ein Stadion an einem neutralen Standort! Längere Zeit war das Paul-Greifzu-Stadion in Dessau-Roßlau im Gespräch, immerhin wurde dort seit 1991 zehnmal das Landespokalfinale ausgetragen. Das Problem jedoch: Es ist für Sicherheitspartien nicht mehr zugelassen!

Längere Zeit im Gespräch war eine umfangreiche Sanierung dieser Spielstätte, die derzeit 20.000 Zuschauer fasst und bereits eine moderne Flutlichtanlage besitzt, doch scheiterten die Gespräche über die Finanzierung. So blieb grünes Licht vom Stadtrat bis zum jetzigen Zeitpunkt aus. Kürzlich überraschend als Standort eines völlig neuen Stadions kam die 27.000-Einwohner-Stadt Köthen (bis 1927 Cöthen) ernsthaft ins Gespräch. Die infrastrukturellen Begebenheiten seien dort durchaus gegeben, erklärte Baustadtrat Wintjes auf einer Pressekonferenz im Februar dieses Jahres. Der Clou des Ganzen: Aus dem Fördertopf des Kohäsionsfonds der Europäischen Union könnten finanzielle Mittel entnommen werden, um neue Straßenanbindungen an das neue Stadion zu schaffen. Zwar seien die Kohäsionsfonds vor allem für Investitionen im Bereich Verkehr und Umwelt in den weniger entwickelten Mitgliedsstaaten gedacht, doch Sachsen-Anhalt könnte durchaus eine zweistellige Summe abrufen, so Wintjes.

Als Standort angedacht ist eine Freifläche östlich der Stadt Köthen, südlich der Gemeinde Porst. Eine direkte Verbindung zur Bundesstraße 185 würde mit Hilfe der besagten EU-Fördermittel geschaffen werden. Vom Bahnhof Köthen aus wäre der Fußmarsch bzw. die Fahrt mit dem Shuttle-Bus gut umsetzbar, ein Gang durch die Innenstadt von Köthen ist nicht nötig. Geplant ist ein 26.000-Zuschauer-Stadion, das auch für Länderspiele der Nachwuchsmannschaften des DFB und der deutschen Frauennationalmannschaft genutzt werden kann. Zudem soll der Innenraum des Stadions flexibel gestaltet werden, so dass auch die Durchführung von größeren Konzerten und ähnlichen Veranstaltungen ermöglicht wird. Im Raum steht eine Summe von 38 Millionen Euro. Zwei große Unternehmen stünden bereits in den Startlöchern, erklärte Baustadtrat Wintjes. 

Joachim Kölbel, der das Projekt leiten soll, erklärte: „Das Stadion soll kein Luxus-Tempel werden, allerdings wird alles dafür da sein, um auch einem Länderspiel der Kategorie zwei bis drei gerecht zu werden. Mit diesem neuen Stadion können viele Probleme bei den Derbys zwischen Magdeburg und Halle gelöst werden. Und das in Hinblick auf einen langen Zeitraum. Die Geschehnisse beim vergangenen Pokalfinale in Halle haben mehr als deutlich aufgezeigt, dass es so nicht weiter gehen kann. Und außerdem würde dieser neue Spielort der gesamten Region einen gehörigen Auftrieb geben.“

Zwar ist das Bauprojekt noch nicht endgültig in trockenen Tüchern, doch bereits jetzt regt sich Widerstand. Besonders bei den Anhängern beider Vereine stößt dieses neue Stadion nicht nur auf Gegenliebe. „Was für ein Schwachsinn. Jeder Depp weiß, wie heiß umkämpft Köthen ist. Diese Stadt ist bald in rot-weißer Hand, so viel ist klar. Da können die Maggis jammern wie sie wollen. Würde man sämtliche Begegnungen hier austragen, ist Bürgerkrieg vorprogrammiert“, erklärt Robin von der Saalefront des HFC. Ein Ultra aus dem Umfeld des Block U, der nicht beim Namen genannt werden möchte, fand noch weitaus deutlichere Worte: „Köthen war, ist und bleibt blau-weiß. Das kriegt jedes Kind in dieser Region eingebleut. Daran wird sich nichts ändern. Wer kam nur auf solch eine schwachsinnige Idee? Denken die, wir werden zulassen, dass tausende Chemie-Affen in unserer Stadt einfallen? Sollen die doch das Pokalfinale wieder nach Dessau verlegen. War doch nett dort! Waren prima Spiele gegen Lok Stendal. 1993 hat man uns sogar gegen Chemie in Hettstedt kicken lassen. Wie hieß doch gleich die Hütte? Sportpark am Walzwerkhölzchen. Wir brauchen in Anhalt keinen neuen Blechtempel. Entweder old school in Dessau oder alles so wie gehabt bei uns im Heinz-Krügel-Stadion oder eben bei den Chemie-Affen! Wo ist das Problem? Hat immer funktioniert. Auf die Fresse gibt es so oder so. Können die Oberen eh nicht verhindern.“

Allerdings gibt es auch Anhänger, die der Sache eher wohlwollend entgegen sehen. So zum Beispiel meint Carsten F, der seit 1978 zum 1. FC Magdeburg geht: „Das ist doch bei uns genauso blöd wie in Thüringen. Es gibt keinen neutralen Standort für das Pokalfinale. In Thüringen haben die nur Jena und Erfurt, bei uns sind das Magdeburg und Halle. Okay, würde theoretisch Kleinkleckersdorf gegen Müsselmietzen im Finale stehen, kann man das Ding auch in Halberstadt oder Dessau über die Bühne gehen lassen. Kommt es aber zum Duell der Duelle wie zuletzt 2008, 2009 und 2014, bleiben uns nur die beiden Stadien. Ist doch blöd. Ein Verein zieht dann immer den Kürzeren. Ich hätte mir auch ein renoviertes Stadion in Dessau gewünscht, aber wenn man dort nicht aus dem Tee kommt, ist doch Köthen eine gute Sache. Zwar liegt diese Stadt geographisch näher an Halle, doch das spielt bekanntlich nicht die Mandoline.“

Und auch der 46-jährige HFC-Fan Gunther K., der in Kleinwülknitz, südöstlich von Köthen zu Hause ist, zeigt sich eher positiv gestimmt: „Sind wir mal ehrlich, für uns Hallenser war es zuletzt nicht einfach in Köthen Flagge zu zeigen. Solch ein Stadion könnte uns Auftrieb geben. Die Karten würden neu gemischt werden. Ganz ehrlich, ich bin für friedliche Fußballspiele. Für Krawall und Kloppereien war ich noch nie zu haben. Ich würde mir ein Ausbau des Stadions an der Rüsternbreite wünschen, doch es ist schon klar, dass man dieses weiterhin für Leichtathletik nutzen möchte. Und auch die An- und Abreise wäre ja kaum umsetzbar. Für das Stadion im Osten der Stadt kann ich nur sagen: Ich würde mich durchaus freuen. Wäre doch klasse, wenn meine Heimatstadt nicht nur als umkämpfte Grenzstadt in aller Munde sein würde. Wir in Köthen wären ideale Gastgeber und wir würden zeigen, dass wir auch Großveranstaltungen stemmen können. So wurde letztes Jahr unser Open-Air prima umgesetzt, den Jungs von Depeche Road sei Dank!“

Sei es, wie sei. Bislang war Köthen vor allem bekannt aufgrund seines Sitzes des Homöopathischen Weltverbandes. So wird Köthen schon mal als „Welthauptstadt der Homöopathie“ bezeichnet. Des Weiteren wurde in Köthen einst die „Fruchtbringende Gesellschaft“ gegründet, zudem schrieb Johann Sebastian Bach in dieser Stadt Teile des „Wohltemperierten Klaviers“. Und auch sportlich hat Köthen einiges zu bieten. So ist die Privilegierte Schützengilde zu Cöthen von 1443 einer der ältesten mitteldeutschen Schützenvereine. Durchaus einen Bekanntheitsgrad haben zudem der Handballverein HG 85 Köthen und der Hockeyverein Cöthener Hockeyclub 02. In Zukunft könnte die Stadt auch in Sachen Fußball landesweit in den Fokus rücken, wenn die Duelle der sich abgrundtief hassenden Rivalen aus Magdeburg und Halle im geplanten Stadion ausgetragen werden. 

Konkret schaut es dann wie folgt aus: Von Magdeburg aus sind es rund 63 Kilometer auf dem Straßenweg, mit dem Regionalexpress ist man 39 Minuten unterwegs. Von Halle nach Köthen fährt der Regionalexpress gerade einmal 25 Minuten. Auf dem Straßenweg benötigt man zirka 40 Minuten für die 32 Kilometer. Vom Bahnhof Köthen aus würden es bis zum geplanten Stadion zirka 2,5 Kilometer sein. Selbstverständlich müsste auch der Bahnhof als solches sowie der Weg zum Stadiongelände ausgebaut werden. Geplant sind Shuttle-Busse, welche die mit dem Zug anreisenden Fans zu der jeweiligen Einlasszone bringen werden. Kopfzerbrechen bereitet indes noch der Bahnhof Köthen. Eine komplette Trennung der jeweiligen Fans wäre dort so gut wie unmöglich, auch wenn das Eintakten der Entlastungszüge optimal geplant werden würde. 

Dafür hat jedoch Moritz Baumerkel, der gemeinsam mit Joachim Kölbel das Projekt leiten soll, eine Lösung: „Es wäre durchaus denkbar und auch erstrebenswert, dass wir die Magdeburger Anhänger bereits in Wulfen oder die Hallenser in Arensdorf aussteigen lassen. Somit könnte ein Aufeinandertreffen verfeindeter Hooligans und Ultras verhindert werden. Mit bereitgestellten Gelenkbussen könnten die Anreisenden auf dem Straßenweg mit ausreichender Polizeibegleitung zum Stadion gebracht werden. In Mönchengladbach hat man mit einem ähnlichen Modell bereits sehr gute Erfahrungen gemacht. Auch dort liegt die Spielstätte sehr weit entfernt. Mit Bussen werden die Fans vom Hauptbahnhof aus über die Dörfer zum Borussia Park gefahren. Bei brisanten Duellen wie gegen Köln geschieht das auf unterschiedlichen Routen. Und was dort in NRW möglich ist, dürfte hier in Anhalt erst recht umsetzbar sein. Oder etwa nicht?“

Fotos: Marco Bertram, Alcoholmentes / Los Misenas

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Artikel wurde veröffentlicht am
01 April 2015

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april, april - so ein käse!
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G
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Ihr habt
die Ziethefront (HG 85) und CFC-Germania Fans vergessen
C
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AVE MOTOR!
MM
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G
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Das ist doch mal eine Idee. Bis zur Hälfte dachte ich, das konnte sogar stimmen. hat Spaß gemacht zu lesen. Aber lieber lassen wir die Jungs an Elbe und Saale kicken.

Gruß vom amüsierten Gunther
G
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M
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