KS Karkonosze vs. Polonia Stal Swidnica: Suche nach Rübezahl geht weiter

M Updated 28 Oktober 2018
KS Karkonosze vs. Polonia Stal Swidnica: Suche nach Rübezahl geht weiter

PolenDer 11. Oktober hatte einige interessante Spiele zu bieten. Aber man muss in Polen bekanntlich immer bis kurz vor Abfahrt warten, ob diverse Spiele am Tag der Entscheidung überhaupt noch attraktiv sein werden. Das Derby zwischen Polonia Bydgoszcz und Elana Torun erforderte beispielsweise eine Benachrichtigung per Mail an den austragenden Verein! Was für ein Irrsinn! Nichts für uns! Das kleine Sudeten-Derby machte einen solideren Eindruck und ließ noch Zeit die Gegend etwas zu erkunden. Von der Planung her war es wie die Fahrt nach Walbrzych in der letzten Saison. Man ist schon sehr früh in der Stadt und das Spiel wird erst am Abend angepfiffen.

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Szczecin begrüßte heute einige, die auch zum Länderspiel zwischen der DFB-Auswahl und Polen wollten. Man wurde mitleidig belächelt. Der Zug nach Warschau war bis auf den letzten Platz ausgebucht! Da lächelten dann wir! Wir mussten mit dem Viehtransporter nur bis Poznan verharren. Stehplätze gibt es glücklicherweise aber trotzdem noch. Der Zugbegleiter konnte sich heut nicht über Langeweile beklagen. Zudem gab es an einem Waggon ein defektes Rohr, wodurch dieser unter Wasser stand. Ab Poznan normalisierte es sich und wir waren allein in der Kabine.

PolenDer Zug erreichte in den Morgenstunden seine Endstation in Jelenia Góra (Hirschberg). Die Altstadt bietet hier eine Vielzahl an Foto-Motiven. Wir wollten aber zunächst in die Berge. Naturliebhaber und Bunker-Freunde kommen dort auf ihre Kosten. Die Bretter der Holzbrücke über den sich darunter schlängelnden Fluss sind bereits morsch, wenn sie nicht sowieso schon fehlen. Noch immer gab es viel Zeit und da kam mir in den Sinn, dass da noch ein A-Jugend-Spiel stattfinden sollte. Aus Sinnlosigkeit hatte ich es schon gar nicht mehr auf der Rechnung und weil ich auch nicht wusste, wo gespielt wird. 15 Kilometer wären zu bewältigen gewesen, um nur mal zu schauen, ob dort oder dort gespielt werden würde.

CiepliceMein Begleiter zauberte die Telefon-Nummer vom Verein hervor und 20 Minuten vor Anstoß hieß es: „Die zweite Hälfte ist mindestens noch drin. Wir laufen erstmal los. Vielleicht gibt es hier einen Bus?!“. Den gab es und er hatte eine Verspätung von 10 Minuten und hielt auch noch an jedem Haltepunkt. In Cieplice waren wir nun. Alle angesprochenen Personen waren nicht von hier, wüssten aber, wo sich hier ein Stadion befinden könnte. Jeder schickte uns in eine andere Richtung, bis wir endlich ein Taxi fanden. In der Halbzeitpause trafen wir ein und schauten uns fragend an, ob es den Aufwand wert war. Die Tribüne mit den groben Steinen macht einen netten Eindruck, der Rest ist nur für die Statistik.

PoloniaAngekommen in der Innenstadt lockte ein Blick auf die sich sammelnden Karkonosze-Fans. Ungefähr 100 Leute liefen unter Begleitung zum Stadion. Es war gespenstisch ruhig - kein Singen und kein Skandieren. Die Zahl stieg dann im Stadion noch auf ca. 300 Kibice an, welche gesangstechnisch eine saubere Leistung ablieferten. Optische Sachen wurden ebenso geboten und auch nicht zu knapp! Es war wie eine Zeitreise ca. 10 Jahre zurück. Nur das modernisierte Stadion passt nicht ganz zum Publikum. Heute wurde auch nur eine Tribünenhälfte geöffnet.

Als Fans einen Spaziergang zu den Gästen wagten und gefasst wurden, flog ein Zaunteil ab und Karkonosze war zunächst auf dem Platz und später hinter der Tribüne, um den Polizei-Transporter zu stoppen. Die Polizei, deren Aufgabe einem Außenstehenden anfangs nicht ersichtlich war, trat nun auch in Erscheinung und drängte die Meute zurück. Sie tauchten plötzlich in der ersten Hälfte auf und bildeten eine Kette. Normalerweise darf man auch in Polen zur Pause das Stadion verlassen, aber hier führte sich die Polizei wie Türsteher auf.

KSKNach Gesicht wurde entschieden, wer durch durfte und wer nicht. Eine Möglichkeit die Gästefans aus Swidnica ernsthaft anzugreifen, gab es praktisch nicht. Auch die paar Glücklichen wurden noch mit Kommentaren bedacht. Dadurch, dass es kein Spiel unter dem Massengesetz war, brauchte man keine Personalien abgeben und die Ordner hatten die Befehlsgewalt. So übernahmen die Polizisten nur den Schutz des Transporters und das Bedrohen einzelner Leute: „Was singst du da? Dich kriegen wir auch noch!“. 

KSKPolonia Swidnica wollte zusammen mit ihren Freunden aus Walbrzych mit dem Bus anreisen. Irgendwann in der ersten Hälfte trafen sie dann mit drei Bussen ein. Sie waren heut die besseren Sänger und auch auf dem Platz hieß der Sieger Polonia (4-0). Optisch hatte Jelenia Góra die Nase vorn. Aber es war noch nicht zu Ende. Auf der Straße suchten nun ca. 30 Fans von Karkonosze noch den Weg zum Gästeblock. Eine Weile flogen noch Steine und Flaschen gegen die Polizei – dann wurde der Tag für beendet erklärt.

Im Zug waren dann die Deutschen wieder vereint. Der Zug tuckerte und tuckerte. Kurz nach vier sollten wir in Poznan umsteigen. Viertel vor fünf werde ich geweckt mit: „Wo sind wir? Poznan schon vorbei? Na klar! Verpennt! Das nach über zehn Jahren deutscher Pünktlichkeit beim Zug-Fahren in Polen.... Der Schaffner versicherte uns, dass der nächste Bahnhof Gniezno sein wird, aber den nächsten Zug zurück konnte er uns nicht sagen. Mit Müh und Not kratzten wir die letzten Zloty zusammen und fuhren für je 13,50 mit einer Bimmelbahn, die der Himmel schickte, wieder zurück. Die eigentlich zwei Stunden Umsteigezeit wurden denn doch noch gut überbrückt. Und wieder bringt uns der Przemyslanin-Zug nach Hause. Nicht ganz! In Krzyz ist Schluss. Wir werden von der Zugbegleiterin geweckt. „Die Lok ist kaputt. Wir fahren jetzt alle mit dem Regio weiter!“

Länderspiel oder 4. Liga – was ist besser? Für uns gab es nur eine Antwort. Man hätte mir das Ticket schenken oder gar Geld bieten können, aber für stupides „Deutschlaaaand, Deutschland“ oder „Polska – bialo – czwerwoni“ unter großen Hüten und aus angemalten Gesichtern fahre ich nicht nach Warschau. Da ist mir die rauchige Stimme eines Kunden mit Sommerfrisur lieber: „Ich liebe nur KSK mein einziges Herz gab ich dieser Mannschaft!“.

Fotos: Michael & Basti O.

> turus-Fotostrecke: Karkonosze Jelenia Góra vs. Polonia Stal Swidnica

Artikel wurde veröffentlicht am
15 Oktober 2014

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